»Ant-Man« – Marvels Mikrokosmos expandiert

Die kleinen Dinge mal ganz groß sehen – Marvels »Ant-Man«

Mehr Zerstörung und Action war bislang die goldene Regel der zahlreichen Marvel/Disney-Filme. Der schier endlose, teilweise ermüdende Malstrom, aus berstenden Gebäuden oder epischen Schlachten hatte zuletzt in Captain America: The Winter Soldier und Avengers 2: Age of Ultron eher langweilige Höhepunkt erfahren.

Nun schickt Marvel einen winzigen Helden an den Start das actionüberdrüssige Gemüt der Zuschauer zu besänftigen und das Boxoffice zu erobern – Ant-Man! Und in diesem Fall könnte der Plan aufgehen. Ant-Man betrat 1962 das Marvel-Universum, erdacht von Stan Lee, Larry Lieber und Jack Kirby. Ein Superheld aus der zweiten Reihe, der nun im gleichnamigen Film von Peyton Reed (Girls United, Yes Man) einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden soll. Reed ist mit Ant-Man zweifellos der beste Film seiner bisherigen Karriere gelungen. Mit einer gehörigen Portion Witz und Selbstironie wird der Zuschauer in einen phantasievoll gestalteten Mikrokosmos entführt, wo schon ein paar Wassertropfen ernsthafte Probleme für Leib und Leben darstellen können, der aber auch neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet …

Bereits mit Guardians of the Galaxy wurde dem Zuschauer ein eher unbekannterer Teil des Marvel-Universums vorgestellt. Gewürzt mit einer Portion Humor und Ironie konnten die Guardians viele Pluspunkte beim Publikum sammeln. Derartiges scheinen die Macher von Ant-Man wieder anzustreben. Selten nahm sich ein Superheldenfilm so sehr auf die Schippe. Das funktioniert streckenweise richtig gut, schießt jedoch bei den witzig gedachten Einlagen der Sidekick-Gaunergang des verkrachten Protagonisten Scott Lang (Paul Rudd) aka Ant-Man leider übers Ziel hinaus. Die Einlagen dieser Chaostruppe wirken bemüht. Es gibt keine tragfähigen Frauenrollen im Film. Weder Hope van Dyne (Evangeline Lilly als Tochter des Verkleinerungsgenies Dr. Pym, gespielt von Michael Douglas) noch Langs Ex-Frau können sich frei spielen und  Eigenständigkeit erlangen.

Darüberhinaus bleiben charismatische Bösewichte bei Marvel Mangelware. Denn außer Thors Loki warten wir auf bemerkenswerten Gegenspieler der Superhelden. Auch bei Ant-Man bleibt Stoll als Darren Cross als Yellowjacket farblos. Schade. In solchen Momenten fragt man sich etwas wehmütig: Was wäre gewesen wenn Edgar Wright (Shaun of the Dead) Regie geführt hätte? Er hatte mehrere Jahre am Projekt mitgearbeitet, schied dann aber aus, nachdem er sich mit Marvel/Disney überwarf. Trotz allem ist der Film unterhaltsam. Dies ist vor allem dem blendend aufgelegten Cast, allen voran Paul Rudd in der Titelrolle, zu verdanken. Auch Michael Douglas ist anzumerken, welche Freude ihm die Rolle des Dr. Pym bereitet haben muss. Und eine Menge Ameisen sind auch mit von der Partie. Sie sind die heimlichen Co-Stars des Films, zeigen sie doch, dass trotz Winzigkeit, große Dinge geschaffen werden können, wenn man zusammenarbeitet.

»Terminator: Die Auflösung«

Zähne zeigen – trotz mäßigen Erfolgs: »Terminator: Genisys«

Als 1984 der erste Terminator-Film in die Kinos kam, war dies ein Meilenstein des Science-Fiction-Genres. Schnell avancierte The Terminator zum Kultfilm und der Satz des Terminators (unnachahmlich von Arnold Schwarzenegger verkörpert) »I’ll be back!« hat mit Sicherheit ungezählte Unterhaltungen im wahren Leben, hoffentlich mit Augenzwinkern, beendet.

Der Erfolg des Films zog vier Fortsetzungen nach sich: Terminator 2 – Tag der Abrechnung (1991), Terminator 3 – Rebellion der Maschinen (2003) und Terminator: Die Erlösung (2009). Allerdings zeigten sich in Teil 3 und 4 bereits erhebliche Verschleißerscheinungen. Lang schon schien Skynet auserzählt – der Kampf der Menschheit gegen die Maschinen, die Geschichte von Sarah Connor, ihrem Sohn John und seinem Vater Kyle Rees, sowie dem legendären T-800.

Doch nun wird im neuen Film Terminator: Genisys [1] die Geschichte bzw. die Zeitlinien noch einmal um einige Facetten erweitert – oder auch verkompliziert. Wir befinden uns nun im Jahr 2029. Der finale Kampf der Skynet-Maschinen gegen die Menschheit, unter der Führung von John Connor (Jason Clarke), steht bevor. Skynet hat eine Zeitmaschine entwickelt, mit deren Hilfe ein Terminator (Arnold Schwarzenegger) ins Jahr 1984 geschickt werden soll, um Sarah Connor (Emilia Clarke) zu eliminieren, damit Rebellenführer John Connor niemals geboren wird. Kurz vor der Abschaltung Skynets kann der Terminator durch die Zeit gesandt werden. John Connor schickt seinen Kampfgefährten Kyle Reese (Jai Courtney) hinterher, um Sarah zu beschützen. Doch diese ist bereits bestens vorbereitet: Ihr zur Seite steht ein Terminator – ebenfalls verkörpert durch Arnold Schwarzenegger …

Gleich zu Beginn des Filmes erwartet den Zuschauer eine gigantische Welle der Zerstörung, wenn Skynet am ‘Judgement Day’ die Kontrolle übernimmt. Positiv fallen die zahlreichen Referenzen auf den ersten Terminator-Film auf. So kann der Zuschauer noch einmal die Szene erleben, in welcher der Terminator in nackter Bioummantelung im Jahr 1984 ankommt und drei Punks um deren Kleidung erleichtert. Kurze Zeit später begegnen sich der der alte und neue Terminator. Hinsichtlich der Special Effects ist da der Film hier zweifellos auf der Höhe der Zeit.

Nach dieser guten ersten halben Stunde trübt sich die Laune schnell ein. Das hat mehrere Gründe. Das Zusammenspiel von Emilia Clarke und Jai Courtney ist blutleer. Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Protagonisten ständig auch versuchen müssen, dem Zuschauer die doch verwirrenden Zusammenhänge der Zeitlinien zu erklären. Da bleiben Emotionen und Unterhaltung auf der Strecke. Einzig Arnold Schwarzenegger sorgt mit einigen gelungenen One-linern und ironischen Anspielungen aufs Alter für eine humoristische Auflockerung des zähen Plots.

Desweiteren hat Regisseur Alan Taylor es völlig verschenkt einen tiefer gehenden Bezug zur aktuellen technischen Entwicklung herzustellen. War im Jahr 1984 Skynet noch eine Dystopie, sind wir heute technisch schon einen Schritt weiter. Doch interessante Aspekte wie Datensicherheit oder Überwachung (NSA-Affäre) werden bestenfalls nur angerissen. Aber vielleicht war es auch nicht die Absicht des Regisseurs auf diese Themen näher einzugehen. Aber vielleicht war es auch nicht die Absicht des Regisseurs auf diese Themen näher einzugehen.

Übrig bleibt ein halbgares Science-Fiction-Spektakel, das über weite Strecken den Zuschauer nicht erreicht. Von den Schauspielern sticht einzig Arnold Schwarzenegger heraus. Das ist zu wenig.

[1] Terminator: Genisys – Die offizielle Filmwebsite

“Thor – The Dark Kingdom”

Marvel's Thor: The Dark World: Ohne Loki wäre Thor bloß ein Hammerwerfer

Im Jahr 2011 schaffte Marvels Comic-Held “Thor” mit einem eigenen Film den Sprung auf die große Kinoleinwand, und das unter der Regie von Kenneth Branagh auch recht erfolgreich. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es eine Fortsetzung geben würde. Nun ist es endlich soweit, Thor – The Dark Kingdom startet am 31.10. in den deutschen Kinos. Beim aktuellen Sequel durfte Alan Taylor, vor allem bekannt von Game Of Thrones oder Sex And The City, das Regiezepter schwingen.

Asgard: Thor (Chris Hemsworth) hat es als Sohn des übermächtige Allvaters Odin (Anthony Hopkins) nicht leicht. Nachdem der Glaube in allen neun Welten schwindet und es immer mehr Aufstände gibt, muss Thor dort für Ordnung sorgen. Außerdem hat Odin seinem Sohn untersagt, seine große Liebe Jane Forster (Natalie Portman) wiederzusehen. Doch es braut sich noch mehr Unheil zusammen: Die Dunkelelfen wollen unter der Führung von Malekith (Christopher Eccleston) das Universum, samt der neun Welten, zerstören. Doch dies kann nur gelingen, wenn Malekith Jane Forster entführt. Sie trägt durch Zufall eine unheimliche Substanz in sich, welche die Dunkelelfen für ihr Zerstörungswerk brauchen. Um die Dunkelelfen zu stoppen, braucht Thor die Hilfe seines eingekerkerten Bruders Loki (Tom Hiddleston)…

Zu Beginn des Films wird der Zuschauer mitten hinein geworfen in in die Schlacht zwischen den Dunkelelfen unter Führung von Malekith und Odins Kriegern. Schon da zündet Alan Taylor ein wahres Feuerwerk an Spezialeffekten, besonders die Waffen der Dunkelelfen, eine Art Bomben, die schwarze Löcher erzeugen, sind sehr eindrucksvoll. Überhaupt sind die Actionsequenzen ein visueller Hochgenuss, z. B. wenn das gewaltige Schiff der Dunkelelfen auf der Erde landet und den Boden durchpflügt. Was Thor 2 an Effekten auf der Habenseite verbuchen kann, wird allerdings beim Script leider wieder abgezogen. Die Actionsequenzen sehen zwar gut aus aber wirken besonders zum Ende hin zu lange und daher ermüdend. Die Figuren bleiben größtenteils erstaunlich blass. Eine angenehme Ausnahme bildet dabei Tom Hiddleston, der Thors Bruder Loki wieder unvergleichlich zelebriert. Ein Blick, ein Zucken im Mundwinkel und der Zuschauer ist in Lokis Bann. Nicht immer stimmig aber trotzdem lustig sind die Slapstickeinlagen von Dr. Stellan Skarsgard, der als durchgeknallter Kauz im wahrsten Sinne des Wortes alle Hüllen fallen lässt. Chris Hemsworth und besonders Natalie Portman haben nicht viel beizutragen. Ihre Rolle leidet unter dem simplen Drehbuch besonders. So darf sie meist nur verängstigt in einer Ecke stehen und auf Rettung (durch Thor) warten. Hier wurde eindeutig Potential verschenkt. Während des Filmes kann sich der Zuschauer des Eindrucks nicht erwehren, dass Regisseur Taylor (zu) vielen Figuren Raum geben wollte sich zu zeigen. Der mystische Heimdall (Irdis Elba) verliert mit Thor am Tisch sitzend und ein Bier trinkend, jedwede geheimnisvolle Unnahbarkeit, die ihn noch im ersten Thor-Film so bemerkenswert machte.

Taylor verhebt sich weiter: Er “vergisst” einfach die Figuren auch irgendwann zusammen zubringen. So lebt der Film erst dann merklich auf, wenn sich endlich z.B. Thor und Loki gegenüberstehen.

Zugegeben Thor – The Dark Kingdom macht Spass, nicht zuletzt wegen der technisch einwandfreien und visuell eindrucksvollen ausufernden Actionszenen à la Man Of Steel. Wenn sich die Figurenkonstellationen (besonders Loki vs. Thor) erst einmal herausgebildet haben, dann kann der Film durchaus auch mit komischen oder dramatischen Elementen punkten. Aber leider sind diese Momente eher selten. Zu oft stört das unausgegorene Drehbuch mit seinem Mangel an präziser Dramaturgie den positiven Gesamteindruck.

Did Mœbius Dream of Electric Pens?

Die zeichnersiche Mœbius-Scott-Connection hier gezeigt: Ridley Scotts Zeichnungen aus dem klassischen "Blade Runner Sketchbook" von 1982. Und ja, bemühte Headline ist bemüht.

Letztens [1] habe ich in Zusammenhang mit dem aufziehenden Werbebuzz [2] um Ridley Scotts PROMETHEUS, dem  – ja, was nun? – Prequel von Alien, auf die Verbindung zwischen dem großen Mœbius und Scott hingewiesen, die eben auch eine künstlerische ist.

Ridley Scott, dessen Ausbildung auch Design umfasst [3] und damit notwendigerweise einiges zeichnerische Geschick, nutzte dieses auch zur Visualisierung seiner eigener Ideen – hier oben zu sehen für Blade Runner. Diese Sketches zeigen nicht nur die unstrittigen Referenzen auf Fritz Langs Metropolis [4], sondern auch den besonderen stilistische Einfluss Mœbius’ auf Scotts visuelle Handschrift.

Lustig auch, wenn man von einem Blog-Giganten wie nerdcore dazu motiviert wird, doch mal wieder in die eigenen Bücherregale zu schauen, wo seit beinahe dreißig Jahren das Blade Runner Sketchbook [5] steht. Die beiden Skizzen oben habe ich mal schnell per iPhone von meinem eigenen Exemplar abgelichtet.

Die bei @nerdcoreblog dort verlinkte Issuu-Webversion dieses inspirierenden Klassikers der Concept Art habe ich hier gleich mal mit eingebettet:

[1] PHUTURAMA: PROMETHEUS und die Moebius-Scott-Connection
[2] Forbes.com: With “Prometheus” Ridley Scott Perfects What “Mass Effect 3″ Missed”
[3] WP: Ridley Scott
[4] PHUTURAMA: Metropolis 27/10 – “We Are Keeping A Close Eye on You!”
[5] NERDCORE: Blade Runner Sketchbook

Und hier noch ein kleiner Easter Hug!

PROMETHEUS und die Moebius-Scott-Connection

Cover der Mediascene Ausgabe Januar/Februar 1979, mit einer Farbversion von Moebius’ berühmten Concept Art zu Ridley Scotts Alien. (Quelle: quenched consciousness)

Dreißig Jahre nach Blade Runner kehrt Ridley Scott wieder zur Science-Fiction zurück. Während seine Adaption der Philip K. Dick-Erzählung Träumen Androiden von Elektrischen Schafen ein “Schläfer” blieb, der erst über die Jahrzehnte und diverse Final Cuts und Redux-Versionen zu dem unangefochtenen visuellen Vorbild des hyperurbanen Cyperpunk-Genres heranreifte, war Scotts Alien von 1979 der Startschuss für eines der emblematischsten und klebrig-schleimigsten Hollywood-Franchises, das sich in diversen Exploitations-Iterationen und Crossovers Unsterblichkeit errungen hat.

Die Nachrichtenlage zu Prometheus – Dunkle Zeichen [1] ist im Moment unklar, ob es sich bei dem neuen Film um ein klassisches Prequel zur Alien-Reihe handelt. Zumindest der Trailer gibt klare visuelle Hinweise, die auf mehr hinauslaufen als ein loses shared universe.

Ich empfange auch gerade ein wie auch immer motivierten Buzz über die diversen in diesen Tagen öffentlich gemachten Teaser und Trailer, der auf das nächste Big Thing in Science Fiction seit zumindest  Avatar [2] hinauslaufen soll – und den Epic Fail von Disneys John Carter [3] als ideales Kontrastmittel zu nutzen scheint.

Aber irgendwie bin ich misstrauisch, was das bisher bereitgestellte in Stills und Bewegtbild anbelangt. Ich habe das Gefühl, dass da zum Teil noch Pre-Production Animatics hinterschnitten sind, die für eine In-Game-Capture auf Crytek-Niveau okay wären, aber nicht für einen Ridley Scott-Film.

Darüberhinaus ist das in den Ausschnitten zu sehende finale Production Design stilistisch etwas heterogen – ein Best of Cobb, Foss, Gieger und natürlich Moebius. Es gibt klar zuzuordnende visuelle Reenactments des Alien-Originals wie z. B. die Landesequenz des Raumschiffs, das sehr an das der Nostromo angelehnt ist; manches ist aber auch unangenehm grell oder wirkt digitally over defined.

Ein Klassiker ist es natürlich, dass wiederum eine Unterwäschenummer mit einer Working Class Heroin vorkommt – eine Szene, die im Alien-Original auf vielfältigen Ebenen kommunizierte und Sigourney Weaver als Ellen Ripley zu einer “Ikone der Frauenbewegung im Kino” [4] werden ließ.

Hier einer der internationalen Trailer, der auch über den am Ende dramatisch sich aufschaukelnden Scream-Score zu gewinnen weiß:

[1] Prometheus – Der Film. Offizielle deutschsprachige Website.
[2] PHUTURAMA: German FAZ Sets Avatar’s International Reception in US-vs-PRC Synopsis
[3] SPIEGEL Online: Disneys Monster-Flop – Millionenverlust bei John Carter
[4] moviepilot: Prometheus – Dunkle Zeichen

Über die künstlerische Verbindung zwischen Ridley Scott und Moebius demnächst mehr.

“La Douleur Fantôme Hermétique.” Mœbius, Jean Giraud et Gir

Diesmal zu den Sternen! Wenn es nur nicht die Iso-Zen sind, würden wir, seine Adepten, Mœbius in den Abstraktraum folgen, um diesem sinnentleerten luftdichten Phantomschmerz zu entgehen. (Sauce: quenched consciousness)

Das Werk von Mœbius aka Jean Giraud [1] ist ein beständiges ästhetisches Hintergrundrauschen eines gewaltigen zeichnerischen Urknalls, dessen heiße expansive Phase von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er dauerte. Der Strahlungsschock hat das gesamte Genre der spekulativen, fantastischen und utopischen Bilderwelten in Comics, Film und Games für alle Zeiten gezeichnet.

Für mich hier in PHUTURAMA war Mœbius so omnipräsent, das ich bisher gar keinen eigenständigen Post zu ihm schreiben musste – und sich mir aufgrund der ausufernden Vielfalt seines Werks auch keine umfassende thematische Klammer aufgedrängt hätte. Um sein allgegenwärtiges Genie trotzdem zu würdigen, hatte ich in letzter Zeit mehrfach das Moebiusband einfach gewendet und gebootlegte Arbeiten von ihm via quenched consciousness [2] zur Illustration der Themen verwandt, die keinen eigenen visuellen Trigger im PHUTURAMA-Sinne aufzuweisen hatten.

So hatte ich letzte Woche unter der Bildunterschrift “Die sozialen Netzwerkgiganten: Halb ziehen sie uns, halb steigen wir zu ihnen auf” eine mir passend erscheinende Zeichnung von Mœbius zur Illustration meines Beitrags “Digitaler Phantomschmerz.” Mein Abschied von Google+ [3] zweckverwandt. Seit heute gibt es in diesem Blog die Kategorie Mœbius / Jean Giraud, wo auch unter anderem dieser Einsatz seiner Illustrationen aufgelistet ist.

Unter dem Eindruck seines Tods und der schon dazu geschriebenen Beiträge wurde mir bewusst, dass die ausgewählte Seite aus Upon A Star [4] für den Google+ Beitrag auf besondere Art prophetisch gewesen ist. Jean Giraud Mœbius verläßt – gefolgt von all seinen Bewunderern und Adepten, also uns! – diesen Planeten (Auch als Anspielung auf Jean Girauds zehnjährige als beinahe bedingungslos beschriebene Gefolgschaft in der New-Age-Erlösungssekte des Jean-Paul Appel-Guéry aka Ios. Diesmal illustriert also Mœbius hier sich und sein Schicksal selbst:

“… and the Living Starcraft embraces them all for the Journey to come.” [5]

[1] Die Offizielle Website von Jean Giraud Mœbius
[2] quenched consciousness: “A blog exploring the work of Jean Giraud, aka Gir, aka Moebius.”
[3] PHUTURAMA: “Digitaler Phantomschmerz.” Mein Abschied von Google+
[4] quenched consciousness: “Has this happened to any of you today?”
[5] quenched consciousness: “Upon A Star”, Page 34

Hier der BBC-Beitrag Moebius Redux: A Life in Pictures über Jean Giraud auf YouTube via Nerdcore:

In den nächsten Tagen werde ich lesenswerte Nachrufe und weitere Bildressourcen hier verlinken.

FAZ: Im Banne der Meisterschaft. Zum Tod des Comicgenies Moebius von Andreas Platthaus
DIE ZEIT: Abenteurer mit Tusche und Graphit
TOR.COM: Moebius – The Visionary’s Visionary by Tim Maughan
NERDCORE: Moebius R. I.P.

“A Blind Spot of Eyeball Economy.” Mein Google+ Austritt aus der Spackeria-Perspektive

"Captcha!" Träumen SEO-Manager von Artificial Eyeballs? Generation-Nexus-6-Replikant Roy Batty macht der Aufmerksamkeitsökonomie schöne Augen (Quelle: Blade Runner)

Letzte Woche habe ich anläßlich, aber nicht unbedingt ursächlich des Inkrafttretens der neuen diensteübergreifenden Datenschutzrichtlinie meinen Google+ Account gelöscht. Ich habe darüber hier [1] und hier [2] zwei Posts verfasst. In den darauf folgenden Gesprächen sind mir aber noch ein paar Gedanken durch den Kopf geschossen, die ich hier einmal mit dem eigentlich nicht zwingend damit verbundenen 30. Todestags Philip K. Dicks [3] und des anstehenden 30. Jubiläums der bedeutendsten filmischen Adaption eines seiner Werke, nämlich Blade Runner (1982) [4] von Ridley Scott nach Dicks Erzählung Do Androids Dream of Electric Sheep? [5] montiert habe.

Während des ‘Löschens’ – ich gehe hier eher von einer Form des ‘Auskommentierens’ aus –  meines Google+ Accounts hat das System noch einmal ausdrücklich erklärt, dass alle meine Posts, Shares Beiträge Dritter sowie alle akkumulierten +1 aus dem System entfernt werden. Diese Konsequenz fand ich interessant. Ehrlich gesagt, hatte ich beim ‘Löschen’ meines Accounts mir nur vorgestellt, dass die von mir gebildeten Kreise entfallen, meine Präsenz in den Kreisen von anderen entfällt, sowie alle nicht-öffentlichen Beiträge oder Shares. Da ich Google+ überwiegend als öffentliche Plattform genutzt hatte, war ich so naiv, zu glauben, dass meine bisherigen Beiträge als Teil einer generell öffentlich zugänglichen Google+ Almende auch erhalten bleiben mögen.

In meinem blinden Fanatismus, Mountain View es jetzt aber mal richtig zu geben, wollte ich den Gedanken, den Google+ Account einfach stehen zu lassen gar nicht an mich heranlassen. So halte ich es mit einem comdirect-Konto, über das ich in 13 Jahren keinerlei Umsätze getätigt habe, und von dem mir regelmäßig per Post der Saldo € o,00 mitteilt wird. Im Sinne einer erweiterten Spackeria-Perspektive [6] habe ich mich sogar eines “Datenverbrechens” schuldig gemacht, wie mspro in seinem zur Open Mind 2010 gehaltenen Vortrag Das radikale Recht des Anderen [7] schreibt:

“Nein, hier wird für den Anderen entschieden und zwar ohne Kenntnis seines Interesses, seiner Filter und seiner Kompetenz.”
OK, ich habe mspros radikale Queryology, die das universale Quellenverständnis eines Historikers aus der methodologischen Forschung in die Gegenwart der persönlichen Alltagskommunikation überführt und radikal aktualisiert, bisher immer mehr als theoretisch mögliches Ideologiekonstrukt von erheblicher Abstraktionshöhe aufgefasst; diesmal aber habe ich bewusst wahrgenommen, dass mspros Proklamation dieses “radikalen Recht des Anderen” aktuelle Gültigkeit besitzt.

Mit der Löschung meines Google+ Accounts habe ich Dritten – und natürlich auch dem Systembetreiber Google als meinem direkten “Vertragspartner” –  im Rahmen der Aufmerksamkeitsökonomie einen zwar kleinen, aber doch substanziellen Wertverlust beigefügt. Menschen posten mehr oder weniger interessante Dinge, die von ihnen und ihren beteiligten Verkehrskreisen als relevant (oder nur lustig) angesehen werden. Mit der sorgfältigen Setzung eines Links, eines erklärenden Textes dazu, der Kommentierung eines schon bestehenden anderen Beitrags und dessen etwaigen +1 Auszeichnung wird Arbeit im sozialen Netzwerk geleistet. Diese Arbeit wird in gegenseitig anwachsender Vernetzung, Weiterleitung und Auflistung der +1 Aktionen akkumuliert und stellt ein – mit gewissen Aufwand auch in konventionellen ökonometrischen Kategorien zu fassendes – ‘Vermögen’ dar.

In meinem Fall – und ich war am 29. Februar 2012 vielleicht gar kein Einzelfall – wurden meine gesamten Shares und alle getätigten +1 Belohnungen den anderen Google+ Teilnehmern wieder entzogen. Dieses Vermögen wurde vernichtet. Das tut mir leid! Wenn ich die Verbindung zur ‘realen Welt’ ziehe, finde ich den aufscheinenden blinden Fleck in der sich manifestierenden “Eyeball Economy” bemerkenswert:

Stellt euch vor, mit der Löschung meines Sparkassen-Girokontos würde ich rückwirkend auf Jahre alle getätigten Überweisungen widerrufen und den Begünstigten damit entziehen – ohne dass diese Beträge bei mir oder sonst wem wieder auftauchen würden. Deflation galore!

Epilog:

Philip K. Dick starb vor 30 Jahren am  2. März 1982, Ridley Scotts Adaption von Dicks Erzählung kam als Blade Runner am 25. Juni 1982 in die US-Kinos (Deutschland-Start war im Oktober 1982). In einer der eindrucksvollsten Szenen der Filmgeschichte  (“Perhaps the most moving death soliloquy in cinematic history”)[8] sagt Rutger Hauer als charismatischer Anführer Roy der vergeblichen Replikanten-Aufbegehrens, der im Sterben das (Weiter-)Leben seines Widersachers Deckard ermöglicht – und damit den Claim des Replikanten-Herstellers Tyrell Corp. “Menschlicher als der Mensch” noch überbietet:

„Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. [Pause] Zeit zu sterben.“
“I’ve seen things you people wouldn’t believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhauser Gate. All those moments will be lost in time like tears in rain. [Pause] Time to die.”

“That looks like something Ralph McQuarrie painted.”

"Absolut modern." Der slicke Look der 'mittleren' Trilogie der Lucas'schen Merchandising-Monstrosität hat überhaupt nichts Märchenhaftes an sich – dank Ralph McQuarrie.

Am 3. März 2012 ist Ralph McQuarrie verstorben, von dem gesagt wird, dass seine bahnbrechende Concept Art wesentlich zum Erfolg der Star Wars-Filmreihe beigetragen hat – indem er nämlichdurch seine visionären Production Paintings die erste Folge IV A New Hope überhaupt die Pre-Production-Phase überstehen half.

Sein Wirken in der Pitching-Phase eines solchen Projekts wie Krieg der Sterne hat dazu geführt, dass Concept Art für ein bestimmtes Genre Film – nämlich S/FX-geladene Science Fiction, Fantasy und Horror – zu einem absoluten Muss in der Konzeptionsphase geworden ist. Schön, dass das obige emblematische Motiv des Dogfights zwischen X-Wing-Fighter und imperialem Tie-Fighter noch diese kleine Differenz im Detail zwischen Production Painting und späterer Modellbauarbeit fürs Filmset zeigt: Die einzelnen halbkreisförmigen ‘Luftansaugöffnungen” des X-Wing-Fighters, die bei zugeklappter Flügelstellung ein konventionell geformtes turbinen-artiges Triebwerk ergäben, haben es nicht in den Filmmodelle geschafft.

Beim Harmonisierungsfuror, der die späteren Digitalversionen der ‘mittleren’ Trilogie ihrer zeitgenössischen Authentizität beraubt haben, hatte ich schon befürchtet, dass es diese ursprüngliche Conceptual Art McQuarries gar nicht mehr im Netz zu sehen gibt. Aber dieses vernachlässigbare Detail eines “Split-Intakes” ist gleichzeitig auch eine Beispiel gelungenen “symbolischen Designs” im phuturistischem Sinne: Ralph McQuarrie gibt in diesem Still, das ja die SF/X-Action einer der den Film so prägenden Bewegtbildsequenzen vorausahnen läßt, entscheidende visuelle Hinweise auf die filmdramaturgischen Qualitäten des X-Wing-Fighter-Entwurfs: Er kann seine Flügel spreizen!

Klar, die in den späteren Tricksequenzen genutzten Modelle zeigen diese Eigenschaft direkt; fürs visionäre, die Vorstellungskraft der Entscheider anspringende Visualisierung in dem einen entscheidenden Production Painting ist dieser Designtrick, der die dynamische Potential des X-Wing-Fighters damit subkutan transportiert, ein Ausweis der Klasse Ralph McQuarries als Concept Designer, die weit über seine unbestrittenen malerischen und illustratorischen Fertigkeiten hinausweist.

Ralph McQuarrie ist damit der Erfinder der Concept Art geworden. Schande über mich, dass ich mich, einfach, weil er immer seit Star Wars immer da war, nie mehr so eingehend mit ihm und seinen Arbeiten beschäftigt habe. René von nerdcore war da natürlich weiter. [1] Auf Ralph McQuarries Website [2] selbst gewinnt man darüberhinaus einen guter Überblick, wie groß sein Einfluss jenseits von Star Wars gewesen ist – wie z. B. Battlestar Galactica, E.T., Star Trek und vielen weiteren SF-Klassikern.

[1] nerdcore: “Ralph McQuarrie R.I.P.” Mit Statement von George Lucas und Links zu ungeahnten Bildarchiven
[2] The Art of Ralph McQuarrie

“Wer ist eigentlich dieser Perry Rhodan?” André Schäfers Dokumentarfilm über ‘unseren Mann im All’

Drehbuchverfasser und PERRY RHODAN-Autor Hartmut Kasper macht Maske, Quelle: Florianfilm

Zum 50-jährigen Jubiläum von PERRY RHODAN – “Die größte Science-Fiction-Serie” sind eine Menge Dinge auf den Weg gebracht worden. Inhaltlich am Interessantesten der Launch eines alternativen literarischen Parallelkosmos namens PERRY RHODAN NEO [1], das eigentlich nur an der indiskutablen visuellen Aufmachung scheitern könnte. Im Transmitterfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit auf das Jubiläum ist auch ein Dokumentarfilm [2] realisiert worden, der mit viel Sorgfalt und Zuneigung versucht, die Komplexität des “diskreten Massenmediums” PERRY RHODAN und seiner Anhänger- und Mittäterschaft allgemeinverständlich zu erzählen.

Und dies ist schwierig, denn PERRY RHODAN als popkulturelles Phänomen sah sich seit der 68er-Zeit einer als unfair empfundenen verleumderischen Presseberichterstattung [3] ausgesetzt, die in ihrer Reflexartigkeit der heutigen immer wieder aufgefrischten “Killerspiel-Debatte” gegenüber der Computerspiel-Industrie ähnlich ist. Im Schatten dieser das Romanheftgenre abgelösten Gefährdung der Jugend erscheint PERRY RHODAN als “Pulp Fiction” heutzutage in einem schon fast romantisch verklärten Spätnachmittagsglanz einer untergehenden Gutenberg-Galaxie, die einen Film wie Perry Rhodan – Unser Mann im All als öffentlich-rechtlich unterstützte ARTE-Filmproduktion in Kooperation mit WDR und ZDF erst ermöglicht hat.

Fast tröstlich, dass da jemand bei der renommierten Hamburger Wochenzeitung Die Zeit die journalistischen Beissreflexe aus der Gewohnheit des Archiv-Palimpsests heraus nicht unterdrücken konnte und dem Autor Johannes Thumfart die Filmrezension zu einer veritablen Publikumsbeschimpfung gegenüber Machern und Lesern der PERRY RHODAN-Serie als Kleinbürger-Vorhöllenbewohnern ausartete. Im Internet-Zeitalter kam das in Zusammenspiel mit der üblichen “Hitler”-Referenz beim kreativen Headline-Basteln einer Einladung zum “Shitstorm” durch das Fandom gleich, dem zumindest die inkriminierte Schlagzeile auf Zeit Online weichen musste. Die Rezension ist trotz ihres aggressiv-überheblichen Tonfalls lesenswert und nicht grundfalsch in einigen Beobachtungen des PR-Soziotops. [4]

Die Drehbuchautoren Claudia E. Kraszkiewic und Hartmut Kasper (unter dem Pseudonym Wim Vandemaan [5] einer der interessantesten und lesenswertesten aktuellen PR-Autoren) und Regisseur André Schäfer (u. a. Lenin kam nur bis nach Lüdenscheid [6]) versuchen der Vielfalt des Serien- und Vermarktungs- und Publikumskosmos über eine gleichermaßen vielfältige visuelle Metaphorik auf den Grund gehen zu wollen. So dient als Vorspann eine eindrucksvolle CGI-/SFX-Odyssee der SOL aus Michael Peters und Dirk Schulz’ Renderfarm, die sich aus kosmischen Weiten den niederrheinisch-irdischen Gegebenheiten nähert (und einer ähnlich angesiedelten Title Sequence in der aktuellen Green Lantern-Verfilmung kaum nachsteht). Es gibt den auralen Erzählstrang, in dem dem Zuhörer die literarische und ethische Qualität einiger ausgewählter kanonifizierter PERRY RHODAN-Textpassagen durch die Hörbuchstimme Josef Tratniks nahe gebracht werden.

Und es gibt Autor Hartmut Kasper als Michelin-Männchen-artiges Raumfahrer-Teletubby, der die immerwährende kosmische Entrückung des Intensiv-Serienlesers im auffäligsten Kontrast zur schnarchnasigen bundesrepublikanische Tristesse im Nachkriegswiederaufbau-zerstörten der heutigen “heiligen Stadt Köln” nachstellen kann; sich im weiteren Verlauf der Schnittfassung aber in seiner wunderbar gelungenen Pseudo-Variablen Kokonmaske [7] als Heinrich Böll unterschiedliche Gesprächspartner und Situationen durchläuft – am Unterhaltsamsten im Vurguzz-seligen Zusammentreffen mit ARD-Literaturpromoter Denis Scheck (druckfrisch!) und visuell am Eindrucksvollsten mit Risszeichner und Production Designer Oliver Scholl [8] beim Besuch eines Flugzeugfriedhofs in der kalifornischen Mojave-Wüste, der in seiner melancolischen Skurrilität selbst fast eine Szene aus einem William-Voltz-Roman hätte stammen können (“Terrapatrouille”).

Und um die eingängig archaische Figurenkonstellation der Serien-Frühzeit (siehe auch dann PR NEO) mit dem naiven Blick der damaligen jugendlichen Rezeption kurzzuschließen, erleben wir Hartmut Kasper darüberhinaus im Dialog mit einem Jung- und Idealleser vorm Modellbau-Diorama mit den Spielfiguren-Set des durch VPM löblicherweise geschassten HJB-Verlags (wegen “Kaiserfront”- nicht Kaiserkraft-tümelnden Proto-Nazi-SF-Gebarens, vielleicht deshalb auch die Satire [?] auf PERRY RHODAN-Chefredakteur Klaus N. Frick).[9]

Diese Aufzählung macht das Dilemma augenfällig, ein so komplexes Thema, das auf den ersten Verdacht hin doch reichhaltige visuelle Anknüpfungspunkte zu bieten scheint, in eine persistente Bildsprache zu überführen. Ansatzweise gelingt dies durch die Wahl der Gesprächsschauplätze, die die Extremsituationen der Serienprotagonisten zitieren: die Einöde fremder Wüstenplaneten, die Eishöllen sonnenferner Schauplätze, die Hinterlassenschaften weltkriegerischer Abgründe – ironischerweise philosophieren die beiden österreichischen Autoren auf der Flakbunker-Plattform des ehemals großdeutschen Wiens über die Annäherung ans Piefketum via PERRY RHODAN. Seltsam die hermetisch metallisch vom Tageslicht abgeschnittene Atmosphäre bei den sehr kurzen Interview-Anteilen mit Klaus N. Frick bei VPM in Rastatt. Was wollen die Bilder hier uns suggerieren – eine Raumschiffleitzentrale zur Steuerung der umfangreichen Franchise-Systeme oder doch ein Hauch von Führerbunker?

Hier scheitert Regisseur André Schäfer grandios, dem es mit seinem preisgekrönten Lenin kam nur bis nach Lüdenscheid gelungen ist, die universelle Geschichte der deutschen Nachkriegslinken aus der Super-8-Nahperspektive einer Familienarchäologie heraus zu erzählen. Der Film ist unentschieden hinsichtlich seines Anliegens: Geht es um die Weltraum- und Science-Fiction-Thematik als eskapistisches Alltags- und jugendliches Ohnmachtsvehikel? Geht es wie eingangs des Films kurz und hoffnungsvoll aufscheinende Erzählperspektive darum, die bundesrepublikanische Mentalitätsgeschichte ungefiltert im populärindustriellen Massenmedium zu rekonstruieren? Geht es um die fünfzigjährige Geschichte dieser literarischen Singularität und ihrer keineswegs alleinstehenhenden Fankultur? Geht es um die seltsame Diskrepanz der Autoren zwischen bürgerlich-kleinstädtischer Lebensentwürfen und kosmologisch raumgreifenden Allmachtsphantasien?

Ich weiß es nicht. Für alle wichtigen Einzelaspekte des großen Mosaiks des Phänomens PERRY RHODAN werden im Laufe des Films Zeugen vorgestellt: die Autoren, die Sammler, die Leser, die Redakteure, die Literaturkritiker, die Sprecher, die Risszeichner, die Modellbau-Freaks, die Forscher und Astronauten, die Hinterbliebenen der “Gründerväter”, der U-Boot-Kommandant. Je länger der Film läuft, desto ratloser aber werde ich und gleichzeitig sympathischer wurden mir all die Menschen, die in diesem großen Gewebe mitwirken und gestalten.

So ist auch ein hintergründiges Kompliment für die PERRY RHODAN-Serie, wenn es klugen und erfahrenen Filmemachern nicht gelingt, die Einzigartigkeit und Magie dieser Serie einzufangen: PERRY RHODAN – Der Erbe des Universums ist so viel größer als Lenin. Oder in den Worten des ungenannten Frankfurter Buchmesse-Cosplay-Mädchens im Abspann – und damit schulterzuckendes Eingeständnis des eigenen Scheiterns an der Materie: “Wer ist eigentlich dieser Perry Rhodan?”

[1] PHUTURAMA: “Möchten Sie das Universum jetzt neu starten?” Fünf gute Gründe für PR NEO
[2] Die offizielle Website zu Andrè Schäfers Perry Rhodan – Unser Mann im All
[3] YouTube: Ein Monitor-Original-Beitrag aus dem Jahr 1969 über PERRY RHODAN
[4] ZEIT ONLINE: PERRY RHODAN – Der Weltraum als Modelleisenbahn-Keller (war: Der Ersatz-Hitler aus dem All)
[5] Perrypedia: Wim Vandemaan
[6] Die offizielle Website zu Andrè Schäfers Lenin kam nur bis Lüdenscheid
[7] Perrypedia: Vario-500 bzw. Pseudo-Variablen Kokonmaske
[8] Web-Portfolio von Oliver Scholl
[9] Nur vollständigkeithalber: HJB_Verlagsankündigung zu Ronald M. Hahns Captain Enfick, Temponaut, in: Die STAHLFRONT-Akten

“Reichsflugscheibchen” by Iron Sky? Chaos Communication Camp: Tag 2

Ganz die Mutter! Iron Sky-Mini-Walkyr als Filmrequisite im Luftfahrtmuseum Finowfurt? Das Chaos Communication Camp 2011 gewährt den Blick auf mannigfaltiges Raumfluggerät. Source: ironsky.net (oben) und mein iPhone (unten)

Die meisten werden schon von Iron Sky [1], dem für Frühjahr 2012 angekündigten crowdgefundeten Science Fiction-Filmprojekt aus Finnland gehört haben. Seit einigen Jahren macht das Fundraising-Team hierzu Propaganda mit zunehmend besser gemachten Teaserfilmen, aber auch Vorort-Promotions auf internationalen Filmfestivals – so z. B. zur Berlinale 2010 mit einer Party in der c-base – Raumstation unterhalb Berlin. [2]

Die politisch bewusst unkorrekt inszenierte Iron Sky-Exposition nimmt sich einer der liebst gewonnenen Verschwörungsmuster der esoterischen Rechten an, nachdem das letzte Aufgebot der Nazis sich 1945 im Angesicht des zu verlierenden Krieges erst in die Antarktis (“Neuschwabenland”) [3] und von dort entweder in die Hohlweltsphäre unserer Mutter Erde zurückgezogen haben oder aber alternativ von dort mit dem geheimen Wunderwaffen-Prototypen der raumtauglichen energiefeldbetriebenen ‘Reichsflugscheibe’ (aka Haunebu, Repulsine oder auch Andromeda-Projekt) [4] zum Mond ausgewandert sind. Ein taktischer Rückzug: nach Iron Sky nämlich werden die Nazis 2018 – wahrscheinlich in Angedenken des 100. Jahrestags des “Versailler Schandvertrags” der Siegermächte des 1. Weltkriegs – zurückkehren und mal Fraktur reden: “We come in Peace.”

Während ich noch unter dem Eindruck des gestrigen Starts des hacktivistischen Raumfahrtprogramms stand, bin ich beim Umherstreifen auf erste Anzeichen gestoßen, dass Iron Sky auch als Crowdsourcing-Programm bis weit in die Brandenburger Schorfheide vorgedrungen sein muss. Leider habe ich zu dem hier abgebildeten Filmmodell in einem der momentan nicht vom #CCCamp2011 genutzten Hangars noch keine weiteren Angaben zu dem “Reichsflugscheibchen” gefunden, das aber, wie oben zu sehen, perfekt mit dem großen Walkyr-Invasionsgerät des Films harmonieren würde.

Ich werde aber in den nächsten Tagen Erkundigungen einholen. Bis dahin hier noch der zweite von drei Iron Sky-Teasern, der die große Professionalisierung im Laufe des Projekts verdeutlicht:

UPDATE: So, Ingo Eberhardt (@oschni) [5] war so nett mich über die Filmrequisite aufzuklären: Die RTL-Eigenproduktion Undercover Love (Erstausstrahlung: 30. Dezember 2010) – eine Agentenfilm-Parodie – benötigte das Scheibchen für eine Verfolgungsjagd durch Berlin. Das von Iron Sky beeinflusste Nazi-Exploitation-Setting stand hier natürlich dennoch Pate. [6]

[1] Offizielle Website von Iron Sky
[2] c-base Logbucheintrag vom 12. Februar 2010
[3] WP: Unterpunkt zur Erforschung #Neuschwabenlands durch das Deutsche Reich
[4] WP: Reichsflugscheibe
[5] dem oschni sein blog
[6] MikroKopter-Forum: Weitere Fotos und Links hierzu

“Don’t bring me down!” ELO’s Disco Mothership Connection

Die Vor-1970-Geborenen wissen, dies ist keine PR-NEO-Space-Jet oder die Google Chrome-Raumjacht, sondern Teil einer opulenten Cover Art-Ausstattung, wie sie im Vinyl-Zeitalter üblich war. Illustration von Shusei Nagaoka

Bei meinen Recherchen in die unergründlichen Tiefen des Retrofuturismus ist mir durch Dark Roasted Blend [1] das oben abgebildete Album-Cover wieder ins Bewusstsein gespült worden. Damals in den 1970er waren insbesondere  Doppelalben oft opulente Meisterwerke, mit denen man sich über Wochen beschäftigen konnte, während man das dazugehörige Album durch intensives Hören gewissermaßen Note für Note mnemotechnisch internalisierte. Ein Meilenstein dieser Rock- und Pop-Dinosaurier-Zeitalters ist Out of the Blue von Jeff Lynn’s Electric Light Orchestra (ELO) aus dem Jahre 1977 mit dem grafisch wie konzeptionell meisterlich ausgearbeiteten Art Work von Shusei Nagaoka.

Shusei Nagaoka war mir kein Begriff. Ich hätte aus dem Stegreif immer gesagt, dass dies eine etwas untypischere Arbeit von Roger Dean [2] (oder vielleicht auch Jim Burns [3]) gewesen sei. Aber Nagaoka ist nicht nur im engeren Sinne Science Fiction-Illustrator, sondern Album Cover Artist mit oft futuristischem Einschlag, wenn es das Sujet hergibt. Insbesondere die von der “Mothership Connection” beeinflussten Alben-Cover von Earth, Wind & Fire entstammen seiner Airbrush-Pistole. [4]

Nagaokas Cover Art für Out of the Blue ist popkulturell multistratifiziert aufgeladen: Das hier von Außen abgebildete Raumschiff ist nämlich eine Variation das schon zuvor eingeführten ELO-Bandlogos, das auf der Formensprache einer Wurlitzer Jukebox 4008 aufsetzt. [5] Diese in den Mid-70ies längst als nostalgisch empfundene Chrom- und Heckflossen-Opulenz der 1950er Jahre kreuzt ELO-Design mit den zeitlos modernistischen Space-Age-Assests aus Kubricks 2001 – A Space Odyssee. Obgleich ebenfalls noch nicht fertiggestellt wie die 2001er-Raumstation, ist der ELO-Diskus ein kompakteres Mutterschiff mit automatisiertes Turntable-Decks als Gefechtsstationen für die kommenden Klangkriege um die orbitale Hoheit über Planet Disco.

Das ELO-Mutterschiff steht in der wiederholten britisch-weißen Wiederaneignung schwarzamerikanischer Souls und seines als Disco bezeichneten globalisiert pop-industriiellen Ablegers. ELO-Chef Jeff Lynn kam von der Band The Move und war schwerstens von den Beatles beeinflusst, deren von ihnen begründeten weltweiten britischen Pop- und Rockmusik-Hegemonie in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre durch die Zangenangriffe der antagonistischen Geschwister Punk, Disko und Reagge an gleich drei neuralgischen Distinktionsflanken angefressen wurde – Rebellion, Sex und eine bessere (Dritte) Welt.

ELOs Disco-Mutterschiff versucht diese multilateralen subkulturellen Angriffe auf das in orbitale Sphären abgehobenene Pop-Establishment des von blassen weißen britischen Bands okkupierten Mainstream-Rhythm’n’Blues-Imperiums durch Rocket Science-artige technische Überwältigungsapparate der Großraum-Disco und des pop-imperialistischen Stadion-Rocks zu begegnen. Vergeblich! Das folgende 1979er-Album Discovery (“Disco? Very!”) ist dann schon ein ein Abgesang: “Don’t bring me down!” (eigentlich der tollste Boogie, der nicht von Status Quo stammt):

[1] Dark Roasted Blend: Retro Future Space Art Update *Sehenswert!*
[2] Roger Dean: Online Art Store
[3] Jim Burns: Offizielle Website
[4] Shusei Nagaoka: Offizielle Website
[5] WP: Electric Light Orchestra – Fun fact: TLA “ELO” nicht “Elektrisches-Licht-Orchester”, sondern eher: “Elektrisches Kammerorchester”

“Peak Oil war gestern!” Mad Max 2: The Road Warrior-Replica

Rechtslenker für den automobilen Vigilanten: Das perfekte Auto für den Abenteuerurlaub in Endzeit-Down-Under, Source: The Last Interceptor

Kabel1 ist ein TV-Kanal, der zur ProSiebenSat.1 Media AG gehört. Anders als die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten macht er wie viele andere private Anstalten sehr ausführliche und gar nicht mal so schlechte Sendungen übers Automobil. Bei Kabel1 heißt diese Sendung Abenteuer Auto. Das ist in in Deutschland offenbar ein krasses Exotenthema – diese Automobile; da tun ARD und ZDF schon recht, das weitgehend zu ignorieren.

In der letzten Abenteuer Auto-Sendung von Samstag, den 30. Juli 2011 gab es einen PHUTURAMA-würdigen Beitrag [1] über einen metikulösen Interceptor-Nachbau aus Mad Max 2: The Road Warrior [2], dessen Erbauern Gordon Hayes und Grant Hodgson [3] es insbesondere darauf ankam, alle Original-Bauteile aus dem damaligen Production Design zu verwenden, was umfangreiche Recherchearbeiten zur Folge hatte.

Dabei ist dann aber auch eine quasi-authentische Film-Replica entstanden, die sogar so weit geht, den elektrobetriebenen Pseudo-Kompressor auch nur als solchen wieder nachzubauen. Das benötigt ein bewunderungswürdiges Maß an Selbstbeherrschung. Eine Straßenzulassung hat der Post-Peak-Oil-Interceptor, der auf einem wirklich existierenden nur für den australischen Markt gebauten Ford Falcon Muscle Car aufbaut, selbst in Australien nicht.

[1] http://www.kabeleins.de/tv/abenteuer-auto/videos/clip/faszination-the-last-interceptor-1.25085
[2] WP: Mad Max 2: The Road Warrior
[3] Website: The Last Interceptor

“Rockets from Russia” – Science Fiction im Ost-West-Dialog

Spätestens bei diesen Raumanzügen war klar, dass in PERRY RHODAN Skaphander zur Standardausrüstung gehörten. Titel und Szene aus "Planeta Bura" von 1962

Alex Cox vom Guardian nimmt sich mit seinem Artikel “Rockets from Russia” [1] anlässlich der zweiten Saison des Programms Kosmos – A Soviet Space Odyssee des British Film Institute (BFI Southbank) [2] die Rehabilitation des Ostblock-Science Fiction-Films an und zählt einige teils vergessenen Perlen auf.

Oder kanntet ihr den 1924-Stummfilm Aëlita – Der Flug zum Mars? [3] Die polnisch-deutsche Produktion nach Stanislaw Lem Der schweigende Stern (1960) [4] ist da mit Sicherheit schon bekannter – auch wegen seiner interessanten Bezüge zu den späteren PERRY RHODAN-Romanen (z. B. das Raumschiff Kosmoskrator). Während die DEFA-Produktion in einer stark veränderten Fassung für den US-Markt adaptiert worden ist, hat der sowjetische Große Bruder gleich Nägel mit Köpfen gemacht und Lems Vorlage als Planeta Bur 1962 noch einmal verfilmt. [5] Roger Corman kaufte dann die Filmrechte und produzierte ein US-Remake davon – Voyage to the Prehistoric Planet [6], das 1968 noch zu Peter Bogdanovichs Voyage to the Planet of Prehistoric Women weiter verwurstet wurde.

Ich lerne das alles hier in Echtzeit mit und für euch kennen – und werde mir die Filme übers demnächst ansehen. Wikipedia gibt jeweils Download- oder Stream Sources an.

Zu den weiteren russischen Highlights im BFI-Programm, gehören natürlich die beiden SF-Klassiker von Andrey Tarkowskij Solaris [7] und Stalker [8], die die programmatische Gegenposition im BFI-Programmtitel zu Stanley Kubrick rechtfertigen. Wer im August nicht nach London reisen will, kann sich im Rahmen einer Retrospektive Andrej Tarkowskij diese beiden Meisterwerke im Berliner Arsenal-Kino im Sony-Center am Potsdamer Platz geben. [9]

[1] The Guardian: Rockets from Russia by Alex Cox
[2] BIF: Kosmos – A Soviet Space Odyssee
[3] WP: Aëlita – Der Flug zum Mars
[4] WP: Der schweigende Stern
[5] WP Russia: Planeta Bura *Google Chromes automatische Überstetzung funktioniert leidlich.*
[6] WP: Voyage to the Prehistoric Planet
[7] WP: Andrej Tarkowskijs Solaris
[8] WP: Andrej Tarkowskijs Stalker
[9| Arsenal – Insttut für Film und Videaokunst e. V. – Retrospektive Andrej Tarkowskij (August 2011)

The Amazing Spider-Man? Seriously?

Ist der The Amazing Spider-Man düsterer, erwachsener und realistischer als in den Raimi-Filmen? Moebius scheint desillusioniert. Quelle: das großartige quenched consiousness

Columbia Pictures und Marvel Studios werden einen vierten Spider-Man-Film [1] im nächsten Jahr herausbringen, der den freundlichen Netzschwinger mit neuer Besetzung und neuem Regisseur rebootet. War das nötig? Erste Eindrücke vermittelt ein Teaser (siehe unten), der schon einiges zu enthüllen weiß:

1. Die Tonalität ist ernster, zeitgemäßer und auf das aktuelle Teenager-Publikum zugeschnitten. Sam Raimis Trilogie war trotz zeitgenössischer Optik dramaturgisch und konzeptionell eine liebevoll retrospektive Nach- und Aufbereitung der wichtigsten Spider-Man-Assets des Marvel Silver Age. Stereotype Figuren wie Tante May, Daily Bugle-Chef Jameson oder der Sandman sind in ihrer ganzen Chargenhaftigkeit der ursprünglichen 1960er Jahre Comicvorbildern treu geblieben. Vielleicht hätte James Raimi schon vor zehn Jahren die ganze Trilogie als Retrodrama in die 1960er zurückverlegen sollen, wie es dies mit X-Men: First Class [2] so gut gelungen ist.

2. Peter Parkers verschwundene Eltern werden als traumatische Handlungstreiber in die Persönlichkeit des bis dato mostly harmless Peter Parker eingespeist. Da ich nicht so firm bin in knapp fünf Jahrzehnten Spider-Man-Geschichte, ist das ein authentischer Plot aus dem Marvel Universe?

3. Es gibt ein neues Kostüm. Hm. Ich glaube, das Spiderkostüm war das geringste Problem der bisherigen Trilogie. Es könnte für die Neuverfilmung eins werden. Es leuchtet doch sehr blau und bunt. Beziehungstechnisch wird diesmal Gwendolyn Stacy as blonde Highschool-Prinzessin in den Vordergrund gestellt. Sam Raimi war je eher der Mary-Jane-Fan.

4. Es gibt PoV-Actionszenen. Cinematisierung der Computerspiele? Zumindest die im Trailer jetzt sichtbaren Action-Sequenzen sehen aus wie ein ambitionierteres Machinima aus einer ordentlichen 3D-Engine. Ich glaube (hoffe) deshalb eher, dass es sich hierbei um WiP-Animatics handelt, die einfach jetzt schon mal in den Trailer gedumpt wurden. Übrigens eine schöne Referenz ist schon im Teaser an Cronenbergs Die Fliege (1986) versteckt, wenn Parker sich da einen Faden aus Nackendrüse zupft. Soviel mal zur “Eerieness”!

5. The Amazing Spider-Man ist 3D. Warum? Das weiß der Geier! Jedenfalls würde ich bei 3D-Luftkämpfen diesen durch Raimi noch nicht verbrannten Erzschurken zum Einsatz bringen.

Da Raimi seine Trilogie mit großem Anstand über die Runden gebracht hat, wird es für Marc Webb kein Homerun wie für Chris Nolans großen Batman Begins-Reboot. Da müssten sie noch etwas in der Hinterhand (“… secrets that are kept from us.”) haben, was ich in diesem Trailer nicht sehen kann. Noch klingelt mein Spinnensinn also nicht so recht.

UPDATE: Es gibt die Vermutung, dass Sony Pictures diesen frühen Reboot des Spidey-Universums unternimmt, um die Filmrechte nicht zu verlieren. Ich finde tatsächlich, dass die ganze Neuauflage einige Jahre zu früh kommt.

[1] Wikipedia: The Amzing Spider-Man (2012)
[2] PHUTURAMA: Mein Beitrag hier  zu X-Men – First Class

Das Spider-Man-Motiv von Mœbius habt ihr “quenched conciousness” aka theairtightgarage.tumblr.com zu verdanken. Hier direkt auf die Archiv-Gallerie gelinkt.

“Google will eat itself.” Anmerkungen zu Frank Schirrmachers Digitales Gedächtnis. Wir brauchen eine europäische Suchmaschine

Teils in Überschneidung mit seinem sonntäglichen FAS-Artikel [1] zieht Frank Schirrmacher in seinem Artikel Digitales Gedächtnis. Wir brauchen eine europäische Suchmaschine [2] aus der einer bestimmten Lesart der Ergebnissen einer US-Forschungsstudie [3] zur Nutzung von Suchmaschinen weit reichende Konsequenzen. Er sieht darin eine mögliche neurologische “Zäsur” in menschlichen Kulturisationsgeschichte.

Ein schönes Zitat aus diesem Artikel ist mir aufgefallen, da ich vor allem den hier erwähnten Film als eine Art Zäsur in der Geschichte der Science Fiction als audiovisuell Leitmedium ansehe:

“Man kann die visionäre Größe des ersten ‘Matrix’-Films nicht genug loben: Wir alle werden buchstäblich hineingesogen ins Netz, selbst die, die nicht mit iPhones, sondern noch von öffentlichen Telefonzellen aus telefonieren.”

Auf der re:publica 2008 habe ich mir mit dem These “SF – Der neue Western?” einige Trollkommentare eingefangen, die mit meiner Beobachtung, dass SF zu einem erstarrten Genre degeneriert sei, nicht steil gingen, [4] Aber Matrix hatte ich in diesem Zusammenhang mit dem legendären Spaghetti-Western und als “Pferdeoper” verhöhnten Spiel mir das Lied vom Tod (Über grundsätzlich spoilernde deutsche Filmeintitelungen gibt es zwischenzeitlich bestimmt einige Filmseminare, oder?)

Ich will Schirrmachers Thesen hier gar nicht weiter bewerten, außer, dass ich die Schlussforderung nach der europäischen Suchmaschine nicht so richtig verstehe. Das erledigen im übrigen UBERMORGEN.COM mit ihrem Google-will-eat-itself-Projekt doch schon auf der Zeitachse. [5]

UPDATE: Auf einen Beitarg von +Christoph Kappes hat sich eine bemerkenswerte Thread guten Beiträgen aufgerollt, an dem sich erfreulicherweise +Frank Schirrmacher rege beteiligt hat. [6]

Es gibt einige wichtige Passagen in Frank Schirrmachers ausschlaggebenden Text, die ich für bemerkenswert halte:

“‘Es sieht so aus’, so Schmidt, ‘dass Sie im Jahre 2029 in einem einzigen Harddrive elf Petabytes (eine sehr große Zahl) digitalen Speicher für weniger als 100 Dollar kaufen können. Dieses Gerät wird nach meinen Berechnungen sechshundert Jahre lang jeden einzelnen Tag 24 Stunden lang in DVD-Video Qualität speichern können.’“

“Ein ganz leises Vorbeben hat heute begonnen, und man muss Schmidt sehr ernst nehmen, wenn er sagt, dass das Internet-Zeitalter gerade erst begonnen hat.”

“Es ist üblich, dass solche Debatten von den Auskennern sofort relativiert werden. Und man uns gönnerhaft wissen lässt, der technologische Fortschritt lasse sich von solchen Bedenken nicht aufhalten.”

Hier macht er sich ein wenig klein, aber es ist natürlich auch eine Einladung an die traditionelle FAZ-Zielgruppe, die nicht in der Netzkultur zu Hause ist, aber über die konstante und durch die CCC-Granden und damit “TÜV-geprüften” Leitartikel Frank Riegers langsam eine Ahnung davon erhält, dass dieses Internet keine vorübergehende Modeerscheinung ist.

“Google übernimmt nicht nur das Speichern faktischer Wissensinhalte; Google – und das hat es bei noch keiner Externalisierung gegeben – übernimmt auch die Berechnung, Organisation und Deutung der Assoziationen, die wir beim Gebrauch dieses Wissens haben – wahrscheinlich ist das sogar der eigentliche, in der Tat faszinierende Hauptzweck […].”

Trotzdem ich bleibe Zukunftsoptimist und damit relativierender Netzapologet. Erst wenn ein so mächtig aufalgorithmisiertes Google in preemptiver Echtzeit-Prophetie den 4chan & Co.-Internetmeme in seinen Google-Doodles vorgreifen würde, würde ich in Schirrmachers Kassandrarufe einstimmen.

[1] Siehe hierzu PHUTURAMA: “Einstürzende Überbauten” – Anmerkungen zu Frank Schirrmachers Die Revolution der Zeit
[2] FAZ.NET: Digitales Gedächtnis. Wir brauchen eine europäische Suchmaschine von Frank Schirrmacher
[3] Science: Searching for the Google Effect on People’s Memory
[4] golem.de: Das Ende der Science-Fiction – auf der re:publica
[5] UBERMORGEN.COM: Google will eat itself
[6] “Thread zum Ausdrucken” (mspro): Beitrag von +Chrisoph Kappes und Diskussion auf g+ über “Digitales Gedächtnis”

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