PR80: »When reality is crying out for a white knight to enter the fray and save the day.«
Heute am 8. Juni 2016 wird der fiktionale Namensgeber der PERRY RHODAN-Serie 80 Jahre alt. Perry T. Rhodan wurde am 8. Juni 1936 geboren. Vor einigen Wochen fragte Chefredakteur Klaus N. Frick, ob zeichnerseits jemand eine Idee habe, sich an diesem runden Geburtstag des Helden zu beteiligen.
Das hat mich veranlasst, eine Idee zu verwirklichen, die ich schon lange hege. Wie wären die Ereignisse um Perry Rhodans Mondlandung und die Gründung des Mini-Staats Dritte Macht von den Medien damals aufgegriffen worden? Wäre Perry TIME-Magazines Man of the Year 1971 geworden? Was hätte DER SPIEGEL getitelt?
Jetzt soll er – wieder einmal!? – seine Titelstory in TIME bekommen. Aus aktuellem Anlass – und nicht unbedingt wegen des runden Geburtstags. Meine Illustration zu Perrys 80. hat einen Twist. Ich wollte ein naturalistisches Perry-Porträt, wie wir es noch nicht kennen – nämlich als real gealterten 80-Jährigen!
Dahinter steht eine What-if-Idee: Was wäre, wenn Perry einfach wirklich ›nur‹ der Neil Armstrong des Perryversums wäre. Als erster Mensch auf dem Mond gelandet und wie geplant zurück gekehrt wäre. Ohne Arkoniden-Begegnung; denn eine ÆTRON mit Deflektorschildern hätte sich von primitiven Weltraumexpeditionen einfach nicht zu einem Abschuss herab gelassen.
Aber weil Ex-Astronaut Perry Rhodan Charisma und politische Ambitionen hat, wäre er als langjähriger parteiunabhängiger Senator von Connecticut eine bedeutende Figur der US-Politik geworden. Jetzt zum 80. krönt er seine politische Laufbahn, indem er als unabhängiger Kandidat für die US-Präsidentschaft 2016 antritt, um wen zu verhindern …?
Herzlichen Dank an KNF und die PERRY RHODAN-Redaktion, die meine Idee so positiv aufgenommen haben.
Ein besonderer Dank geht an die unglaublich akribische Übersetzungsleistung von Leslie Dunton-Downer [1], die sich die Mühe gemacht hat, sechs von mir natürlich irgendwie haarscharf daneben getextete englische Vorschläge in ein realistisches TIME-titelwürdiges Format zu bringen!
Leslie hat mir darüberhinaus noch etwas mitgegeben, das ich hier gerne zitieren möchte:
»I wish Rhodan were actually entering the presidential race! I guess this is the magic of sci-fi fictions and comic books etc.: the fantasies they fulfill are all the more electrifying when reality is crying out for a white knight to enter the fray and save the day.«
Rund 21 Jahre brauchte diese RZ zur Vollendung: GREMLIN aka MR. MO und jetzt der "Mondsicheljäger der Oraccameo" als Kooperation zwischen Jürgen Rudig und mir.
Vor rund einem Jahr konnte ich an dieser Stelle berichten, dass der von mir hoch geschätzte Jürgen Rudig nach dreißig Jahren wieder begonnen hat, Risszeichnungen in dem ihm so eigenen Stil anzufertigen.[1]
Zu dieser Zeit hatten Jürgen und ich quasi zu Übungszwecken eine Kooperation vereinbart, dass er eine seit den 1990er Jahren (sic!) brachliegende Bleistiftvorzeichnung von mir im Detail zu Ende zeichnet und abtuscht. Natürlich ein Raumjäger – und deshalb könnt ihr euch gut vorstellen, warum hier ein Traum für mich wahr geworden ist. [2]
Wie stark der “Rudig-Stil” ist, seht ihr oben; denn der GREMLIN aka DR. MO (unsere Arbeitstitel für das Projekt) ist trotz meiner Vorarbeit zuerst und vor allem eine Rudig-RZ geworden!
Mit Nummerierung und Textlegende versehen, wird die RZ in der PERRY RHODAN-Erstauflage 2683 Galaxis im Chaos von Uwe Anton morgen am 18. Januar 2013 zum aktuellen Zyklus passend als Mondsicheljäger der Oraccameo veröffentlicht werden.
Unser – jetzt also – Mondsicheljäger der Oraccameo hatte zu Beginn des Romans 2660 Die springenden Sterne von Christian Montillon einen kurzen, aber eindrucksvollen Auftritt.
Ich habe noch keine Belegexemplare des fertigen Drucks, bin aber sehr gespannt, ob es diesmal gelungen ist, die A2 große superfeine Strichzeichnung, die ich über eine Autotrace-Funktion vektorisiert habe, auch als solche reproduziert zu bekommen. Der Hintergrund dieser Befürchtung ist, das oftmals EPS- bzw. PDF-Daten unnötigerweise bei VPM aufgerastert werden.
Da viele Risszeichner ihre farbigen Vektorillustrationen leider als Graustufenpixeldateien exportieren, ist inzwischen das Aufrastern samt dem damit verbundenen “Grauschleier-Effekts” zum suboptimalen Risszeichnungsstandard geworden.
Da Jürgen den analogen Zeichenstil von vor dreißig Jahren beibehalten hat, müssen wir jetzt die abgewickelte, früher selbstverständliche Repro-Kompetenz einer Großdruckerei zeichnerseitig kompensieren und das auch noch ins digitale PrePress-Zeitalter beamen.
Ich freue mich sehr, dass Jürgen Rudig bei diesen Sachen meinen Rat und Hilfe in Anspruch nimmt, und dankbar, dass ich als Fan dabei helfen darf, seine fantastischen RZ-Visionen in der ihnen angemessenen Form zu reproduzieren – nämlich auf Qualitätsniveau der späten 1970er und frühen 1980er Jahre.
Während ich diese Zeilen in Erwartung des Druckergebnisses von Band 2683 schreibe, überlege ich mir, wie die fantastische jüngste Exposé-Arbeit von Jürgen Rudig, die er auf A1 gezeichnet hat, in ähnlicher Weise übertragen werden kann.
Ich schwanke zwischen der Vektorisierung seines HiRes-Scans der RZ wie hier aktuell beim Mondsicheljäger oder der Konvertierung in ein superhochauflösendes Bitmap für die direkte Strichausgabe. Dies ist die Elementarphysik der digitalen Druckvorstufe – ich muss mich zwischen Welle- und Teilchencharakter der Darstellungsmodelle entscheiden.
Update: Beim Abdruck in PR 2683 ist das PDF wie gewünscht in Wellenform (= Vektoren) belichtet worden – die RZ ist gestochen scharf!
DIE SPRECHBLASE Nr. 223: Ein Muss für PERRY-Fans, aber auch für alle Comics-Afficianados im Allgemeinen!
Angeregt durch meinen letzten Post “Da geht mehr:-)” – PERRY [RHODAN]-Jubiläumsbilder und -dioramen[1] habe ich mir endlich die schon seit einigen Monaten bei mir lauerende Mammut-Spezialausgabe Nr. 223 zu PERRY – Unser Mann im All und seinem Vorgänger PERRY RHODAN IM BILD der SPRECHBLASE [2] zum Lesen geschnappt.
Ich muss hier noch einmal meine nachhaltige Begeisterung und Bewunderung für die akribische Recherche und tolle detailverliebte Machart dieses besondern Beitrags zum letztjährigen Jubiläums von 50 Jahre PERRY RHODAN zum Ausdruck bringen. Ich hatte den Neustart der SPRECHBLASE nicht so auf dem Schirm, schöne Hintergrundinformationen hierzu findet ihr allerdings im Blog von PERRY RHODAN-Autor Michael Marcus Thurner [3].
Ich bin ja durch PERRY zum Rhodan-Leser und Fan geworden. Gerade die in den späten Magazin-Ausgaben (Nr. 106 bis 129) zusammenhanglos mit veröffentlichten Original-Risszeichnungen der Stammserie – freigestellt auf hellcyan-farbenem Fond – haben mich ganz sicherlich auf ewig geprägt. Nicht umsonst ist die Akzentfarbe hier bei PHUTURAMA Cyanblau.
Das Nr. 223-Special “Hinter den Kulissen der PERRY-Comics” ist gleichzeitig ein Beitrag der SPRECHBLASEN-Reihe “Die ialienischen Wurzeln” und wurde von den Autoren Gerhard Förster und Reginald Rosenfeldt in drei Teile gegliedert: “Teil 1: PERRY RHODAN IM BILD”, “Teil 2: PERRY 1-36 – Konventionelle Kost” und “Teil 3: PERRY 37-129 – Von Sex und Pop zum ‘deutschen SF-Magazin'”. Ergänzt wird das Ganze von ausführlichen Zeichnerporträts, Präsentationen der Nebenserien und einem, nein eigentlich zwei, ausführlichen Interviews mit dem Szenaristen Dirk Hess, den ich selber vor einigen Jahren besuchen durfte und der ein extrem interessanter wie angenehmer Gesprächspartner ist.
Da ich mich selber mit dem RISIKOPILOTEN-Projekt an der eigenständigen Interpretation eines PR-Comics versuche, sind für mich gerade die lebhaften Schilderungen aus der italienischen Studio-Szene hochinteressant. Zum Schluss schwirrt einem der Kopf vom ganzen Hin und Her der Zeichner zwischen Eurostudio, Mailand und Studi Giolitti, Rom und der seltsamen Ein-Mann-Agentur namens Quelle Features des Friedrich Wilhelm König, der nach Bekunden aller Beteiligten wohl einen Löwenanteil des Produktionsbudgets für seine reine Go-between-Funktion eingestrichen haben könnte.
Das Special der SPRECHBLASE macht klar, inwiefern die damaligen italienischen Zeichner in die Entwicklung des europäischen Kommerz-Comics involviert waren (siehe oben: “Die italienischen Wurzeln”). Die an PERRY & Co. beteiligten Künstler haben für bekannte Franchises wie Dan Dare (2000 A.D.), Star Trek, Phantom und natürlich die notorischen Italo-Sexploitation-Fumetti wie Diabolik oder Skorpio (Man beachte das ‘böse’ Kappa in den Titeln) gearbeitet.
Für mich am Erhellendsten, dass die künstlerisch eindrucksvollste und eigenständigste Phase der PERRY-Comics auf Drängen von Dirk Hess durch die Lead-Zeichnerin Marina Bucciarelli realisiert wurde. Gerade die späte Magazin-Phase ist von ihrem einzigartigen Stil geprägt worden, während vorher oft Brüche und Ungereimtheiten aufgrund der arbeitsteiligen Studioproduktion (und der fehlenden Absprache durch die Agentur Quelle Features:-) bei Giolitti entstanden waren.
Der offene, fließende Pop-Art-Stil als grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal der PERRY-Comics war hingegen schon vom ersten relevanten Relaunch zur Ausgabe 37 verabschiedet worden und von Giorgio Gambiotti auch explizit so angelegt gewesen. Eine Alleinstellung für PERRY im gesamten Comics-Universum: “Ab Nr. 37 (erschienen im August 1970) wurden die Leser mit grafischen Experimenten konfrontiert, wie sie sie in keinem anderen Comics zu sehen bekamen.”
EXCALIBUR und Mini-RZ-Mash-up als Generationenprojekt? Diese zwei Rudig-RZs trennen 30 Jahre nicht.
Knapp ein halbes Jahr ist es her, dass auf dem PERRY RHODAN-WeltCon Jürgen Rudig als Überraschungsgast auf der Bühne des Panels “Space Design” – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum[1] saß und einiges vom Werdegang eines RZ-Avantgardisten erzählte. Auch nach dem WeltCon ist der Kontakt nicht abgebrochen. Und was ich insgeheim erhofft hatte, ist auch eingetreten: Jürgen Rudig hat nach 30 Jahren “Kreativpause” wieder mit dem Risszeichnen begonnen!
Für die Präsentation zum “Space Design”-Panel hatte Jürgen mir ein relativ unscharfes Digitalfoto einer seiner damals nicht verschwundenen oder zerstörten unveröffentlichten Risszeichnungen geschickt – als weltexklusives Schmankerl dem Anlass angemessen: Die RZ der EXCALIBUR, die in irgendeiner Kiste die 80er, 90er und die Jahrtausendwende überlebt hatte!
Für mich war die EXCALIBUR allerdings ein kaum erhofftes Wiedersehen. Denn ich kannte diese RZ noch aus einem Vorstadium ohne Fond und ohne die starken Kontrastierungen, die Jürgen in Anlehnung an seine letzte veröffentlichte Auftragsarbeit bei PERRY RHODAN, das Raumschiff der Namenlosen (PR 1123) [2], gesetzt hat. Nachhaltig beeindruckt hatte mich diese Arbeit beim Risszeichner-Treffen bei Willi Voltz in Heusenstamm im Oktober 1982. Ihr visueller Stil war zu dieser Zeit noch eher eine konsequente Weiterentwicklung des Siganesischer Spezialkreuzer der USO (PR-Magazin 4/1980-Poster) [3] bzw. der hochartifiziellen ‘mœbiuesken’ Innenillustrationen der Willi-Voltz-Fortsetzungsgeschichte Das Weltraumteam[4] (als Supplement im PR-Magazin).
Selbst wenn ihr euch in die obige Abbildung in der hochauflösenden Version gebt, werdet ihr den unglaublich detaillierten Reichtum dieser RZ eher nur erahnen können. Ohne die heutige starke Kontrastierung wirkte die EXCALIBUR damals auf den ersten Blick eher wie eine abstrakte Textur. Erst langsam wurde ich von den Formen und Details in diese Zeichnung hineingezogen. Ich habe den damaligen am Treffen teilnehmenden Redaktionsleiter (und heutigen VPM-Verlagsleiter) Walter A. Fuchs noch im Ohr, dem dies für eine Risszeichnung zu weit ging. Für mich fing es hier erst an.
Cover der Mediascene Ausgabe Januar/Februar 1979, mit einer Farbversion von Moebius’ berühmten Concept Art zu Ridley Scotts Alien. (Quelle: quenched consciousness)
Dreißig Jahre nach Blade Runner kehrt Ridley Scott wieder zur Science-Fiction zurück. Während seine Adaption der Philip K. Dick-Erzählung Träumen Androiden von Elektrischen Schafen ein “Schläfer” blieb, der erst über die Jahrzehnte und diverse Final Cuts und Redux-Versionen zu dem unangefochtenen visuellen Vorbild des hyperurbanen Cyperpunk-Genres heranreifte, war Scotts Alien von 1979 der Startschuss für eines der emblematischsten und klebrig-schleimigsten Hollywood-Franchises, das sich in diversen Exploitations-Iterationen und Crossovers Unsterblichkeit errungen hat.
Die Nachrichtenlage zu Prometheus – Dunkle Zeichen[1] ist im Moment unklar, ob es sich bei dem neuen Film um ein klassisches Prequel zur Alien-Reihe handelt. Zumindest der Trailer gibt klare visuelle Hinweise, die auf mehr hinauslaufen als ein loses shared universe.
Ich empfange auch gerade ein wie auch immer motivierten Buzz über die diversen in diesen Tagen öffentlich gemachten Teaser und Trailer, der auf das nächste Big Thing in Science Fiction seit zumindest Avatar[2] hinauslaufen soll – und den Epic Fail von Disneys John Carter[3] als ideales Kontrastmittel zu nutzen scheint.
Aber irgendwie bin ich misstrauisch, was das bisher bereitgestellte in Stills und Bewegtbild anbelangt. Ich habe das Gefühl, dass da zum Teil noch Pre-Production Animatics hinterschnitten sind, die für eine In-Game-Capture auf Crytek-Niveau okay wären, aber nicht für einen Ridley Scott-Film.
Darüberhinaus ist das in den Ausschnitten zu sehende finale Production Design stilistisch etwas heterogen – ein Best of Cobb, Foss, Gieger und natürlich Moebius. Es gibt klar zuzuordnende visuelle Reenactments des Alien-Originals wie z. B. die Landesequenz des Raumschiffs, das sehr an das der Nostromo angelehnt ist; manches ist aber auch unangenehm grell oder wirkt digitally over defined.
Ein Klassiker ist es natürlich, dass wiederum eine Unterwäschenummer mit einer Working Class Heroin vorkommt – eine Szene, die im Alien-Original auf vielfältigen Ebenen kommunizierte und Sigourney Weaver als Ellen Ripley zu einer “Ikone der Frauenbewegung im Kino” [4] werden ließ.
Hier einer der internationalen Trailer, der auch über den am Ende dramatisch sich aufschaukelnden Scream-Score zu gewinnen weiß:
"Startnummer 0." Es ist ein Gerücht, dass Nissan für The Dark Knight Rises ein Batmobile in Schlumpfhausen hat entwickeln lassen. Via IEDEI bzw. l’endurance.
“Win on Sunday, sell on Monday,” lautet die Goldene Regel des Motorsport-Marketings. Nissans Nennung für die 24 Heures du Mans 2102 wird dem wohl nicht ganz gerecht werden, auch wenn dieses Dragster-artige Geschoss sicherlich schon jetzt ein konkurrenzloser Gewinner der Herzen ist.
In meinem automobilen Lieblingsblog IEDEI [1] gibt es noch weiteres interessantes Material zu diesem fahrdynamisch kühn wirkenden Fahrzeug, das allerdings in den dort verlinkten Videos durchaus zeigt, dass es zackig um die Ecken zu schwirren weiß.
Wie es sich für einen japanisch-französischen Multi gehört, findet sich auf deren eigenen Seiten keinerlei Informationen über dieses Projekt, während ansonsten alle üblichen motorjournalistischen Quellen darüber berichten. Klar auch heise.de [2] weiß um die frappierenden Designanleihen irgendwo zwischen Lockheed SR-71 und Batmobile; die Originalquellen zum Projekt werden aber auch hier nicht genannt.
Ich bin trotzdem vom außergewöhnlichen Gesamtpaket überzeugt und halte den DeltaWing für einen Concorde Moment. Wenn es denn dem Team gelingen sollte, die angekündigte Performance in Le Mans selbst nur in den Trainings aufblitzen zu lassen.
Diesmal zu den Sternen! Wenn es nur nicht die Iso-Zen sind, würden wir, seine Adepten, Mœbius in den Abstraktraum folgen, um diesem sinnentleerten luftdichten Phantomschmerz zu entgehen. (Sauce: quenched consciousness)
Das Werk von Mœbius aka Jean Giraud [1] ist ein beständiges ästhetisches Hintergrundrauschen eines gewaltigen zeichnerischen Urknalls, dessen heiße expansive Phase von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er dauerte. Der Strahlungsschock hat das gesamte Genre der spekulativen, fantastischen und utopischen Bilderwelten in Comics, Film und Games für alle Zeiten gezeichnet.
Für mich hier in PHUTURAMA war Mœbius so omnipräsent, das ich bisher gar keinen eigenständigen Post zu ihm schreiben musste – und sich mir aufgrund der ausufernden Vielfalt seines Werks auch keine umfassende thematische Klammer aufgedrängt hätte. Um sein allgegenwärtiges Genie trotzdem zu würdigen, hatte ich in letzter Zeit mehrfach das Moebiusband einfach gewendet und gebootlegte Arbeiten von ihm via quenched consciousness[2] zur Illustration der Themen verwandt, die keinen eigenen visuellen Trigger im PHUTURAMA-Sinne aufzuweisen hatten.
So hatte ich letzte Woche unter der Bildunterschrift “Die sozialen Netzwerkgiganten: Halb ziehen sie uns, halb steigen wir zu ihnen auf” eine mir passend erscheinende Zeichnung von Mœbius zur Illustration meines Beitrags “Digitaler Phantomschmerz.” Mein Abschied von Google+ [3] zweckverwandt. Seit heute gibt es in diesem Blog die Kategorie Mœbius / Jean Giraud, wo auch unter anderem dieser Einsatz seiner Illustrationen aufgelistet ist.
Unter dem Eindruck seines Tods und der schon dazu geschriebenen Beiträge wurde mir bewusst, dass die ausgewählte Seite aus Upon A Star[4] für den Google+ Beitrag auf besondere Art prophetisch gewesen ist. Jean Giraud Mœbius verläßt – gefolgt von all seinen Bewunderern und Adepten, also uns! – diesen Planeten (Auch als Anspielung auf Jean Girauds zehnjährige als beinahe bedingungslos beschriebene Gefolgschaft in der New-Age-Erlösungssekte des Jean-Paul Appel-Guéry aka Ios. Diesmal illustriert also Mœbius hier sich und sein Schicksal selbst:
“… and the Living Starcraft embraces them all for the Journey to come.” [5]
"Captcha!" Träumen SEO-Manager von Artificial Eyeballs? Generation-Nexus-6-Replikant Roy Batty macht der Aufmerksamkeitsökonomie schöne Augen (Quelle: Blade Runner)
Letzte Woche habe ich anläßlich, aber nicht unbedingt ursächlich des Inkrafttretens der neuen diensteübergreifenden Datenschutzrichtlinie meinen Google+ Account gelöscht. Ich habe darüber hier [1] und hier [2] zwei Posts verfasst. In den darauf folgenden Gesprächen sind mir aber noch ein paar Gedanken durch den Kopf geschossen, die ich hier einmal mit dem eigentlich nicht zwingend damit verbundenen 30. Todestags Philip K. Dicks [3] und des anstehenden 30. Jubiläums der bedeutendsten filmischen Adaption eines seiner Werke, nämlich Blade Runner (1982) [4] von Ridley Scott nach Dicks Erzählung Do Androids Dream of Electric Sheep?[5] montiert habe.
Während des ‘Löschens’ – ich gehe hier eher von einer Form des ‘Auskommentierens’ aus – meines Google+ Accounts hat das System noch einmal ausdrücklich erklärt, dass alle meine Posts, Shares Beiträge Dritter sowie alle akkumulierten +1 aus dem System entfernt werden. Diese Konsequenz fand ich interessant. Ehrlich gesagt, hatte ich beim ‘Löschen’ meines Accounts mir nur vorgestellt, dass die von mir gebildeten Kreise entfallen, meine Präsenz in den Kreisen von anderen entfällt, sowie alle nicht-öffentlichen Beiträge oder Shares. Da ich Google+ überwiegend als öffentliche Plattform genutzt hatte, war ich so naiv, zu glauben, dass meine bisherigen Beiträge als Teil einer generell öffentlich zugänglichen Google+ Almende auch erhalten bleiben mögen.
In meinem blinden Fanatismus, Mountain View es jetzt aber mal richtig zu geben, wollte ich den Gedanken, den Google+ Account einfach stehen zu lassen gar nicht an mich heranlassen. So halte ich es mit einem comdirect-Konto, über das ich in 13 Jahren keinerlei Umsätze getätigt habe, und von dem mir regelmäßig per Post der Saldo € o,00 mitteilt wird. Im Sinne einer erweiterten Spackeria-Perspektive [6] habe ich mich sogar eines “Datenverbrechens” schuldig gemacht, wie mspro in seinem zur Open Mind 2010 gehaltenen Vortrag Das radikale Recht des Anderen[7] schreibt:
“Nein, hier wird für den Anderen entschieden und zwar ohne Kenntnis seines Interesses, seiner Filter und seiner Kompetenz.”
OK, ich habe mspros radikale Queryology, die das universale Quellenverständnis eines Historikers aus der methodologischen Forschung in die Gegenwart der persönlichen Alltagskommunikation überführt und radikal aktualisiert, bisher immer mehr als theoretisch mögliches Ideologiekonstrukt von erheblicher Abstraktionshöhe aufgefasst; diesmal aber habe ich bewusst wahrgenommen, dass mspros Proklamation dieses “radikalen Recht des Anderen” aktuelle Gültigkeit besitzt.
Mit der Löschung meines Google+ Accounts habe ich Dritten – und natürlich auch dem Systembetreiber Google als meinem direkten “Vertragspartner” – im Rahmen der Aufmerksamkeitsökonomie einen zwar kleinen, aber doch substanziellen Wertverlust beigefügt. Menschen posten mehr oder weniger interessante Dinge, die von ihnen und ihren beteiligten Verkehrskreisen als relevant (oder nur lustig) angesehen werden. Mit der sorgfältigen Setzung eines Links, eines erklärenden Textes dazu, der Kommentierung eines schon bestehenden anderen Beitrags und dessen etwaigen +1 Auszeichnung wird Arbeit im sozialen Netzwerk geleistet. Diese Arbeit wird in gegenseitig anwachsender Vernetzung, Weiterleitung und Auflistung der +1 Aktionen akkumuliert und stellt ein – mit gewissen Aufwand auch in konventionellen ökonometrischen Kategorien zu fassendes – ‘Vermögen’ dar.
In meinem Fall – und ich war am 29. Februar 2012 vielleicht gar kein Einzelfall – wurden meine gesamten Shares und alle getätigten +1 Belohnungen den anderen Google+ Teilnehmern wieder entzogen. Dieses Vermögen wurde vernichtet. Das tut mir leid! Wenn ich die Verbindung zur ‘realen Welt’ ziehe, finde ich den aufscheinenden blinden Fleck in der sich manifestierenden “Eyeball Economy” bemerkenswert:
Stellt euch vor, mit der Löschung meines Sparkassen-Girokontos würde ich rückwirkend auf Jahre alle getätigten Überweisungen widerrufen und den Begünstigten damit entziehen – ohne dass diese Beträge bei mir oder sonst wem wieder auftauchen würden. Deflation galore!
Epilog:
Philip K. Dick starb vor 30 Jahren am 2. März 1982, Ridley Scotts Adaption von Dicks Erzählung kam als Blade Runner am 25. Juni 1982 in die US-Kinos (Deutschland-Start war im Oktober 1982). In einer der eindrucksvollsten Szenen der Filmgeschichte (“Perhaps the most moving death soliloquy in cinematic history”)[8] sagt Rutger Hauer als charismatischer Anführer Roy der vergeblichen Replikanten-Aufbegehrens, der im Sterben das (Weiter-)Leben seines Widersachers Deckard ermöglicht – und damit den Claim des Replikanten-Herstellers Tyrell Corp. “Menschlicher als der Mensch” noch überbietet:
„Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. [Pause] Zeit zu sterben.“
“I’ve seen things you people wouldn’t believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhauser Gate. All those moments will be lost in time like tears in rain. [Pause] Time to die.”
"Absolut modern." Der slicke Look der 'mittleren' Trilogie der Lucas'schen Merchandising-Monstrosität hat überhaupt nichts Märchenhaftes an sich – dank Ralph McQuarrie.
Am 3. März 2012 ist Ralph McQuarrie verstorben, von dem gesagt wird, dass seine bahnbrechende Concept Art wesentlich zum Erfolg der Star Wars-Filmreihe beigetragen hat – indem er nämlichdurch seine visionären Production Paintings die erste Folge IV A New Hope überhaupt die Pre-Production-Phase überstehen half.
Sein Wirken in der Pitching-Phase eines solchen Projekts wie Krieg der Sterne hat dazu geführt, dass Concept Art für ein bestimmtes Genre Film – nämlich S/FX-geladene Science Fiction, Fantasy und Horror – zu einem absoluten Muss in der Konzeptionsphase geworden ist. Schön, dass das obige emblematische Motiv des Dogfights zwischen X-Wing-Fighter und imperialem Tie-Fighter noch diese kleine Differenz im Detail zwischen Production Painting und späterer Modellbauarbeit fürs Filmset zeigt: Die einzelnen halbkreisförmigen ‘Luftansaugöffnungen” des X-Wing-Fighters, die bei zugeklappter Flügelstellung ein konventionell geformtes turbinen-artiges Triebwerk ergäben, haben es nicht in den Filmmodelle geschafft.
Beim Harmonisierungsfuror, der die späteren Digitalversionen der ‘mittleren’ Trilogie ihrer zeitgenössischen Authentizität beraubt haben, hatte ich schon befürchtet, dass es diese ursprüngliche Conceptual Art McQuarries gar nicht mehr im Netz zu sehen gibt. Aber dieses vernachlässigbare Detail eines “Split-Intakes” ist gleichzeitig auch eine Beispiel gelungenen “symbolischen Designs” im phuturistischem Sinne: Ralph McQuarrie gibt in diesem Still, das ja die SF/X-Action einer der den Film so prägenden Bewegtbildsequenzen vorausahnen läßt, entscheidende visuelle Hinweise auf die filmdramaturgischen Qualitäten des X-Wing-Fighter-Entwurfs: Er kann seine Flügel spreizen!
Klar, die in den späteren Tricksequenzen genutzten Modelle zeigen diese Eigenschaft direkt; fürs visionäre, die Vorstellungskraft der Entscheider anspringende Visualisierung in dem einen entscheidenden Production Painting ist dieser Designtrick, der die dynamische Potential des X-Wing-Fighters damit subkutan transportiert, ein Ausweis der Klasse Ralph McQuarries als Concept Designer, die weit über seine unbestrittenen malerischen und illustratorischen Fertigkeiten hinausweist.
Ralph McQuarrie ist damit der Erfinder der Concept Art geworden. Schande über mich, dass ich mich, einfach, weil er immer seit Star Wars immer da war, nie mehr so eingehend mit ihm und seinen Arbeiten beschäftigt habe. René von nerdcore war da natürlich weiter. [1] Auf Ralph McQuarries Website [2] selbst gewinnt man darüberhinaus einen guter Überblick, wie groß sein Einfluss jenseits von Star Wars gewesen ist – wie z. B. Battlestar Galactica, E.T., Star Trek und vielen weiteren SF-Klassikern.
"1970s-Jet-Set-Stadion-Rock-Sticker" Ein authentischer (?) makelloser Aufkleber auf einem abgerockten Flight Case? Backstage beim Aufbau von The Joshua Light Show im HKW, transmedial 2k+12
Weil ich zu The Joshua Light Show[1]und dem “Krautrock-Pionier” Manuel Göttsching (As Ra Tempel) [2] im letzten Beitrag praktisch nichts darüber geschrieben habe, hier noch etwas zu diesem transmediale 2k+12 Highlight:
Ich kannte The Joshua Light Show bis dato überhaupt nicht, aber trotz einiger stilistischer Zweifelhaftigkeiten und generellem Hippietum hat mich die Show jenseits des historischen Psychedelic Reenactments aus ganz praktischen Gründen beeindruckt. Die Joshua Light Show ist HiRes für die Netzhaut: Es ist praktisch das reine analoge Licht – insbesondere in der Rückprojektion.
Selbst bestes Cinemascope ist dagegen nur ein körniger Abklatsch; von den üblichen HD-Beamer-Projektionen, die heute in Video- und Medienkunstinstallationen dominieren, darf man hier gar nicht reden. Es sei denn, man wäre Pixelzähler.
Wenn Medienarchäologie so aussieht, dann ist es im höchsten Maße erhellend.
"Absolut in/compatible:" Joshua Light Show featuring Manual Göttsching (Ash Ra Tempel, ashra.com) – Highlight der erfolgreichen Festivalkooperation von tm2k+12 und CTM.12 und mit besonderem Engagement von der tm-Performance Kuratorin Sandra Naumann begleitet, CC: Kimberley Bianca (transmediale)
Der Glamour der vergangenen Berlinale verstellt schon fast wieder die Rückschau auf die diesjährige 2k+12 transmediale – festival for digital art and culture berlin [1], die zum ersten Mal unter der neuen künstlerischer Leitung von Kristoffer Gansing nicht nur ein atmosphärisch vernehmlicher Erfolg gewesen ist.
Selbst tief und bisweilen mit DIY-Speditionstätigkeiten mit dem inzwischen beinahe traditionellen c-base Partner Event [2] verstrickt, kann ich vom Festival mit seinen immerhin sechs Programmsektionen (Ausstellung, Videoprogramm, Konferenz, Performance-Programm, “reSource”-Initiative für “transmedial culture” und der Retrospektive in eigener Sache: “25 Jahre transmediale”) nur einige wenige Eindrücke vermitteln. Aber da geht es mir wie den Machern selbst. Da ich freundlicherweise am Donnerstag, den 23. Februar zu einer transmediale-Ausklangfeier in der Weddinger Panke [3] vom Team eingeladen war, ergab sich aber die gute Gelegenheit, die individuellen Erfahrungssplitter zu einem größeren ganzheitlichen Narrative zu fügen.
Grundsätzlich ist dies der zweite große Wechsel in der künstlerischen Leitung nach Andreas Broeckmann zu Stephen Kovats, den ich bei der transmediale aus der partnerschaftlichen Halbdistanz als c-base conceptioneer miterleben durfte. Was ich mit dem Einstand des neuen künstlerischen Leiters Kristoffer Gansings verbinde, ist, dass das Festival der digitalen Lebenswirklichkeit des Publikums näher gekommen ist, wie ich zumindest die Auftaktperformance QTzrk von jon.satrom [4] verstehe, die aus dem üblichen Reigen einer Eröffnungszeremonie seamlessly in den alltäglichen Inkompatibilitätswahnsinn der inzwischen ubiquitär mehrheitsfähigen MacOS-Benutzeroberfläche transgredierte.
Anstelle gern überstrapazierter künstlerischer Praxis synästhetischer Disruption und avantgardistischem Überwältigungsfuror mit oft medientechnologisch meist überholten Stilanachronismen, die lautstark “Hier, ich bin Medienkunst!” riefen (ASCII-Art, OCR-Typo, 8-Bit-LowRes-Pixelartefakte FTW) ist der neue Ansatz, medienkünstlerische Positionen aus der digitalen Sphäre der glitzernden App Economy und der längst ubiquitären Cloud abzuleiten, sehr wohltuend und kritisch aktuell.
Dieser Ansatz spiegelte sich auch in den viel beachteten grafischen Auftritt des Festivals von Manuel Bürger, Timm Häneke und Till Wiedeck mit Goldspiegelfolie, einem iPhone-App-geshapten Rahmenelement völliger Inhaltsleere und dem häufigen Einsatz blauweißem Himmelsgewölks auf der insbesondere dem Festivalmotto “in/compatible” mimetisch nacheifernden Website.
Eine generelle Rückbesinnung scheint mir zu sein, dass §Medienkunst wieder formal definiert ist als künstlerische Auseinandersetzung mit den spezifischen Gegebenheiten des Ausdrucksmaterials und nicht in erster Linie als themenspezifisch inhaltliche Kategorie, wie es Stephen Kovats gefördert hat, der damit bewusst das Risiko von Flops (Deep North, 2009) und Tops (Futurity Now!, 2010) in der Gesamtausrichtung eingegangen ist.
Mir scheint dies in Abgrenzung zu den traditionellen am Kunstmarkt und in der Museumslandschaft wesentlich etablierten Kunstbereichen wie Malerei, Graphik oder Bildhauerei ganz konsequent: Medienkunst macht halt was mit Medien.
Disclaimer: Ich war nicht nur über die c-base Kooperation dieses Jahr mit dem Festival verbunden gewesen, sondern als “Adludicator” für die von Mark Butler geleitete Veranstaltung Zombie Play in the Ludic Salon: reSourcing an Exquisite Media Corpse am Sonntag, 5. Februar 2012 von der reSource-Kuratorin und Programmverantwortlichen Tatiana Bazichelli eingeladen worden. Herzlichen Dank dafür, dies war eine sehr schöne Veranstaltungin der besonderen Form des “Presentation Flows”nach Vorbild des Cadavre Exquis:
“Exquisite corpse, also known as exquisite cadaver (from the original French term cadavre exquis) or rotating corpse, is a method by which a collection of words or images is collectively assembled.”(WP)
Zum Ausklang hier ein Ausschnitt vom Auftritt der Joshua Light Show ft. Manuel Göttsching vom Samstag, den 4. Februar 2012, von dem auch das obige Aufmacher-Foto von Kimberley Bianca stammt (mehr auf flickr.com):
POSTED BY Gregor Sedlag AT February 27th 2012 0 Comments
Glazialvisuals in Minimal-Beat-Blöcken, "Random Seed" by stickman (im Dunkeln)
c-base die Raumstation unterhalb Berlins hat mit Hilfe des Künstlerkooperation Stickman[1], Entlet[2] und Fauxtone Collective [3]eine temporäre synästhetische Holodeck-Upgrade erfahren.
Als Teil des gemeinsamen “Vorspiels” der beiden Geschwisterfestivals transmediale 2k+12 in/compatible – festival for digital art and culture berlin[4] und des CTM.12 SPEKTRAL – Festival for Adventurous Music and Related Arts[5] sind die diesjährigen c-base Partneraktivitäten zur transmediale unter dem Motto “be future in/compatible” [6] mit den drei Auftritten des Improvisations-Theatergruppe Improbanden und der oben genannten 3D-Echtzeit-Bild- und Klanginstallation gestartet.
„Random Seed“ – an audiovisual beat sculpture: Live performance & audiovisual installation by Stickman feat. Fauxtone Collective Berlin-based multi-instrumentalist and producer Stickman teams up with the Fauxtone Collective to bring an immersive audiovisual experience to the stage, exploring synergies and interactions of tones and photons.
Von c-base Seite aus hat Thomas Goltz [7] als Teil der Künstlergruppe sein 3D-Knowhow in das gemeinsame Projekt geworfen, das in nur drei Monaten mit einer Menge performance-kritischen, weil Echtzeit benötigenden Coding-Aufwands realisiert worden ist. Ohne die großartige Unterstützung durch transmediale-Leiter Kristoffer Gansing und den Technikpartner des Festivals serve-u [8] wäre c-base nicht in der Lage gewesen, den beteiligten Künstlern diese Plattform für ihre Arbeit zu geben.
Einen guten Eindruck der Random Seed-Installation vermittelt schon einmal das unten folgende Video vom Freitag. An den zwei Folgetagen des Vorspiel-Wochenendes wurden weitere Photonen-Module der Installation freigeschaltet.
Als Kontrast zur hermetisch-minimalistischen Percussion-Clustern der “beat sculpture” steht das housige Live Set von Stickman und Entlet, das die Holodeck-Installation in einen Clubkontext transponiert. In dieser Zusammensetzung Sonntagabend, den 29. Januar 2012 das letzte Mal live an Bord der c-base zu erleben.
Es gibt auch weniger attraktive Blickwinkel auf 1199 Panigale. Quelle: Mein iPhone 3G S
Zwischen den Jahren erreichte mich eine E-Mail von Ducati Berlin [1] mit einer überraschenden Ankündigung:
“Das neu entwickelte Superbike fasziniert durch sein äußeres Erscheinungsbild und bietet zahlreichen neue bahnweisende technische Lösungen. Am 06. Januar 2012 ist die 1199 S bei DSB Berlin in der Ausstellung. In der Zeit von 12.00 – 20.00 Uhr kann das Motorrad begutachtet und testgesessen werden. Bei dem Ducati Superbike handelt es sich um ein Sonderfahrzeug, dass nur am 06. Januar 2012 zur Verfügung steht.”
Hm, einerseits war mir die Vorstellung zwischen vielen anderen Leuten um das rote Kalb zu tanzen, etwas unangenehm; andererseits ist meine Begeisterung und mein Interesse an Ducatis neuer Superbike-Generation schon hinreichend dokumentiert [2], so dass dann doch meine Neugierde gesiegt hat.
Ducati Berlins Showroom war dann am frühen Nachmittag des 6. Januar 2012 auch gut gefüllt. Nur, wo war der Star der Veranstaltung, die “Exorzistin”, die ich nun endlich in echt sehen wollte? Bei einer vergleichbaren Produkt-Premiere Ende 2007 war das sehr einfach gewesen. Das Perlmuttweiß-Metallic war die Signature-Farbe der damals frisch gelaunchten 848 und besaß im Showroom ein ausgeprägtes Alleinstellungsmerkmal. Die genannte 1199 S Panigale gibt es nur in Rossa Corsa, eine Farbe, die bei den bei Ducati Berlin stehenden Maschinen nicht gerade selten ist. So dass ich fast erschrocken über das winzige Motorrad gestolpert wäre, dessen unglaublich langen, insektenfühler-artigen Rückspiegelausleger mir dann signalisierten: Das ist sie!
Bei der weiteren Begutachtung hat mich dann mittelschwere Ernüchterung erfasst. Viele der großartigen Designdetails wie die Underslung-Schalldämpfer unterm Verkleidungskiel mutierten zur Bückware und sind unter normalen Umständen gar nicht wahrnehmbar. Überhaupt ist vieles so String-Tanga-kompakt geschnitten, dass unter einem massigeren Fahrer gar nicht so viel vom gerühmten Design sichtbar bleibt. Im Kontrast dazu wirkt das frontlastige Design fast schon kopffüßlerisch, was durch die im Vergleich zur Vorgängergeneration sehr weit aufgeblähten Air-Intake-Nüstern noch verstärkt wird. Die wesentlich steiler stehende Windschildkanzel mag effektiv sein, aber auch hier sieht Eleganz anders aus. Die extrem abstehenden, ‘funktionalen’ Spiegelausleger haben dann in der Konsequenz schon fast etwas karikaturhaftes.
In der Seitenansicht fehlt definitiv das für Ducati in den letzten zwei Jahrzehnten so prägende Fachwerk der Gitterrohrrahmen, das immer einen willkommenen und, wie sich jetzt herausstellt, auch notwendigen Kontrast zu den meist unifarbenen Verkleidungen dargestellt hat. Als beinahe einzige vollverkleidete Motorräder konnten Ducatis ohne jeden grafischen Schnickschnack (“Joghurtbecher”) auskommen. Wenn man sich die Bilder des Sondermodells 1199 S Panigale Tricolore [3] ansieht, dann scheint hier Ducatis traditionelles Gestaltungsmuster überfordert und an sein Ende gekommen zu sein. Ausnahme wie bei bei nahe allen Motorrädern wäre natürlich die Nichtfarbe Schwarz.
Ich bin gar nicht so traurig, dass die 1199 neben ihrer technischen Exzellenz für mich nicht auch noch unter ästhetischen Gesichtspunkten alle Vorgängermodelle in den Schatten stellt. Da verbleibt viel virtuelles Kapital für andere wunderbare Gelegenheiten. Und wer weiß, vielleicht ist das auch nur Anpassungsschock. Wenn ich mir das Prüfstandsvideo einer tarnkappen-mattschwarzen hier unten betrachte, dann könnte ich mir schon vorstellen, dass ich in einigen Jahren vielleicht eine ‘kleine’ 799 Panigale Dark ganz anders zu schätzen wissen werde.
In der industriellen Logik der kapitalistischen Warenfertigung dürfte eine Produktpremiere wie die der Ducati 1199 Panigale [1] nicht passieren. Wie unlängst bei Apples iPhone 4S – und Ducati ist in jeder Hinsicht das Apple der Motorradindustrie – übersteigt das Erwartungsprofil in der Regel die erfüllbaren Produkteigenschaften, um aber im Sinne der oben erwähnten Logik sofort den Raum für weitere Desiderate und damit verbundene Produktkommunikation in der Anhängerschaft zu perpetuieren. Aus der kühlen Sichtweise dieser Praxis unendlich dehnbarer, aber nie wirklich einzulösenden Produktversprechen schert Ducati nun aus – der neue Supersportler aus Borgo Panigale hat die kühnsten Erwartungen [2] der Ducatisti und nicht nur dieser übertroffen. Oder wie es Spiegel Online formulierte: “Ducati schockt die Konkurrenz.”[3]
Nun steckt hinter jeder großen Anstrengung der Versuch einer Kompensation. Auch wenn der Markenname Ducati wohlvertraut und schon lange weltberühmt zu sein scheint – sowie in einem Atemzug mit den Kollegen von Ferrari als Italiens motorsportliches Tafelsilber genannt wird –, ist der Aufstieg zur Rennsportlegende jüngeren Datums. Insbesondere die erst 1988 gestartete Superbike-WM für großvolumige Viertakt-Straßensportmaschinen, die von Ducati einschließlich dieses Jahres 2011 zum 17. Male gewonnen wurde, hat den im Vergleich zu den großen japanischen Konzernen unbedeutenden Manufakturbetrieb aus Bolognas Stadtteil Borgo Panigale zur Weltgeltung verholfen. In diese Zeit fiel die Einführung der revolutionären 916, die insbesondere auf den Einsatz in der SBK-Weltmeisterschaft hin entwickelt worden war und in den Ausbaustufen 996 und 998 (mit der spektakulären Verfolgungsszene in The Matrix Reloaded[4] samt gleichnamiger Dunkelgrün-Metallic-farbener Sonderserie , obwohl im Film die Vorgängerin 996 zum Einsatz kam) zehn Jahre lang in Produktion blieb, was im Umfeld der zwei- bis vierjährigen Produktionszyklen der Supersportler mit Wettbewerbseinsatz wohl einzigartig bleiben wird. Seit 1994 wird Ducati-DNA an dem Erfolg und dem Erbe dieser Maschine gemessen, wie es sonst nur Porsche von ihrem 911er gewohnt ist.
Um die Bedeutung der damaligen Neuerscheinung noch einmal zu vergegenwärtigen, hat unlängst im Vorfeld der 1199-Premiere Ducati News Today noch einmal einen lesenswerten Fahrbericht von 1994 [5] in Erinnerung gerufen. Und in diesem Zusammenhang ist der gleichermaßen lesenswerte Eintrag “How the 999 Nearly Killed Ducati” [6] zu empfehlen, der das bis jetzt nachwirkende Trauma in der Ducati-Mannschaft um die Nachfolge der Stil-Ikone 916 beleuchtet. Technisch wie stilistisch konservativ gestaltet, verhalf dann seit 2006 die 1098/1198 Ducati wieder in die Erfolgsspur.
Best of Breed?
Mit der 1199 Panigale will sich Ducati die Krone in der Supersportler-Kategorie erobern, die sie aufgrund des prinzipiell benachteiligten V-Twins eigentlich gar nicht beanspruchen dürfte. Aber in all ihren Leistungsparametern ist die Neuerscheinung von der Papierform her der bisherigen Benchmark BMW S1000 RR ebenbürtig, wenn nicht überlegen. Da mit den ellenlangen Insektenfühler-artigen Rückspiegeln auch eine immer von deutscher Erbsenzählerseite her kritisierter Mangel erfolgreich abgestellt sein wird, kann jetzt nur noch der fehlende Soziusplatz – wie hier im Eintrag “Überquadratisch. Praktisch. Gut? Ducatis radikale Superbike-Revolution” vom 28. Juni 2011 [2] vorhergesagt – den Sieg in der MOTORRAD-1000-Punkte-Testwertung gefährden. Wie sehr die Ducati-Mannen über die aus ihrer Sicht völlig belanglosen deutschen Eingaben in Sachen Alltagstauglichkeit gelitten haben müssen, enthüllt dieser MOTORRAD-Videoclip von Ducatis Presse-Launch anläßlich des 69. Salone Internazionale del Motociclo in Mailand vom 7. November 2011 mit dem deutsch sprechenden Marketing-Chef Diego Sgorbati, wenn er bei Minute 8:16 sagt, dass der Erfolg der 2009 vorgestellten Multistrada 1200 für sie endgültig festgestanden habe, als MOTORRAD deren Rückspiegel für tauglich befunden hätte. Sehr sympathisch, der Mann!
Überraschungen beim Superquadro-Motor
In einer professionell ausgespielten Salami-Taktik, hatte Ducati schon vor einigen Wochen die Details zu ihrem neuen Superbike-Kraftwerk enthüllt. Details und Analyse hier bei Asphalt & Rubber[7] vom 10. Oktober 2011. Wie eingangs schon erwähnt, ist es eher ungewöhnlich, das Tor zur “Innovationshölle” so weit zu öffnen, dass man sowohl ein brandneues Triebwerk als auch ein dazugehörendes Motorrad from scratch aus entwirft. Die Besonderheit der 1199 Panigale ist aber, dass Monocoque und Motor aufeinander abgestimmt sein mussten, um das angestrebte, im MotoGP-Rennsport schon eingesetzte, aber dort umstrittene und inzwischen wieder verworfene Konzept auch in der straßentauglichen Serienversion umzusetzen. Rennsportentwicklungen auf die Straße zu bringen ist Ducatis Markenkern und damit ein Quell der Anziehungskraft der Produkte, auch wenn dies mitunter Einschränkungen in der Alltagstauglichkeit bedeutet.
Einige dieser konsequent dem Rennsport entnommenen Detaillösungen ist der noch aufwendiger konstruierte Ventiltrieb, der nach wir vor von Ducati als einzigem Hersteller mit Desmodromik “zwangsgesteuert” wird, jetzt nicht mehr über Zahnriemen, sondern viel präziser über eine Zahnradkaskade getrieben wird. Dies hat wohl auch die ganz erstaunliche Erweiterung des Wartungsintervalls der Mascchine auf 24.000 Kilometer ermöglicht. In Verbindung mit der sehr großen Bohrung der überquadratischen Zylinder wird bei hoher Drehzahl der innermotorische Luftwiderstand zu einem noch limitierenderen Faktor, der durch den Einsatz einer Vakuumpumpe zur Motorinnenentlüftung bekämpft wird. Um dem Anlasser die bisherigen Qualen zu ersparen, gegen die enormen Widerstände der hochverdichtenden Brennräume anzuorgeln, wurde kurzerhand ein alter Trick aus uralten Motorradzeiten – zeitgemäß automatisiert –wieder eingesetzt: nämlich ein Dekompressionsventil für die Startphase, das einen wesentlich kleineren und leichteren Startgenerator ermöglicht.
Man sieht an diesen Beispielen, wie befreiend es sein kann, nach Jahrzehnten der kontinuierlichen Evolution (die bisherigen Triebwerke basieren auf dem 500-ccm-V-Twin der Pantah aus dem Jahre 1979) einen disruptiven Schritt nach vorn zu wagen. In der Tat, geblieben ist motorseitig nur das Grundlayout des bei Ducati “L-Twin” genannten 90°-V2, der aber zur Kompaktifizierung der Massen und des Radstands um weitere 6° aus der Horizontale rücken musste und die schon erwähnte markentypische Desmodromik als Alleinstellungsmerkmal, deren technische Komplikation allerdings witklich Vorteile gegenüber den konventionell federgetriebenen Ventilrückstell-Kinematiken konventioneller Lösungen der Wettbewerber bringt.
Im Ducati-Portfolio spielt der Superquadro momentan noch eine Solistenrolle. Eine auf 849 oder 749 ccm reduzierte Superquadro-Variante für eine “kleine” Panigale-Schwester für 2013 liegt in der Logik der bisherigen Baureihen, aber ein Einsatz in den weiteren Modellen würde das bisher so charakteristische Erscheinungsbild der Ducatis mit ihren typischen Trellis-Stahlrohrrahmen als einem bisher ebenfalls markentypischen Alleinstellungsmerkmal endgültig killen.
Monocoque-Chassis
Hier gibt es wenige Überraschungen. Auf Basis der in der MotoGP schon eingesetzten Technik und der in [2] schon erwähnten Patentanmeldung war es eher die Materialfrage (Aluminiumguss), die für das Monocoque noch offen stand, das gleichzeitig als Airbox dient.
"Double-use:" Die piekfeine Airbox, die eigentlich das Monocoque ist. Foto: Ducati
Die Ironie und wirklich peinlicher Marketing-Fail an dieser radikal rennsportlichen Architektur ist, dass die Rennsportabteilung Ducati Corse in der MotoGP von dieser Lösung unter ihren verzweifelnden Top-Fahrer Valentino Rossi justament mit Markteinführung der 11999 davon Abstand nimmt und zu einer vollkommen konventionellen “japanischen” Alu-Brückenrahmen-Konstruktion zurückrudert.
Für die Fahrbarkeit der 1199 Panigale muss das erst mal gar nichts heißen, da die Monocoque-Materialien einerseits Aluguss ist beim MotoGP-Prototypen eine sehr schwer zu berechnende und bekannter- und eigentlich auch gewolltermaßen unflexible Leichtbaulösung ist und andererseits normalsterbliche Fahrer einer Straßenmachine nie auch nur in die fahrdynamischen Grenzsphären eines Valentino Rossi vorstoßen werden, an denen das Layout scheitert. Allerdings läge es in der Logik der Entwicklung, dass eine spätere 1199 Panigale “R” als SBK-Homologationsreihe ebenfalls ein solches Kohlefaser-Monocoque erhielte. Ducati hat jetzt noch eine komplette Saison Zeit, darüber nachzudenken, da ein Einsatz der 1199 Panigale ein der Superbike-WM erst für 2013 vorgesehen ist.
Mechatronisches Zauberwerk
Durch die kompetente und umfassende Elektronikaufrüstung der 2009 bzw. 2010 eingeführten Modelle Multistrada 1200 und Diavel waren Wettbewerber wie potentielle Kunden des neuen Ducati-Supersportlers eigentlich vorgewarnt. Doch das Elektronikfeuerwerk, das jetzt von der Panigale schon in der Standard-Ausführung abgebrannt wird, hätte auch ich persönlich nicht erwartet.
Es gibt nichts, was die bisherige Benchmark BMW S1000 RR nicht ebenfalls an Bord hätte, die als kompletter Neueinsteiger in das Supersportler-Segment allerdings auch eine Bringschuld zu tragen hatte. Und sogar ein wenig mehr, wenn ich jetzt alles richtig zusammentrage: DDM (Ducati Riding Modes Race,Sport und Wet), ABS, in der 1199 S DES (Ducati Electronic Suspension), DTC (Ducati Traction Control), DQS (Ducati Quickshifter System, also: Schaltautomat), EBC (Engine Break System, ungefähr: Motorschleppmomentkontrolle), RbW (Ride-by-Wire, also: komplett elektronischer Gaszug), DDA+ (GPS-unterstützter Ducati Data Analyzer, also: Fahraufzeichnung- und wertung), adaptive Instrumentenanzeige durch hochauflösendes TFT-Display und ein für Motorräder weltexklusives LED-Fahrtlicht in der S-Version. Darüberhinaus ist der 1199 für einige Zeit exklusiver Einsatz von Brembos Monobloc M50-Vorderradbremsen sowie das Aufziehen des Diablo Supercorsa SP in einer speziellen Hinterraddimension von 200/55 x ZR17 auf natürlich speziellen Marchesini-Felgen vorbehalten. Ach, auch die Ducati-typisch rasselnde Trockenkupplung wurde zugunsten einer konventionellen im Ölbad laufenden Anti-Hopping-Lösung ersetzt.
Also, das ist schon ein ziemliches Komplettpaket, das vorkonfiguriert in den drei übergeordneten Fahrmodi daherkommt, wenn man sich nicht in den Millionen von individuellen Einstellmöglichkeiten vertiefen möchte. Als typisch deutscher Beobachter erscheint mir allerdings der Einsatz des supersportlich-leichten ABS-Systems von besonderer Bedeutung. Denn auch auf einem Supermotorrad ist der Fahrer vor affektiven Schreckbremsungen mit garantiertem Vorderradblock nicht gefeit.
Beauty Queen?
Wie es in dem DNT-Beitrag “How the 999 Nearly Killed Ducati”[6] so schön heißt, ist der Anspruch an Ducatis Königsklasse auch immer, die Schönheitskönigin in der Klasse zu stellen:
Nevertheless whilst the 916 through 998 range was the most attractive sportsbike on the market at the time, the arrival of the 999 passed the mantle of most beautiful to the very stylish Yamaha R1. Sacrilege!!
Da bin ich wie eine wachsende Anzahl von Bewundern der Arbeit Pierre Terreblanches an der 999/749 allerdings schon immer anderer Ansicht gewesen, wobei ich ein wenig daran zweifle, ob es wirklich gutes Karma einbringt, das Design eines Supersportlers am Vorbild der New York Central Commodore Vanderbuilt Stromlinien-Lokomotive aus den 1920ern [8] auszurichten.
Mit der Ducati 1199 Panigale ist Ducati sogar ein größerer und disruptiverer Design-Meilenstein gelungen, denn wie oben beschrieben führte das radikale Techniklayout zu einer Vielzahl neuer teils zwingender Gestaltungslösungen. Das agressive Doppelscheinwerfer-Antlitz der 916 sowie der 1098 wurden wieder aufgenommen und stellen inzwischen eine fast markentypische signature dar, wie sie auch in der Multistrada 1200 zum Einsatz kommt. Die LED-Tagleuchten verstärken den aggressiv-animalischen Look noch in Verbindung mit den aufgeblähten Nüstern der jetzt direkt mit den Leuchten verbundenen Lufteinlässen.
Die nach dem 999-Zwischenspiel wieder eingeführte Einarmschwinge läßt aus von der rechten Fahrzeugseite ein fast frei schwebendes Rahmenheck zu, das durch die für die Massenkonzentration günstige Verlegung der Schalldämpfer unter den Motor allerdings komplett neu gestaltet werden musste. Die Grafik der LED-Rücklichter zeichnet gewissermaßen den Phantomschmerz der jetzt fehlenden Underseat-Auspuffenden nach. Im Übergang zum Motor-Monocoque unter dem Fahrersitz erscheint mir allerdings die Verbindung aus der Perspektive von schräg vorn zu fragil zu sein. Das ganze Motorrad erhält dadurch etwas Kopffüßlerisches – was durch die Insektenfühler von Rückspiegeln nicht gemindert wird.
In der direkten Seitenansicht erscheinen mir die zwei übereinander liegenden horizontalen Trennlinien zwischen Tank und Verkleidung einerseits und der durch den großen Entlüftungsschlitzes eher unelegant. Ein Zeichen dafür, dass hier die Formgebung nicht effektiv ästhetisch gelungen ist, ist für mich, dass – ganz Ducati-untypisch – die in Sonderkriegsbemalung (Abbildungen oben) lackierte 1199 Panigale S Tricolore wesentlich attraktiver als die unifarbenen Schwestern rüberkommt. Dafür ist das Tricolore-Design allerdings besonders rassig, schön und begehrenswert. Und da stehe ich nicht allein:
Ducati’s newly-unveiled 1199 Panigale Superbike has been awarded the title “Most Beautiful Bike of Show” at the EICMA 69th International Motorcycle Show in Milan, Italy. Over 13,800 passionate show visitors participated in the voting organised by Italian motorcycle publication, Motociclismo, with the stunning new Ducati 1199 Panigale attracting a massive 53.4% of votes, followed by the MV Agusta F3 with 17% and the Husqvarna Nuda 900R with 3%. [9]
Es sollte für Ducati der Höhepunkt der 150-Jahr-Feiern der Republik Italien darstellen. Die Präsentation der Ducati 1199 Panigale ging nun ausgerechnet mit Italiens schwärzester Stunde in der Euro-Schuldenkrise einher, die der stolzen Nation fremde Finanzaufseher und ein neue Not-Regierung bescherte. Wie erfolgreich Italien wirklich sein könnte und wie Italien sich selbst wahrgenommen fühlen möchte, wird in diesem ästhetisch wie technischen Meilenstein von Motorrad deutlich. So ist die 1199 Panigale nicht nur “Exorzistin” der Ducati-eigenen Traumas von der bisher missglückten Emanzipation von der Ikone 916, sondern auch Ausdruck einer Absetzbewegung von bisherigen “italienischen Krankheit”, unter der Ducati in den 1990er Jahren noch selber allzu sehr betroffen gewesen ist.
Wem das zu weit her geholt ist dem sei das “Checkmate”-Werbevideo ans Herz gelegt, an dem am Ende nicht umsonst der schwarze König von der roten Beauty Queen von zur Strecke gebracht wird:
"Experimentalraumschiff PHOENIX" oder wie ich sie heute nenne: "Der irre Ständer". Vor 31 Jahren beim ersten WeltCon in Mannheim habe ich diese RZ weniger als phallographisches Manifest denn als eine Fingerübung in Rasterfolien-Semimanifestation verstanden. Dank an Oliver Scholl!
PERRY RHODAN ist im Gegensatz zu Star Trek oder Star Wars ein vorrangig literarisch geprägtes Science-Fiction-Universum. Dennoch durchzieht den graphischen Auftritt des Perryversums ein einzigartiges “Look & Feel”, welches auch dem Uneingeweihten signalisiert, hier nicht irgendeiner beliebigen, sondern der “größten SF-Serie” zu begegnen.
Welche sind aber diese prägenden Bausteine einer “visuellen DNA” des PERRY RHODAN-Universums? Wie haben sie sich über fünfzig Jahre hinweg herausgebildet? Werden sie Bestand haben? Sind es die typischen Kugelraumer, die schnittigen Space-Jets oder die multifunktionalen Shifts? Sind es der Mausbiber Gucky, die weißblonden Mähnen der Arkoniden oder ein doppelköpfiger Zünder-Mutant? Ist es das langjährige Wirken Johnny Brucks, im Verbund mit den einzigartigen Werken der ersten Risszeichnergeneration um Rudolf Zengerle, Ingolf Thaler und Bernhard Stoessel oder haben erst ihre Nachfolger diese Gestaltungsprinzipien verstanden, verstetigt und fortentwickelt?
Das Phänomen der “Risszeichnung” in der PERRY-RHODAN-Serie ist unter den besonderen Bedingungen des Ökosystems “Heftromanserie” in den 60er Jahren zur Blüte gekommen. Die PR-Risszeichnungen sind einzigartig fanatstischen Genre selbst und sind eines der herausragenden Alleinstellungsmerkmale der Serie selbst geworden. Auch wenn “spekulative Technikillustrationen” im Rahmen populärwissenschaftlicher Magazine immer auch eine techno-utopische Aussage beinhalteten, war es die einzigartige institutionelle Einbettung der Risszeichnungen als einem die Handlungswelt vertiefenden und beglaubigenden Romanheft-Extra, das sich über die PERRY RHODAN-Serie hinaus als eine eigenständiges ästhetisches Illustrationsgenre emanzipiert hat. Erst heute im Zeitalter der bildmächtigen globalisierten SF-Imperien gibt es Vergleichbares – und teilweise Besseres – in anderen SF-Welten zu bewundern. Was kann die Risszeichnung heute noch für die PERRY RHODAN-Serie leisten?
Auf Einladung von Klaus N. Frick moderiere ich am Samstagnachmittag, 1. Oktober 2011, 16 Uhr die Veranstaltung Space Design – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum[1] im Musensaal des Kongresszentrums Rosengarten in Mannheim.
Auf dem Podium sind PERRY RHODAN-Autor und nebenberuflich offizieller “Risszeichnerversteher” Hubert Haensel [2], Lars Bublitz[3] als Vertreter der aktuellen 3D-Risszeichner-Generation sowie Oliver Scholl [4], der vor über 30 Jahren mit dem Risszeichnen begann und heute als Production Designer für große Hollywood-Produktionen arbeitet – aber auch weiterhin für PERRY RHODAN Titelillustrationen verfertigt.
PHUTURAMA-Überraschungsgast ist Jürgen Rudig [5], der die Gelegenheit des WeltCons 2011 zum Anlass genommen hat, nach beinahe drei Jahrzehnten wieder Kontakt zum Perryversum aufzunehmen. Nachdem er vor einigen Wochen hier im Interview auf PHUTURAMA [6] einiges zum Werdegang des umstrittenen Abfangjäger der neuen “Redhorse”-Baureihe verraten hat, werde ich ihn am Samstag fragen, wie er als Nicht-PR-Fan überhaupt zum Risszeichnen gekommen ist.
Ich bin froh, dass das Thema Risszeichnungen damit wieder auf einer WeltCon-Agenda prominent vertreten ist; der schon anfang des Jahres von Klaus Frick gewählte Titel “Space Design” zeigt, dass ursprünglich auch ein weiter gefasstes Motto angedacht worden sein könnte.
Immerhin können so doch einige Risszeichner mehr die WeltCon-Bühne entern, aber eben nicht alle in Mannheim am Wochenende anwesenden Risszeichner. Da bin ich doch froh, dass ich mit Ausnahme ‘meines’ PHUTURAMA-Überraschungsgastes Jürgen Rudig die Auswahl nicht treffen musste.