“Alles nur ein Spaß?” – 30 Jahre Redhorse-Jäger. Ein Interview mit Jürgen Rudig

Die beste RZ aller Zeiten? Terranische Raumschiffe: Abfangjäger der neuen "Redhorse"-Baureihe, Rudig 1981; Source: PR I, Band 1059 Fels der Einsamkeit

Als ich mir im Spätherbst 1981 an einem üblichen Dienstagmorgen vor Schulbeginn PERRY RHODAN 1. Auflage Band 1059 Fels der Einsamkeit am Kiosk kaufte, war ich wie alle vier Wochen insbesondere auf die neue Risszeichnung gespannt. Noch vor Ort schlug ich mit klopfenden Herzen die Heftmitte auf – und sofort wieder zu! Mein Leben war von diesem Augenblick an ein anderes. Noch nie in meinem Leben hatte ich etwas Seltsameres und Fremdartigeres gesehen als Jürgen Rudigs Abfangjäger der neuen “Redhorse”-Baureihe.

Zu dieser Zeit hatte ich schon erste Veröffentlichungen meiner eigenen Risszeichnungen als “Leser-RZ” erlebt, aber mir wurde in diesem Moment schlagartig klar, dass ich meinen Zeichenstil komplett umstellen müsste, um wirklich die Risszeichnungen anzufertigen, die ich mir bis dahin aber nur vage vorzustellen gewagt hatte.

Das ist jetzt beinahe 30 Jahre her, und im Zuge der Wiederbelebung dieses Blogs und des bevorstehenden WeltCons in Mannheim zum 50-jährigen Jubiläum der PERRY RHODAN-Serie, hielt ich es für eine gute Idee, Kontakt mit Jürgen Rudig zu suchen, um ihn selber zu fragen, wie er das damals erlebt hat.

Wir haben kurz miteinander telefoniert und dann das folgende Interview per E-Mail geführt.

Jürgen Rudig ist Jahrgang 1958, verheiratet, hat zwei halbwegs erwachsene Kinder, ist seit fast 30 Jahren im öffentlichen Dienst, inzwischen Schulleiter einer weiterführenden Schule irgendwo im Hinterland von Aachen. Er hatte seit vielen Jahren kaum noch Kontakt mit PERRY RHODAN und dem SF-Fandom; um so mehr freut es mich, dass er hier Rede und Auskunft stand.

Wie kam es zum “Redhorse-Jäger” – einer Risszeichnung, die auch im Vergleich zu Deinen vorhergehenden Veröffentlichungen heraussticht?

Vor über 30 Jahren stand ich mitten im Studium in Aachen – Kunst und Deutsch –  und wollte eventuell Lehrer werden. Mittelprächtig begabt, hatte ich neben dem Studium schon etliches verkaufen können und verdiente für einen Burschen von Anfang Zwanzig gar nicht mal schlecht damit: Ölportraits nach Vorlage, Buchillustrationen für kleine regionale Verlage, Raumabwicklungen für Architekten, und – ja, klar –natürlich diese Risszeichnungen. Wie ich dazu kam, ein andermal. Es soll hier und heute ja vornehmlich um diesen vermaledeiten “Redhorse-Jäger” gehen, der wohl einigen Staub aufgewirbelt hat und mehr oder weniger das Ende meiner kurzen „Karriere“ als Risszeichner einläutete.

Der “Redhorse-Jäger” war ja eine typische freie Arbeit, die mit dem “Perryversum” nur über die Namensgebung verbunden war, aber sie war nicht im luftleeren Raum entstanden?

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass ich das Ding bei Jim Burns abgekupfert haben soll – oder zumindest davon motiviert gewesen wäre. Da ist sogar ein bisschen was dran, obwohl ich beim Zeichnen dieses Jägers – soweit ich das in der Erinnerung noch zusammenbekomme –  schwer unter dem Eindruck von einer anderen illustren Größe der damaligen Zeit stand: Möbius.

Brian Lewis' "Gaussi-Jäger" aus MECHANISMO. Die RZs darin (es gibt noch eine des Robots im Vordergrund) sind über Chris Burns' Bilder gedubbt. Source: RZJ und Sky-Ffy

Das nehme ich Dir sofort ab. Die beiden verdutzten Piloten vorm Jäger könnten direkt aus Der hermetischen Garage gesprungen sein!

Über die ersten Hefte von Metal Hurlant – “Schwermetall” – stolperte ich beim Stöbern im Katalog des Volksverlages, das muss 1979 gewesen sein. Die Möbius-Storys haben mich umgehauen – so locker, so dermaßen gekonnt, erkennbar mit einem Filzer hingeworfen … In einer Rezension las ich dann, dass Möbius angeblich einfach drauflos zeichne, ohne konkreten Plan, ohne Vorzeichnung, eben einfach mit dem Filzer. Das wollte ich unbedingt auch versuchen, mit eigenen Comics, aber eben auch mit Risszeichnungen. Ich malte und zeichnete zu der Zeit sowieso sehr viel, probierte nun auch in dieser Richtung herum, entwarf großformatige Arbeiten – halb Comic, halb Risszeichnung –, kombinierte die Rotring-Feder mit dem Edding 3000. Die Ergebnisse waren eher zwiespältig und liegen zum Teil heute noch in meiner Sammlung vergraben.

Das ist eine gute Nachricht!

Ich nicht weiß, warum es eine gute Nachricht sei soll, dass ich noch alte RZs irgendwo vergraben habe. Ist es gut, dass die noch da sind? Oder ist es gut, dass sie so tief vergraben sind?

Spaß beiseite – ungefähr zur gleichen Zeit war ich dann mal wieder zu Besuch bei Willi Voltz zu Hause, um eine eher übliche Risszeichnung – ich weiß nicht mehr welche – abzuliefern, sauber eingerollt in eine Papprolle und fast 300 Kilometer im klapprigen Käfer meiner Freundin transportiert. Willi Voltz fand die RZ prima und nahm sie sofort, und dann schenkte er mir etwas: Die beiden Bände Mechanismo und Planeten Story – beide Bücher habe ich heute noch.

Ich will nicht abstreiten, dass Jim Burns auf mich Eindruck machte (wie gesagt: ein bisschen was mag dran sein, dass der Gaussi-Jäger meinen “Redhorse” beeinflusste), aber  – großes Aber!  – siehe oben: Zu dem Zeitpunkt waren meine Ideen von halbschrottigen Raumschiffen, die von skurrilen Typen mehr improvisiert als geflogen wurden, von Raumfahrzeugen, denen man einen harten Arbeitsalltag ansah und die mit lockerer Hand eher hingeworfen als durchkonstruiert schienen, schon sehr weit gediehen.

OK, aber eine Risszeichnung ist zuerst einmal keine Comic-Illustration. Gewisse “Freiheiten” hattest Du Dir in Deinen Arbeiten bis dahin immer herausgenommen, aber eben auch durch Deine handwerklichen Qualitäten z. B. beim Setzen von Schraffuren so geschickt kaschiert, dass der Eindruck der technischen “Blaupause” immer erhalten geblieben ist. Beim “Redhorse-Jäger” hatte ich den Eindruck, dass Du uns sagen wolltest: “Das mache ich jetzt extra schief und absurd!” Damit keiner mehr auf die Idee kommt, das Ding könnte es wirklich mal geben.

Ich war den von mir zumindest so empfundenen Bierernst der Szene um die Rhodan-Serie eigentlich satt. Als begeisterter, kritischer Leser von Lem, den Strugatzkis u. a. hatte ich den Hype (so würde man heute wohl sagen) um diese Weltraumserie sowieso nie ganz begriffen. Auch wollte ich eigentlich weg von der ganzen Matrosen-Ästhetik mit “Decks”, “Geschützpforten”, “Kommandoständen”, “Außenschotts”  etc. Ich war immer der Meinung, Raumschiffe – und die Typen, die sie fliegen – sehen in zweitausend Jahren ganz anders aus als für uns vorstellbar. Raumschiff Orion mit seiner ganz eigenen Ästhetik imponierte mir z. B. viel mehr als der ganze Star Wars-Kram.

Also, langer Rede kurzer Sinn: Es musste mal was Spaßiges, was Anderes her, und zudem lebte ich in dem Gottvertrauen darauf, dass man mir auch “so was” im wahrsten Sinne des Wortes abkaufen würde, vielleicht sogar Verständnis dafür hätte, mich unterstützen würde …  Ansonsten konnte ich ja noch genug alte Omas und Kommunionskinder in Öl produzieren.

Interessant, dass Du doch deutlich in Distanz zu PERRY RHODAN gehst – gerade, wenn man Deine urtypisch “rhodanesken” Arbeiten Shift und Korvette (Neukonstruktion) aus den PR-Sonderheften betrachtet.

Ich hatte meinen Adlatus Ralf, einem Freund aus der Abi-Zeit, der mir als verschworener Rhodan-Freak von Anfang an immer gerne die notwendigen Daten lieferte. So  entwarf ich also an einem Nachmittag den “Redhorse- Jäger” (und ich meine ehrlich, ich hatte da den Gaussi- Jäger zumindest bewusst schon wieder vergessen oder verdrängt). Hatte ich bisher immer sorgfältig tagelang mit Bleistift vorgezeichnet und dann Stück um Stück mit Rotring nachgearbeitet, so warf ich jetzt nur die Perspektive und ungefähre Abmessungen Freihand mit Bleistift aufs A2-Papier, um dann sofort mit Rotring und Edding loszulegen. Wobei diese Kombination im Original nie besonders gut aussah, denn der Rotring trocknete tiefschwarz, der Edding eher matt und gräulich.

Schade, dass bei dieser “integrativen” Zeichentechnik im Gegensatz zur “klassischen” Methode mit dem Abtuschen auf Transparentpapier die oft sehr ausdrucksstarke Bleistiftvorzeichnung vernichtet wird.

Nun, wie dem auch sei: das Ding wurde sehr schnell fertig, sah im Original ulkig und gar nicht mal schlecht aus. Und Ralf konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, noch mehr Blödsinn einzubauen. Er prophezeite mir weise vorausschauend, ein schlimmes (Risszeichner)-Ende. Aber ich war nicht mehr zu halten: Das Ding musste auf den Postweg, mal gucken wie der Verlag reagiert … Ich könnte ja auch gerne wieder, falls gewünscht, was “Normales” zeichnen, dachte ich ganz naiv damals.

Als ob Deine anderen RZs jemals “normal” gewesen wären …

Tja, das “Ding” wurde dann tatsächlich also gedruckt, ohne vorher mal nachzufragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte, oder ohne das “Ding” einfach kommentarlos zurückzuschicken mit der freundlichen Bitte, mich erst mal gründlich auszuschlafen und dann noch mal anzurufen … Ich hätte es verstanden. Den Mut des nun Verantwortlichen in der Redaktion – ich habe heute keine Ahnung mehr wer das war – bewundere ich ehrlich, die “etablierten” Rhodan- Leser mit dieser “ernstgemeinten Spaßnummer” von einem Raumvogel zu düpieren. Immerhin war ich bis dahin nur im PERRY RHODAN-Magazin gedruckt worden.

Also meines Wissens war Willi Voltz doch zu dieser Zeit der dafür Verantwortliche. Ich kann mich an ein Risszeichnertreffen im Oktober 1982 bei Willi in Heusenstamm erinnern – für mich damals ein Ritterschlag, dabei sein zu dürfen – , bei dem Du auch gewesen bist und noch faszinierendere Arbeiten präsentiert hast.

Aber neben diesem Gag und all dem Spaß, den Ralf und ich damit hatten, bleibt für mich bis heute der durchaus ernst zu nehmende Hintergrund und Anlass für diese Zeichnung, das eigentliche Unvermögen, sich wirklich vorzustellen, wie solche Fahrzeuge in ein- oder zweitausend Jahren aussehen und funktionieren mögen. Wer sich einen Raumjäger als perfektionierten Düsenjäger vorstellt und einen Raumkreuzer als Weltkriegsschlachtschiff mit Laserkanonen und großen Heckflossen, begeht m. E. den gleichen Fehler wie die phantastischen Autoren des 18.  bzw. 19.Jahrhunderts, die auch nur ihre Kenntnisse von Technik lediglich in die Zukunft umsetzten. Wobei Jules Verne der Sache noch am nächsten kam, aber letztlich ja auch der Ästhetik seiner Zeit verhaftet blieb.

In diese Kerbe haut auch das Leitmotiv dieses Blogs: “Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.” (Arthur C. Clarke)

Aber andere – und vielleicht bessere – Risszeichner als ich erkannten das ja auch, setzen diesen Gedanken aber vielleicht etwas “sozialverträglicher” (sprich “serienverträglicher”) um.

Jedenfalls war meine kurze Karriere als “Shooting-Star” der RZ-Szene (vom “technisch und zeichnerisch höchst begabten Leser”, siehe PERRY RHODAN-Sonderheft Nr.1, hin zum Sündenfall der Szene mit anschließendem “Rauswurf”) damit im Großen und Ganzen beendet. Eine Zeichnung konnte ich noch – ohne großen Erfolg offensichtlich – unterbringen (Raumschiff der Namenlosen, PR 1123); der RZ-Zeichnerclub reagierte, soweit ich mich erinnere, gar nicht mehr auf mich bzw. ließ mich ab da links liegen … Dann war’s das für mich wohl gewesen mit PERRY RHODAN.

Ich kann nicht bestätigen, dass Du wegen des “Redhorse-Jägers” auf eine schwarze Liste gekommen wärest. Im übrigen war der der Konsens schon ab Mitte 1983, dass diese RZ ein wichtiger Meilenstein für das Genre gewesen ist – vielleicht vegleichbar mit dem Punk-Klassiker Never Mind the Bollocks der Sex Pistols.

Viel mehr bleibt nicht zu sagen – dass der gute alte “Redhorse-Jäger” offensichtlich eine sehr kontrovers geführte Diskussion auslöste, finde ich im Nachhinein – ich erfuhr erst Jahre später zufällig davon, als mich das alles längst nicht mehr interessierte   – eigentlich gar nicht schlecht.

Irgendwann in diese Zeitspanne fiel – soweit ich es erinnere – der für mich und wohl auch viele andere unerwartete und sehr bedauerliche Tod meines Mentors Willi Voltz. Er war ein sehr sympathischer, zurückhaltender und intelligenter Mann, den ich damals sehr mochte und bewunderte.

Aber zu dem Zeitpunkt lockten schon ganz andere Aufträge und – im wahrsten Sinne – neue “Perspektiven”.

“C wie Zersetzung.” Chaos Communication Camp 2011: Der lange Tag 5

"Nichts ist, wie es scheint." Wieviel Transparenz verträgt die Wahrheit und wem nutzt das? Source: gallery.rasda.de "AllColoursAreBeautiful"

Warum zieht es Institutionen, Parteien oder auch nur Primärkontaktgruppen (sog. Familien) regelmäßig im Sommer aufs Feld zum Camping? Sommerlager der Falken, der Wiking-Jugend, der Pfadfinder oder – in ungewöhnlich einträchtiger niederländisch-deutscher Abstimmung – alle zwei Jahre die Camps der internationalen Hacker Community? Es geht im wahrsten Sinne um Kampagnenfähigkeit – um Mobilisierung, Dislozierung und Power Projection: Was wir können, was wir machen, was wir sind, das können wir unter ganz anderen schwierigeren Bedingungen ebenso leisten, beweisen, darstellen.  Seht her! Wenn wir das schon auf dem Acker hinkriegen, dann denkt mal drüber nach, wie wir unter normalen Umständen  performen!

Kampagnenfähigkeit benötigt Disruption – den Ausstieg aus dem Alltag. Quer gegen alle normalen Arbeitsteilungen und Hierarchien werden in einer solchen disruptiven Kampagne neue Teamkonstellationen zusammen gewürfelt, wie sie sich sonst nicht ergeben würden.  Auf einmal finden sich die Leute mit LKW-Führerschein zusammen, die Hobbyköche machen gemeinsame Volxküche, die Macher trennen sich von den Trägern  – ob von Bedenken oder Verantwortung. Das wird beim Chaos Computer Club und seinen Erfa-Franchisenehmern nicht anders sein. Ein bestimmt auch noch einmal von den jährlichen Chaos Communication Congress-Crews unterschiedenes Team geht an diese seit 1999 alle vier Jahre statt findende Sommerveranstaltung heran, opfert Zeit, Energie, Urlaub, um unvergessliche Momente zu schaffen. [1]

Nur der Vorstand des Chaos Computer Clubs, der in Hamburg eingetragenen Dachorganisation, scheint nicht so stark in die Arbeit vor Ort eingebunden gewesen zu sein, als dass er nicht diesen Freiraum ohne Not zu Nutzen gewusst hätte, der interessierten Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu bringen, dass er existiert und damit das CCCamp 2011 mit einem ganz besonderen Finale zu bereichern. Vorstand, aber Nicht-mehr-Sprecher Andy Müller-Maguhn hatte in der wohl ungewöhnlich rasch auf die aktuelle Entwicklungen vom Mittwoch reagierende klassische Printausgabe des “ehemaligen Nachrichtenmagazins” (in chaosnahen Kreisen oft gehörtes Synonym für Der Spiegel) ein Interview gegeben, von dem später auf SpOn dann nur schwerumwölkte, aber für die CCC-Vorstandskollegen wohl richtungsgebende Auszüge veröffentlicht wurden. [2]

Ich kann über die Wikileaks- vs. OpenLeaks-Debatte und den den beteiligten Protagonisten zustehenden jeweils größeren Misskredit nicht spekulieren, aber die dann durch eine Pressemitteilung des CCC (“Finowfurt, den 13.08.2011”) kommunizierte (dem Vernehmen nach “einstimmige”, d. h. nicht “einmütige”) Entscheidung über den Ausschluss des OpenLeaks-Frontmenschen Daniel Domscheit-Berg, ist mehr als nur “unsouverän” (so Frank Rieger, der als “Sprecher” zusammen mit Constanze Kurz in den letzten Jahren stark das Bild des CCC als einer diskursbestimmenden zivilgesellschaftlich integrierenden überparteilichen Kraft geprägt hat). [3]

Was bisher geschah, lest ihr am besten hier:

  • Linus Neumann: Kommentar: Vorstand schmeißt Daniel Domscheit-Berg aus dem CCC [4]
  • Philip Banse: Eitler Hahnenkampf beim CCC – Chaos Computer-Club wirft Domscheit-Berg raus [5]

Ich kann Philip Banse nur zustimmen, da ich den Auftritt Domscheit-Bergs per Stream mitbekommen habe, und er definitiv dort nichts von einem irgendwie “CCC-zertifizierten Projekt” erzählt hatte. Ich hatte seine Ankündigung zur testweisen Öffnung der OpenLeaks-Plattform sogar eher als Zugeständnis an die Community denn als Einvernahme zu Marketing-Zwecken verstanden, die endlich einmal was Belastbares von diesem bisher stets nur angekündigten Ding sehen wollte. Sie haben dann ja auch den Testbetrieb nicht in der Weise zum Laufen bekommen.

Und darüberhinaus halte ich das ganze Projekt OpenLeaks für einen totalen technik-euphemistischen Pseudo-Lösung für ein Problem, das auf ganz anderer Ebene gelöst werden muss. Tosten Kleinz hat hierzu in seinem Notizblog zumindest mal für mich klargezogen, was bisher im “Hahnenkampf” viel zu kurz gekommen ist:

“Die Produktion neutraler brauner Umschläge wurde nicht eingestellt. Wenn ihr etwas habt, das unbedingt an die Öffentlichkeit sollte: packt es in einen solchem Umschlag und schickt es einem Journalisten oder einer NGO, der ihr vertraut. Wenn ihr paranoid seid, zieht Handschuhe an und hinterlasst keine Speichelspuren auf der Briefmarke.” [6]

Wichtiger ist aber am unsolidarischen und unklugen Vorstandsbeschluss des CCC, der im übrigen bei den großen Zweifeln an der Seriosität von OL  zuerst einmal den Vortrag von Domscheit-Berg im offiziellen CCCamp-Programm hätte skippen lassen können, was Peter Glaser dann so luzide imaginativ zusammen gefasst hat:

“Wenn ich bei einem Geheimdienst wäre, würd ich mich heute still lächelnd vors Kaminfeuer setzen und mir die Hände reiben.” [7]

Die Zersetzung oppositioneller Kräfte ist ja wohl das effektivste Mittel, über das die geheimen Dienste verfügen, da die Macht des Mobbings inherent in allen zwischenmenschlichen Bereichen, aber besonders unter so herausragenden und engagierten Inidividuen und Diven virulent ist. Gerade der sonst so auf alles und jeden im Fnord-Jahresrückblick herabschauende CCC hätte in seinen Vorstandsbeschluss unter diesen Auspizien betrachten müssen – egal, ob hier reale Zersetzung vorliegt oder man nur Paranoia schiebt.

Apropos Paranoia: Ich finde es ja einen großartigen hacktivistischen Akt von Social Engineering, dass es Daniel Domscheit-Berg gelungen ist, alle Welt (und vielleicht auch die “Granden” des CCC) Glauben zu machen, er hätte anstelle eines einzelnen Gebrauchtrechners ein hocheffektiv verteiltes Servernetzwerk mit den Wikileaksdaten angelegt. Wenn er das im Angesicht der Gegner, denen WL die Hosen runter gezogen hat, ernsthaft vom Glaubwürdigkeits-Konto abbucht, der sollte wirklich weiter mit Förmchen in der Sandbox spielen.

Zu guter Letzt hat sich der CCC als “galaktische  Gemeinschaft von Datenreisenden” mit seinem über 30 Jahre erlangten souveränen Status, der es ihm zunehmend erlaubte, das politische Establishment in immer stärkeren Maße vor sich her zu treiben und permanent zu demütigen, einen bemerkenswerten Wiedereintritt in die Sphären des Irdischen und Unterirdischen geleistet. Das wird uns allen schaden.; in vier Jahren wird es aber wieder ein Chaos Communication Camp geben.

UPDATE: Vielleicht aufgrund der aufreizenden Headline dieses Posts ging der RBB mit seiner TRACKBACK-Redaktion steil und hat mich am Samstag, den 20. August 2011 in der Live-Sendung kurz telefonisch verhört. [8]

[1] soup.io: Aggregiertes #CCCamp11 in schönen Bildern
[2] SpOn: Chaos Computer Club: Hacker distanzieren sich von OpenLeaks
[3] @frank_rieger
[4] Netzpolitik.org: Kommentar: Vorstand schmeißt Daniel Domscheit-Berg aus dem CCC
[5] Deutschlandradio Kultur: Eitler Hahnenkampf beim CCC – Chaos Computer-Club wirft Domscheit-Berg raus
[6] notizblog: Das Verdienst von Wikileaks
[7] @peterglaser
[8] TRACKBACK-Podacst TRB 243 von Radio Fritz. Mein Kurzeinsatz bei Minute 10.16

Das Foto oben von der “AllColoursAreBeautiful”-Installation auf dem CCCAmp2011 wurde PHUTURAMA freundlicherweise von rasda zur Verfügung gestellt: http://gallery.rasda.de/v/cccamp11/

“Space flight is dirty.” Chaos Communication Camp 2011: Tag 4

Raumfahrtprogramm selbstgestrickt? Baikounur City #2, International School of Space, Kazakhstan, 2011 von Vincent Fournier (via core 77)

Das Chaos Communication Camp wird diese Nacht Samstag auf Sonntag den “Re-entry to Normality” einleiten, denn es ist mit all seiner bunten Fairground Attraction-Haftigkeit ein wirkliches Kind der Nacht. Die Vortragssschiene in den beiden Shelter-Hangars Baikonur und Kourou steht im Vergleich zum jährlichen Chaos Communication Congress eher im Hintergrund.

Vielleicht aus diese Sonderheit hat es sich ergeben, dass ein offensichtlich kuratierter Themenschwerpunkt “autonome Raumfahrt” das Vortragsprogramm dominiert hat. Ich habe zu wenig davon gehört, um ein fundiertes Urteil über die Vorträge mir erlauben zu können, aber aus meiner Sicht ist es erquicklicher übers CCCamp zu laufen und sich mit den vielen interessanten Menschen dort direkt zu unterhalten.

Der CCC hat von seinem Start vor dreißig Jahren an ein echtes Stein im Brett bei den Medien. Ein so spekulatives wie thematisch fragwürdiges Programm wie der “Hackers in Space”-Initiative der Auftaktveranstaltung [1] wäre anderen Institutionen zu Recht um die Ohren gehauen worden. Judith Horchert muss sich bei ihrem Beitrag für SPIEGEL Online schon ganz schön winden, um der Sache ein dem CCC gemäßen seriösen Spin zu geben. [2]

Neben Schwächen in der Vortragsperformance der gleich drei (!) Keynöter hätte solche in disruptiver Ansatz für eine raumgreifende Agenda, die zu allererst einmal das Kernkompetenzfeld der Hacker Community zu überdehnen scheint, wirklich mit allen rhetorischen und vortragstechnischen Wassern gewaschen sein sollen. Im nicht ganz unkundigen Publikum war eine merkwürdige Betretenheit zwischen Fremdschämen und einem durchaus motiervierbaren Willen zur Begeisterung zu erspüren. Der Applaus war dann auch enden wollend – und nicht das Fanal für den Beginn einer neuen Ära in der Weltraumfahrt.

Warum auch, auf den CCC-Veranstaltungen sind seit Jahren raumfahrtspezifische Themen und autonome Bastlergruppen mit Zug zum Höheren zugegen. Diese Ansätze zu bündeln, ist eine gute Idee, aber die Promoter von “Hackers in Space” sollten dann auch ihre Hausaufgaben machen. Während der an die Keynote anknüpfende kurze Q&A wurde das erste Missionsziel für 2015 – ein Hacker-eigener Kommunikationssatellit – von Teilnehmern aus der Amateurfunkszene für obsolet erklärt. Demnach können schon seit Jahren kleine Amateurfunksatelliten als Non-Payload (vulgo: Ballast zum Trimmen o. ä.) auf diversen institutionellen Missionen mitreisen.

Sich in die historische Tradition der Raketenpionieren Hermann Oberth und Wernher von Braun “einzufnorden” wie es Lars Weiler in der Keynote getan hat, ist einerseits richtig, aber die Jahre zwischen 1933 bis nach dem Krieg als “Zwangspause” zu bezeichnen, ist beinahe schon Naziverbrechensverniedlichung. Im Gegenteil, zu Zeiten des Dritten Reichs haben eine Menge Aggregat V-Raketen (aka V2) die Grenze zum Weltraum gekratzt und relevante Grundlagen der Space Transportation ermittelt – leider meistens mit tödlicher Payload für London und Umgebung.

Schlimmer noch, dass bei der industriellen Fertigung der V2 in den unterirdischen KZ-Fabriken mehr Menschen umgekommen als bei den Angriffen selbst. So was an dieser Stelle zu übergehen ist einfach tödlich – und hätte bei weniger toleranter Medienbegleitung “shitstormig” werden können auf dem sowieso schon von durchwachsenen Wetter gebeutelten CCCamp 2011.

Es ist bezeichnend, wenn ausgerechnet Johannes Grenzfurthner vom für jeden Spaß zu habenden situationistisch-austroanarchischen Künstlerunding monochrom [3] in der “Hackers in Space”-Diskussion sich als “Stimme der Vernunft” zu Wort meldet und auf die ethischen Aporien einer hacktivistischen Raumfahrtagenda hinweisen muss, da eine solche immer auch auf die militärisch geprägten Infrastrukturen von “Big Space” aufsetzen muss.

Der Einwand ist berechtigt, aber auch im IT-Kernbereich der Hacker Culture sind die Infrastrukturen militärisch-industriell kontaminiert – ohne gleich wieder die DARPA-Legende vom angeblich auf Nuklearkriegsüberlebenstauglichkeit hinentwickelten Internet Protokoll hervorzukramen. Persönlich hätte ich die ständig ansteigende  “Cyberwar”-Obsession in der Mainstream-Öffentlichkeit mal zum Schwerpunktthema fürs Chaos Communication Camp auserkoren – vielleicht mit einer Cyber-Abrüstungsinitiative des CCC und seiner internationalen Partner?

Wen das Weltraumfieber trotzdem nicht los läßt – dem seien hier noch die vielen weiteren nicht nur skurrilen, sondern vor allem faszinierenden Fotos aus Vincent Fourniers Fotozyklus SPACE PROJECT empfohlen. [4]

[1] CCCamp-Fahrplan: Hackers in Space – A Modest Proposal for the Next 23 Years
[2] SPIEGEL Online: Sommercamp des Chaos Computer Clubs – Hacker träumen von der Mondlandung
[3] PHUTURAMA: monochrom’s ISS über Berlin: Mehr Lokalisation wagen!]
[4] Flash-Portfolio-Website von Vincent Fournier

“Unter Zombie-Jets.” Chaos Communication Camp 2011: Tag 3

Friedhöfe zu Museen? Die Mikojan-Gurewitsch MiG-21 ist mit mehr als 11.000 Exemplaren eine Art 911er der Lüfte in den früheren Ostblockluftstreitkräften gewesen.

Das CCCamp2011 findet auf dem Gelände eines ehemaligen sowjetischen Luftwaffenstützpunkts in der DDR statt, das heute als Luftfahrtmuseum Finowfurt [1] auch als Open-Air-Veranstaltungsfläche genutzt wird. Angeblich wurde der Platz schon viel früher auf Grund besonders stabiler Wetterverhältnisse als Flugfeld in der Brandenburger Schorfheide ausgewählt. Das hat sich wohl geändert, wenn man das diesjährige Wetter betrachtet.

Das eigentliche Luftfahrtmuseum, insbesondere mit seinen Ausstellungsstücken im Freien, macht auf mich jedoch keinen guten Eindruck. Die demilitarisierten und auf Grund des Kriegswaffenkontrollgesetzes ihrer Triebwerke beraubten Maschinen aus DDR- und UdSSR-Beständen rotten erkennbar vor sich hin und werden Opfer von Vandalismus und Souvenierjägern. Ob es dann noch hilfreich ist, wenn eine ehemals stolze MiG-23 zur Leinwand eines unterinspirierten Pinselschwingers wird? (Ein Bild davon zeige ich hier [2] nicht.)

Allerdings wird in Finowfurt nur evident, was aus meiner Sicht die Crux vieler Technik- insbesondere Luftfahrtmuseen [3] ist, dass sie nämlich die Asche präsentieren anstatt zu zeigen, was Feuer ist. Mein Unbehagen wird auch noch von auch unter der diesjährigen CCCAmp-Agenda bestärkt, die ein hacktivistisches Raumfahrtprogramm propagiert, aber gleichzeitig zwischen verrottenden Technik-Highlights des militärisch-industriellen Ostblocks abfeiert.

Auch wenn mir klar ist, dass die Aufrechterhaltung eines Flugbetriebs dieser betagten hochkomplexen Systeme auch unter heutigen zulassungsspezifischen wie den  militärisch gegebenen Einschränkungen nicht einfach ist. Und natürlich sind diese Geräte vor allem Waffensysteme gewesen und nicht einfach nur schön anzuschauende faszinöse Flugsaurier.

Selbst die reichsten und eitelsten US-Milliardäre scheinen es nicht hinzukriegen zu privaten Zwecken interessanteres Luftgerät in Betrieb zu halten. Ich weiß nicht vom Unterhalt privater Lockheed F 104 Starfighter oder gar sowjetischen Materials wie einer MiG 21, MiG 23 oder der bis vor einigen Jahren noch bei der Luftwaffe geflogenen MiG 29. Alles, was ich sehe sind ehemalige Jet Trainer aus der Tschechoslowakischen Republik und andere Schulungsmaschinen.

Was tun? Nun gerade die robusten Maschinen sowjetischer Bauart sind in diversen Ländern dieser Welt immer noch im Einsatz – und unglücklicherweise meist nicht als Museumsflieger. Das bedeutet aber, dass es noch eine logistische Systemumgebung zum Unterhalt dieser Maschinen gibt, die für zivile luftfahrthistorische Demonstartoren unter “fliegenden Denkmalschutz” mit Unterstützung der öffentlichen Hand genutzt werden könnten. Vielleicht könnte man sogar zweifelhaft Regime eine Konversion schmackhaft machen und das alte Geraffel zurückkaufen. Der libysche Bürgerkrieg hat gezeigt, dass selbst ein wohlhabendes Regime nur einen kleinen Teil seiner nominalen Luftwaffe effektiv in den Einsatz bringen kann – zum Glück!

Absurde Idee? Alte Burgen, Festungen, Schlösser, Stadtmauern waren auch in erster Linie bodengebundene militärische Verteidigungssysteme, deren Einbeziehung unter den Dankmalschutz heute niemand ernsthaft in Frage stellt. Warum soll das für die Meilensteine des Möglichen in Sachen Aviation und Aeronautik nicht gelten dürfen?

Im übrigen möchte ich, dass einige Concorde wieder in Betrieb genommen werden! Virgin-Eigner Richard Branson soll das mal ernsthaft geprüft haben [4] – aber der will offensichtlich auch erst einmal in Weltall.

[1] Website des Luftfahrtmuseums Finowfurt
[2] Benjamin Weiss hat von dem Vogel ein Bild auf g+ gepostet
[3] Das Luftfahrtmeuseum der Bundeswehr in Gatow beherbergt auf dem Rollfeld ebenfalls eine beeindruckende Flotte stillgelegten Fluggerät, das ebenfalls still verrottet
[4] Meldung der Daily Mail hierzu, allerdings ohne Datumsangabe

“Reichsflugscheibchen” by Iron Sky? Chaos Communication Camp: Tag 2

Ganz die Mutter! Iron Sky-Mini-Walkyr als Filmrequisite im Luftfahrtmuseum Finowfurt? Das Chaos Communication Camp 2011 gewährt den Blick auf mannigfaltiges Raumfluggerät. Source: ironsky.net (oben) und mein iPhone (unten)

Die meisten werden schon von Iron Sky [1], dem für Frühjahr 2012 angekündigten crowdgefundeten Science Fiction-Filmprojekt aus Finnland gehört haben. Seit einigen Jahren macht das Fundraising-Team hierzu Propaganda mit zunehmend besser gemachten Teaserfilmen, aber auch Vorort-Promotions auf internationalen Filmfestivals – so z. B. zur Berlinale 2010 mit einer Party in der c-base – Raumstation unterhalb Berlin. [2]

Die politisch bewusst unkorrekt inszenierte Iron Sky-Exposition nimmt sich einer der liebst gewonnenen Verschwörungsmuster der esoterischen Rechten an, nachdem das letzte Aufgebot der Nazis sich 1945 im Angesicht des zu verlierenden Krieges erst in die Antarktis (“Neuschwabenland”) [3] und von dort entweder in die Hohlweltsphäre unserer Mutter Erde zurückgezogen haben oder aber alternativ von dort mit dem geheimen Wunderwaffen-Prototypen der raumtauglichen energiefeldbetriebenen ‘Reichsflugscheibe’ (aka Haunebu, Repulsine oder auch Andromeda-Projekt) [4] zum Mond ausgewandert sind. Ein taktischer Rückzug: nach Iron Sky nämlich werden die Nazis 2018 – wahrscheinlich in Angedenken des 100. Jahrestags des “Versailler Schandvertrags” der Siegermächte des 1. Weltkriegs – zurückkehren und mal Fraktur reden: “We come in Peace.”

Während ich noch unter dem Eindruck des gestrigen Starts des hacktivistischen Raumfahrtprogramms stand, bin ich beim Umherstreifen auf erste Anzeichen gestoßen, dass Iron Sky auch als Crowdsourcing-Programm bis weit in die Brandenburger Schorfheide vorgedrungen sein muss. Leider habe ich zu dem hier abgebildeten Filmmodell in einem der momentan nicht vom #CCCamp2011 genutzten Hangars noch keine weiteren Angaben zu dem “Reichsflugscheibchen” gefunden, das aber, wie oben zu sehen, perfekt mit dem großen Walkyr-Invasionsgerät des Films harmonieren würde.

Ich werde aber in den nächsten Tagen Erkundigungen einholen. Bis dahin hier noch der zweite von drei Iron Sky-Teasern, der die große Professionalisierung im Laufe des Projekts verdeutlicht:

UPDATE: So, Ingo Eberhardt (@oschni) [5] war so nett mich über die Filmrequisite aufzuklären: Die RTL-Eigenproduktion Undercover Love (Erstausstrahlung: 30. Dezember 2010) – eine Agentenfilm-Parodie – benötigte das Scheibchen für eine Verfolgungsjagd durch Berlin. Das von Iron Sky beeinflusste Nazi-Exploitation-Setting stand hier natürlich dennoch Pate. [6]

[1] Offizielle Website von Iron Sky
[2] c-base Logbucheintrag vom 12. Februar 2010
[3] WP: Unterpunkt zur Erforschung #Neuschwabenlands durch das Deutsche Reich
[4] WP: Reichsflugscheibe
[5] dem oschni sein blog
[6] MikroKopter-Forum: Weitere Fotos und Links hierzu

“Holzklasse ins All?” Chaos Communication Camp 2011: Tag 1

"Laser auf Span (2011)" Meine risszeichnerische Interpretation des Innenlebens der CCCRocket-Ikone hat Frank Rieger mit dem Lasercutter der raumfahrtagentur in Span gebrannt. Das Signet selbst wurde von Marten Suhr für das CCCamp 1999 entworfen; 2003 das lebensgroße Modell dazu gebaut.

Die nächsten Tage bin ich auf dem Chaos Communication Camp [1] auf dem Gelände des Luftfahrtmuseums Finowfurt [2]untergekommen im weiträumigen c-base Village. Die Ankunft gestern an Tag 0 war nach Einbruch der Dunkelheit phantastisch, da die CCC-Orga mit ihren Helfern von Art Event eine Fusion-artige Atmosphäre hingezaubert hatten [3] – aber noch ganz still trotz schon gut gefüllter Campingareale. Das vierte CCCamp seit Altlandsberg 1999 knüpft an die Aufbruchstimmung von damals an – diesmal mit dem Aufruf an die internationale Hacker Community, den Weltraum nicht nur metaphorisch zu erobern.

Diese Auftaktveranstaltung samt des versuchten Agenda Setting zur ist semi-glücklich verlaufen. Ich glaube, mit einer ähnlichen auf drei nicht gleichermaßen perfekt frei englischsprachig Vortragende hätte auch JFK vor 50 Jahren Mühe gehabt, das Apollo-Programm zum Abheben zu bringen.

In einer Mischung aus 50-Jahre-Nostalgie und neuer ziviligesellschaftlicher wie privatwirtschaftlicher Initiative tut sich in Sachen Raumfahrt gerade eine Menge. Interessant auch, dass Tim Pritlove mit seiner Podcastreihe Raumzeit [4] für DLR & ESA gerade eine Menge Grundlagen unters Volk bringt – Tim, der maßgeblich die beiden Altlandsberger CCCamps als “Discordian Evangelist” initiiert hat.

Da ich zu der Zeit im c-base Outpost am Mariannenplatz 23 Tims Evangelisierung hautnah miterleben durfte, kenne ich den wie immer bei Tim langwierigen und kritischen Gestaltungsprozess, bis es c-base-Mitbegründer Marten Suhr (damals zur Designergruppe marplon4 gehörig) gelungen war, der inzwischen zur Ikone des Clubs gewordenen Rakete die richtige Knubbeligkeit, das korrekte Farbschema und den idealen Anflugwinkel zu verpassen.

Als begeisterter Zeuge des Prozesses habe ich dann Martens Outline genommen und mir eine quietschfidele Innenausstattung für die dazugehörige Risszeichnung ausgedacht, die dann auch im damaligen Camp Guide Aufnahme gefunden hat. Angelehnt war die 1999er-Campmission als Hommage an Douglas Adams The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy, die Rakete sollte im Auftrag der im Erdorbit kreisenden “turnschuhförmigen” Heart of Gold den Kontakt mit der der irdischen Hackergemeinde aufnehmen.

Um die Hintergrundlegende noch besser zu verdeutlichen, machte Marten Suhr auch noch ein damals Aufsehen erregendes kleines Promovideo The Rendezvous [5] (gefühlt Jahrzehnte vorm heutige üblichen YouTube-Embedding), an den der wiederum von Marten sowie c-base -3D-Artist e-Punk neue 2011er Camp-Trailer nach 12 Jahren Pause stilistisch nahtlos angeknüpft hat:

Für mich war die kleine Spaß-RZ zum Chaos Communication Camp 1999 eine tolle Übung, um bei Risszeichnungen, die ich zu der Zeit schon mit Freehand zu zeichnen begann, mal in Farbe zu versuchen. Es ist erstaunlich, wie schnell dies geht, wenn die grundsätzliche Anlage der Vektorobjekte darauf abgestellt ist.

Das habe ich auch umgekehrt gemerkt: Als Frank Rieger mich vor einiger Zeit gefragt hat, ob ich nicht einmal eine Risszeichnung vom auf der Raumfahrtagentur [6] im Stattbad Wedding stationierten Lasercutter brennen lassen wollte, dauerte die “Retroversion” auf eine Strichzeichnung der CCCRocket keine zwanzig Minuten. Nur bei der Aufbereitung der Vektordaten für den Lasercutter mussten wir dann letzte Woche einen Work-around machen, der zur Folge hatte, dass alle Pfadlinien jetzt doppelt vom Laser in die Holzspanplatte gebrannt wurden.

Damit sieht die gelaserte “Holzklasse”-Version der Rakete jetzt im Vergleich zu ihrer älteren, vektorglatten Schwester richtig geerdet aus.

[1] Offizielle CCCamp2011-Website des CCC
[2] Website des Luftfahrtmuseums Finowfurt
[3] Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat hier einige Fotos von Tag 0 auf Flickr gestellt
[4] Raumzeit – Der Podcast über Raumfahrt von ESA und DLR
[5] Im Webarchiv des CCC sind einige Stills des CCCamp-Trailers von 1999 zu sehen.
[6] Die Raumfahrtagentur bei Hackerspaces.org

“Don’t bring me down!” ELO’s Disco Mothership Connection

Die Vor-1970-Geborenen wissen, dies ist keine PR-NEO-Space-Jet oder die Google Chrome-Raumjacht, sondern Teil einer opulenten Cover Art-Ausstattung, wie sie im Vinyl-Zeitalter üblich war. Illustration von Shusei Nagaoka

Bei meinen Recherchen in die unergründlichen Tiefen des Retrofuturismus ist mir durch Dark Roasted Blend [1] das oben abgebildete Album-Cover wieder ins Bewusstsein gespült worden. Damals in den 1970er waren insbesondere  Doppelalben oft opulente Meisterwerke, mit denen man sich über Wochen beschäftigen konnte, während man das dazugehörige Album durch intensives Hören gewissermaßen Note für Note mnemotechnisch internalisierte. Ein Meilenstein dieser Rock- und Pop-Dinosaurier-Zeitalters ist Out of the Blue von Jeff Lynn’s Electric Light Orchestra (ELO) aus dem Jahre 1977 mit dem grafisch wie konzeptionell meisterlich ausgearbeiteten Art Work von Shusei Nagaoka.

Shusei Nagaoka war mir kein Begriff. Ich hätte aus dem Stegreif immer gesagt, dass dies eine etwas untypischere Arbeit von Roger Dean [2] (oder vielleicht auch Jim Burns [3]) gewesen sei. Aber Nagaoka ist nicht nur im engeren Sinne Science Fiction-Illustrator, sondern Album Cover Artist mit oft futuristischem Einschlag, wenn es das Sujet hergibt. Insbesondere die von der “Mothership Connection” beeinflussten Alben-Cover von Earth, Wind & Fire entstammen seiner Airbrush-Pistole. [4]

Nagaokas Cover Art für Out of the Blue ist popkulturell multistratifiziert aufgeladen: Das hier von Außen abgebildete Raumschiff ist nämlich eine Variation das schon zuvor eingeführten ELO-Bandlogos, das auf der Formensprache einer Wurlitzer Jukebox 4008 aufsetzt. [5] Diese in den Mid-70ies längst als nostalgisch empfundene Chrom- und Heckflossen-Opulenz der 1950er Jahre kreuzt ELO-Design mit den zeitlos modernistischen Space-Age-Assests aus Kubricks 2001 – A Space Odyssee. Obgleich ebenfalls noch nicht fertiggestellt wie die 2001er-Raumstation, ist der ELO-Diskus ein kompakteres Mutterschiff mit automatisiertes Turntable-Decks als Gefechtsstationen für die kommenden Klangkriege um die orbitale Hoheit über Planet Disco.

Das ELO-Mutterschiff steht in der wiederholten britisch-weißen Wiederaneignung schwarzamerikanischer Souls und seines als Disco bezeichneten globalisiert pop-industriiellen Ablegers. ELO-Chef Jeff Lynn kam von der Band The Move und war schwerstens von den Beatles beeinflusst, deren von ihnen begründeten weltweiten britischen Pop- und Rockmusik-Hegemonie in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre durch die Zangenangriffe der antagonistischen Geschwister Punk, Disko und Reagge an gleich drei neuralgischen Distinktionsflanken angefressen wurde – Rebellion, Sex und eine bessere (Dritte) Welt.

ELOs Disco-Mutterschiff versucht diese multilateralen subkulturellen Angriffe auf das in orbitale Sphären abgehobenene Pop-Establishment des von blassen weißen britischen Bands okkupierten Mainstream-Rhythm’n’Blues-Imperiums durch Rocket Science-artige technische Überwältigungsapparate der Großraum-Disco und des pop-imperialistischen Stadion-Rocks zu begegnen. Vergeblich! Das folgende 1979er-Album Discovery (“Disco? Very!”) ist dann schon ein ein Abgesang: “Don’t bring me down!” (eigentlich der tollste Boogie, der nicht von Status Quo stammt):

[1] Dark Roasted Blend: Retro Future Space Art Update *Sehenswert!*
[2] Roger Dean: Online Art Store
[3] Jim Burns: Offizielle Website
[4] Shusei Nagaoka: Offizielle Website
[5] WP: Electric Light Orchestra – Fun fact: TLA “ELO” nicht “Elektrisches-Licht-Orchester”, sondern eher: “Elektrisches Kammerorchester”

“Möchten Sie das Universum jetzt neu starten?” Fünf gute Gründe für PR NEO

Jetzt ein Erbe des Multiversums? In den Pop-Comics des Studio Giolitti gelang schon einmal die transuniversale Migration zwischen den Genres. Source: "Die Millis kommen" Seite 18 der Ausgabe 38 von "PERRY - Unser Mann im All" (1969), bereitgestellt von Stephan Koenig via comicartfans.com

Nach einigem Geraune und Gerüchten über das “Geheimprojekt X” löste die PERRY RHODAN-Redakteurin Elke Rohwer über das Logbuch der Redaktion [1] doch überraschend schnell auf, was es mit der am 30. September startenden neuen 160-Seiten-Taschenheft-Serie auf sich haben würde: Es ist ein Reboot der klassischen PR-Exposition im Jahre 2036 unter der Tagline: “Die Zukunft beginnt von vorn.”

Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Serie und der am gleichen Wochenende stattfindenden PERRY RHODAN-WeltCons [2] in Mannheim wäre jede andere denkbare Möglichkeit nach Offenlegung des Formats des “Geheimprojekt X” nicht realistisch gewesen. Es erscheint mir die richtige Entscheidung, auch wenn damit die in den Textformaten mehr oder minder durchgehaltene fiktionale Kontinuität des einen “Perryversums” im Kernbereich der Marke – dem Romanheft – durchbrochen wird. Diskontinuitäten des jetzt sich wahrhaftig zu einem Multiversum auffaltenden PERRY RHODAN-Kosmos gab es unter der Hand schon dadurch, dass die Handlungselemente der eingestellten Nebenserie ATLAN so gut wie keinen Niederschlag in der Haupthandlung verursachen durften, was auch für die über viele Jahre als Hors-Serie gelaufenen “Planetenromane” galt, die aber zumindesst den Anspruch erhoben im “kanonischen” Perryversum zu spielen.

Offene Brüche in der Kontinuität gab es im Bereich der Comic-Reihe PERRY – Unser Mann im All, in der verschiedene Charaktere der Romanhefte in eine für den damaligen Stand der Serie weit entfernte Zukunft entführt neu zusammen gewürfelt wurden. Auch die legendäre Italo-Verfilmung der PR-Exposition SOS aus dem Weltraum [3] bediente sich sehr frei der Motive der Romanvorlage.

Welche Vorteile bringt der Reboot des PERRY RHODAN-Kosmos mit NEO?

1. “Back to the Roots” und Komplexitätsreduktion: Die starke Exposition der Serie, dass ein privilegierter, aber doch normaler Mensch durch den Kontakt mit technologisch hochentwickelten Außerirdischen zum Handlungsträger und Menschheitsbevollmächtigten aus eignem Recht wird – und nicht zum Unterworfenen –, hat großen Anteil am Mythos der Serie. Diese klassische und originelle Alien Encounter-Story kann jetzt wieder erzählt werden, ohne dass Neueinsteigern die ganzen aufgelaufenen Widersprüche zum heutigen Realuniversum erläutert werden müssen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass man schon an dieser Stelle viele Gutwillige verprellt, die darüberhinaus durch die Komplexität des späteren Perryversums überfordert sind. Die kurzlebige, in der klassischen Kontinuität angesiedelte PERRY RHODAN-ACTION-Serie hatte dies schon versucht – ich fand allerdings allein die Titelgestaltung im Vergleich zur Hauptserie  schon sehr trashig und wenig anziehend für eine “Premium-Pulp-Marke”.

2. “Beyond Pulp”: Handlung, Personen, Setting, Near-Future-Technologien können jetzt zeitgemäßer und qualitativ hochwertiger in Stil und nach heutigen Erkentnissen und Lesegewohnheiten noch einmal erzählt werden – wichtig in Bezug auf Frauengestalten, Multikulturalität und Anti-Militarismus. Das deutsche Publikum ist mit solchen Reboots durch die ständigen Superhelden-Comic-Neuverfilmungen auch inzwischen viel vertrauter und wissen um den Reiz einer solchen Neuinterpretation, was früher nur im Feuilleton den Regietheaterfürsten bei der Neuinszenieung des Faust zugestanden wurde.

3. Sorgfaltspflicht: Die frühen PR-Romane waren Wegwerfliteratur – trotz weit gespannter Zukunftsszenarien (“Der Erbe des Universums”) ganz dem Hier und Jetzt verpflichtet. Die neue Generation der NEO-Autoren wird in dem Bewusstsein schreiben, dass ihre Texte auch in gar nicht mal so fernen 25 Jahren noch Bestand haben sollten. NEO spielt in 2036 – im Übrigen auch das 100. Geburtsjahr des fiktionalen Perry Rhodan des nun “Classic Universe”.

4. “Rücksturz zur Erde”: Ich meine damit, dass unsere Gegenwart sich in den alltäglichen Lebensbelangen schon fast viel futuristischer gebärdet als die gesamten rhodanesken Space-Opera-Genreversatzstücke zusammen leisten können: Cyberspace, Gen- und Nanotechnologien, die Singularität. Gerade die Geschichte der damaligen ersten 20 Bände könnte in der NEO-Reihe intensiviert werden – vergleichbar der TV-Serie Smallville, in der sich das insgesamt ja ziemlich überkandidelte DC-Multiversum um Superman/Clark Kent langsam und TV-Konsumenten-verträglich aufspannt.

5. Internationale Vermarktung: Die Ursprungsgeschichte und Exposition für all die faszinierenden PR-Handlungselemente waren nach 1969 für Film- oder TV-Umsetzungen fürs große Mainstreampublikum nicht mehr vermittelbar. Und so gab es für die Marke keine Möglichkeit an den Boom der konkurrierenden visuellen SF-Universen aus Hollywood in adäquater Form anzuknüpfen. Roland Emmerichs Independence Day war in diesem Sinne unter diesen Beschränkungen die bestmögliche PERRY RHODAN-Verfilmung überhaupt. Mit dem Neustart als PERRY RHODAN NEO könnte dieser ‘strukturelle Flaschenhals’ beseitigt werden. Man wird sehen, wie NEO andere Vermarktungshindernisse für den wichtigen US-Markt umgehen wird: Ein aus höherer kosmischer Einsicht desertierender US-Major wird wenig Chancen beim amerikanischen Publikum haben. Sollte das Setting für Rhodans nächste Mondlandung aber einen bösen globalen Privatkonzern oder aber eine korrupte internationale “UN Space Administration” umfassen, könnte es schon besser aussehen.

Alles in allem also ein gutes und längst überfälliges Projekt, um die Marke für die nächsten 50 Jahre fit zu machen. Ich bin sehr gespannt auf den Neustart, und ob es sich neben der Hauptlinie, deren aktueller Neuroversum-Zyklus schwach gestartet ist, etablieren wird oder ob NEO bloß ein “Pocket-Universum” bleiben wird.

[1] Der Logbuch-Eintrag vom 4. August 2011 von PERRY RHODAN-Redakteurin Elke Rohwer zu PERRY RHODAN NEO
[2] PHUTURAMA: Event WeltCon-Panel “Space Design”
[3] WP: PERRY RHODAN, Abschnitt über SOS aus dem Weltall

Der Link zur Comic-Seite aus PERRY – Unser Mann im All:
http://www.comicartfans.com/GalleryPiece.asp?Piece=404428&GSub=63504

“Peak Oil war gestern!” Mad Max 2: The Road Warrior-Replica

Rechtslenker für den automobilen Vigilanten: Das perfekte Auto für den Abenteuerurlaub in Endzeit-Down-Under, Source: The Last Interceptor

Kabel1 ist ein TV-Kanal, der zur ProSiebenSat.1 Media AG gehört. Anders als die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten macht er wie viele andere private Anstalten sehr ausführliche und gar nicht mal so schlechte Sendungen übers Automobil. Bei Kabel1 heißt diese Sendung Abenteuer Auto. Das ist in in Deutschland offenbar ein krasses Exotenthema – diese Automobile; da tun ARD und ZDF schon recht, das weitgehend zu ignorieren.

In der letzten Abenteuer Auto-Sendung von Samstag, den 30. Juli 2011 gab es einen PHUTURAMA-würdigen Beitrag [1] über einen metikulösen Interceptor-Nachbau aus Mad Max 2: The Road Warrior [2], dessen Erbauern Gordon Hayes und Grant Hodgson [3] es insbesondere darauf ankam, alle Original-Bauteile aus dem damaligen Production Design zu verwenden, was umfangreiche Recherchearbeiten zur Folge hatte.

Dabei ist dann aber auch eine quasi-authentische Film-Replica entstanden, die sogar so weit geht, den elektrobetriebenen Pseudo-Kompressor auch nur als solchen wieder nachzubauen. Das benötigt ein bewunderungswürdiges Maß an Selbstbeherrschung. Eine Straßenzulassung hat der Post-Peak-Oil-Interceptor, der auf einem wirklich existierenden nur für den australischen Markt gebauten Ford Falcon Muscle Car aufbaut, selbst in Australien nicht.

[1] http://www.kabeleins.de/tv/abenteuer-auto/videos/clip/faszination-the-last-interceptor-1.25085
[2] WP: Mad Max 2: The Road Warrior
[3] Website: The Last Interceptor

“Rockets from Russia” – Science Fiction im Ost-West-Dialog

Spätestens bei diesen Raumanzügen war klar, dass in PERRY RHODAN Skaphander zur Standardausrüstung gehörten. Titel und Szene aus "Planeta Bura" von 1962

Alex Cox vom Guardian nimmt sich mit seinem Artikel “Rockets from Russia” [1] anlässlich der zweiten Saison des Programms Kosmos – A Soviet Space Odyssee des British Film Institute (BFI Southbank) [2] die Rehabilitation des Ostblock-Science Fiction-Films an und zählt einige teils vergessenen Perlen auf.

Oder kanntet ihr den 1924-Stummfilm Aëlita – Der Flug zum Mars? [3] Die polnisch-deutsche Produktion nach Stanislaw Lem Der schweigende Stern (1960) [4] ist da mit Sicherheit schon bekannter – auch wegen seiner interessanten Bezüge zu den späteren PERRY RHODAN-Romanen (z. B. das Raumschiff Kosmoskrator). Während die DEFA-Produktion in einer stark veränderten Fassung für den US-Markt adaptiert worden ist, hat der sowjetische Große Bruder gleich Nägel mit Köpfen gemacht und Lems Vorlage als Planeta Bur 1962 noch einmal verfilmt. [5] Roger Corman kaufte dann die Filmrechte und produzierte ein US-Remake davon – Voyage to the Prehistoric Planet [6], das 1968 noch zu Peter Bogdanovichs Voyage to the Planet of Prehistoric Women weiter verwurstet wurde.

Ich lerne das alles hier in Echtzeit mit und für euch kennen – und werde mir die Filme übers demnächst ansehen. Wikipedia gibt jeweils Download- oder Stream Sources an.

Zu den weiteren russischen Highlights im BFI-Programm, gehören natürlich die beiden SF-Klassiker von Andrey Tarkowskij Solaris [7] und Stalker [8], die die programmatische Gegenposition im BFI-Programmtitel zu Stanley Kubrick rechtfertigen. Wer im August nicht nach London reisen will, kann sich im Rahmen einer Retrospektive Andrej Tarkowskij diese beiden Meisterwerke im Berliner Arsenal-Kino im Sony-Center am Potsdamer Platz geben. [9]

[1] The Guardian: Rockets from Russia by Alex Cox
[2] BIF: Kosmos – A Soviet Space Odyssee
[3] WP: Aëlita – Der Flug zum Mars
[4] WP: Der schweigende Stern
[5] WP Russia: Planeta Bura *Google Chromes automatische Überstetzung funktioniert leidlich.*
[6] WP: Voyage to the Prehistoric Planet
[7] WP: Andrej Tarkowskijs Solaris
[8] WP: Andrej Tarkowskijs Stalker
[9| Arsenal – Insttut für Film und Videaokunst e. V. – Retrospektive Andrej Tarkowskij (August 2011)

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