“Space Design” – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum

"Experimentalraumschiff PHOENIX" oder wie ich sie heute nenne: "Der irre Ständer". Vor 31 Jahren beim ersten WeltCon in Mannheim habe ich diese RZ weniger als phallographisches Manifest denn als eine Fingerübung in Rasterfolien-Semimanifestation verstanden. Dank an Oliver Scholl!

PERRY RHODAN ist im Gegensatz zu Star Trek oder Star Wars ein vorrangig literarisch geprägtes Science-Fiction-Universum. Dennoch durchzieht den graphischen Auftritt des Perryversums ein einzigartiges “Look & Feel”, welches auch dem Uneingeweihten signalisiert, hier nicht irgendeiner beliebigen, sondern der “größten SF-Serie” zu begegnen.

Welche sind aber diese prägenden Bausteine einer “visuellen DNA” des PERRY RHODAN-Universums? Wie haben sie sich über fünfzig Jahre hinweg herausgebildet? Werden sie Bestand haben? Sind es die typischen Kugelraumer, die schnittigen Space-Jets oder die multifunktionalen Shifts? Sind es der Mausbiber Gucky, die weißblonden Mähnen der Arkoniden oder ein doppelköpfiger Zünder-Mutant? Ist es das langjährige Wirken Johnny Brucks, im Verbund mit den einzigartigen Werken der ersten Risszeichnergeneration um Rudolf Zengerle, Ingolf Thaler und Bernhard Stoessel oder haben erst ihre Nachfolger diese Gestaltungsprinzipien verstanden, verstetigt und fortentwickelt?

Das Phänomen der “Risszeichnung” in der PERRY-RHODAN-Serie ist unter den besonderen Bedingungen des Ökosystems “Heftromanserie” in den 60er Jahren zur Blüte gekommen. Die PR-Risszeichnungen sind einzigartig fanatstischen Genre selbst und sind eines der herausragenden Alleinstellungsmerkmale der Serie selbst geworden. Auch wenn “spekulative Technikillustrationen” im Rahmen populärwissenschaftlicher Magazine immer auch eine techno-utopische Aussage beinhalteten, war es die einzigartige institutionelle Einbettung der Risszeichnungen als einem die Handlungswelt vertiefenden und beglaubigenden Romanheft-Extra, das sich über die PERRY RHODAN-Serie hinaus als eine eigenständiges ästhetisches Illustrationsgenre emanzipiert hat. Erst heute im Zeitalter der bildmächtigen globalisierten SF-Imperien gibt es Vergleichbares – und teilweise Besseres – in anderen SF-Welten zu bewundern. Was kann die Risszeichnung heute noch für die PERRY RHODAN-Serie leisten?

Auf Einladung von Klaus N. Frick moderiere ich am Samstagnachmittag, 1. Oktober 2011, 16 Uhr die Veranstaltung Space Design – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum [1] im Musensaal des Kongresszentrums Rosengarten in Mannheim.

Auf dem Podium sind PERRY RHODAN-Autor und nebenberuflich offizieller “Risszeichnerversteher” Hubert Haensel [2], Lars Bublitz [3] als Vertreter der aktuellen 3D-Risszeichner-Generation sowie Oliver Scholl [4], der vor über 30 Jahren mit dem Risszeichnen begann und heute als Production Designer für große Hollywood-Produktionen arbeitet – aber auch weiterhin für PERRY RHODAN Titelillustrationen verfertigt.

PHUTURAMA-Überraschungsgast ist Jürgen Rudig [5], der die Gelegenheit des WeltCons 2011 zum Anlass genommen hat, nach beinahe drei Jahrzehnten wieder Kontakt zum Perryversum aufzunehmen. Nachdem er vor einigen Wochen hier im Interview auf PHUTURAMA [6] einiges zum Werdegang des umstrittenen Abfangjäger der neuen “Redhorse”-Baureihe verraten hat, werde ich ihn am Samstag fragen, wie er als Nicht-PR-Fan überhaupt zum Risszeichnen gekommen ist.

Ich bin froh, dass das Thema Risszeichnungen damit wieder auf einer WeltCon-Agenda prominent vertreten ist; der schon anfang des Jahres von Klaus Frick gewählte Titel “Space Design” zeigt, dass ursprünglich auch ein weiter gefasstes Motto angedacht worden sein könnte.

Immerhin können so doch einige Risszeichner mehr die WeltCon-Bühne entern, aber eben nicht alle in Mannheim am Wochenende anwesenden Risszeichner. Da bin ich doch froh, dass ich mit Ausnahme ‘meines’ PHUTURAMA-Überraschungsgastes Jürgen Rudig die Auswahl nicht treffen musste.

[1] Für Detail- nicht für Design-Versessene, das PERRY RHODAN-WeltCon 2011-Programm zum Download
[2] Perrypedia: Hubert Haensel
[3] risszeichnungen.de: Lars Bublitz’ Web-Portfolio
[4] Oliver Scholls Web-Portfolio
[5] Perrypedia: Jürgen Rudig
[6] PHUTURAMA: “Alles nur ein Spaß?” – 30 Jahre Redhorse-Jäger. Ein Interview mit Jürgen Rudig

“Ein Interview mit ES.” Zur Einstimmung auf Space Design – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum

Work in Progress als Blueprint. Die BATTLE-Version des 3D-Korvettenprojekt-Vollkonstruktion für den PERRY RHODAN-WeltCon2011 als klassische Risszeichnung getarnt. Mit freundlicher Unterstützung von Holger Logemann.

Zum eher unspektakulären 45-jährigen Bestehens der PERRY RHODAN-Serie hat der frühere Verlagsleiter Eckhard Schwettmann im Jahre 2006 ein dafür um so spektakuläreres Coffee-Table-Buch namens All-Mächtiger! Faszination Perry Rhodan – Hintergründe aus 45 Jahren Perry Rhodan. (Hannibal, Höfen (A) 2006, ISBN 978-3-85445-259-1)  herausgegeben, in dem sehr viele Facetten des Phänomens PERRY RHODAN beleuchtet wurden. Auch einige der für die Serie tätigen Illustratoren wurden hierzu interviewt. Mein Gespräch mit Eckhard Schwettmann (“ES”) gibt einige Hintergrundinformationen zum Thema Risszeichnungen preis, von denen ich überzeugt bin, dass sie auch heute noch zutreffen.

Am kommenden Samstag, den 1. Oktober 2011 habe ich die Freude während des WeltCons 2011 ein Podiumsgespräch zum Thema RZs bei PERRY RHODAN moderieren zu dürfen. [1] Als Einstimmung auf Space Design – Die Risszeichner und ihr Bild des Perryversums habe ich dieses Interview von vor fünf Jahren ausgegraben und dank der großzügigen Unterstützung von Holger Logemann darf ich diesen Beitrag mit der exklusiven Vorabschau auf die jüngste Work-in-Progress-Zusammenstellung seines Korvettenprojekts [2] illustrieren.

Holger hat auf der ersten PHUTURAMA-Veranstaltung – dem Salon Talk während der transmediale.10 FUTURITY NOW! seine Arbeit am Korvettenprojekt schon einmal vorgestellt [3]. Am Samstag wird das Risszeichnen in 3D durch Lars Bublitz repräsentiert, der im Unterschied zu Holger gewissermaßen virtuelle Schnittmodelle konstruiert und darüberhinaus nicht die klassische PR-Referenztechnik , sondern meist exotische extraterrestrische Raumschiffe aus den unendlichen Weiten des Perryversums zu seinem Thema gemacht hat. [4]

Im folgenden mein “Interview mit ES”:
Wann hattest Du das erste Mal Kontakt mit PERRY RHODAN? Erinnerst Du Dich noch an Deinen ersten Roman?
Als Kind in den 1970er Jahren bin ich durch die psychedelisch-bunten PERRY – Unser Mann im All-Comics zum ersten Mal mit PERRY RHODAN in Berührung gekommen. Mein erster Roman war in der 3. Auflage Band 190 “Admiral Gecko”. Sicherlich ein glücklicher Einstieg mit Clark Darlton. Der faszinierendste Satz war die nonchalant hingeworfene Bemerkung über den “anderthalbmillionenfachen Überlichtfaktor” des Lineartriebwerks des am Mereesgrund geparkten Mausbiberkreuzers TRAMP – übrigens als 60-Meter-Kugelraumer der Risszeichnungs-Klassiker schlechthin! [Siehe oben!]
Wann hast Du damit begonnen, technische Zeichnungen zu machen, insbesondere Raumschiffe? Worin gründet sich Deine Faszination für Risszeichnungen?
Die ersten technischen Zeichnungen waren “Eigenkonstruktionen” gespeist durch die Früh-Siebziger TV-Ausstrahlungen von Raumschiff Enterprise und Raumpatrouille. Mit den PERRY-Comics kam dann auch die Faszination für die Risszeichnungen, die es in dieser Form und Tradition nur bei PR gibt.
Was war dann Deine erste Risszeichnung, die in PERRY RHODAN veröffentlicht wurde?
Willi Voltz hatte irgendwann im Jahre 1981 ein Einsehen, nachdem ich ihn mehrfach mit großformatigen Risszeichnungen immer neuer 60 Meter-Korvetten-Baumuster bombardiert hatte, und er veröffentlichte eine dann allerdings wesentlich kleiner dimensionierte KOGGE der Kosmischen Hanse auf der Leserkontaktseite.
Wieviele Risszeichnungen hast Du denn bis heute gemacht und welche davon ist Dir die Liebste? Nikki Frickels SORONG von 1987?
Die Anzahl der Arbeiten weiß ich selber nicht so genau, vielleicht ein Dutzend. Die SORONG ist dann doch zu “essayistisch”, um mein Favorit zu sein. Meine Lieblings-RZ möchte ich eigentlich erst noch zeichnen.
Von Dir und Günter Puschmann gibt es ja auch eine schöne Abhandlung über die Geschichte und Entwicklung der Risszeichnung. Seit dem 1965 in PERRY RHODAN-Heftroman Nr.192  das legendäre Beiboot vom Typ “Kaulquappe” als erste Risszeichnung von Rudolf Zengerle erschienen ist hat sich ja einiges gewandelt, optisch wie technisch. Wie war die Entwicklung und was kommen da noch für Innovationen auf uns zu?
Die Risszeichnungen stellen eine eigene Form der graphischen Kunst dar. Kein Illustrator, Titelbildgestalter oder Designer wird auf Anhieb eine richtige RZ wie in PERRY RHODAN hinbekommen. Und dies nicht nur aus handwerklichen Gründen, mangelnder Geduld oder schlechtem räumlichen Vorstellungsvermögen. Wie Arthur C. Clarke in seinem “dritten Gesetz”  (aus: Profiles of The Future) schon 1961 formulierte, “any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic”, so benötigt eine gelungene Risszeichnung einen gewissen Zauber, der die Illusion einer Blaupause aus der Zukunft zum Leben erweckt.

Da es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, die “Magie” des zukünftigen technischen Fortschritts realitätsgetreu zu phantasieren, flüchteten die Zeichner sich in die zweckfreie Schönheit der Technik selbst: Die Risszeichner strebten nach “Aggregate-Ästhetik”, nach komplexen, flirrenden und ineinander verwobenen Formen, die auf einer Symbolebene das behaupteten, was doch niemals einzulösen ist. Viele Anregungen aus der “realen” Kunstgeschichte wurden dabei verarbeitet, so dass Spielarten wie “Konstruktivismus”, “Pop-art” und “Minimalismus” identifiziert worden sind.

Auf der “semantischen” Ebene zerflossen phantastische 6D-Technologien zu “Zahnpastaaggregaten”, und die Kosmokratentechnik bekam im wahrsten Sinne des Wortes einen “Zauberhut” aufgesetzt. Auf der “silistischen” Ebene wurde der Zeichenstrich selbst expressionistisch, weniger technisch und fast comic-artig, um anzudeuten: “Wir wissen es auch nicht!” Heute ist die Situation der RZs unübersichtlicher. Haben früher alle Zeichner im Prinzip das selbe Handwerkszeug benutzt, so hat sich die Szene in den letzten Jahren aufgespalten: Es gibt noch einige “Nostalgiker” die mit analogen Techniken des mittleren 20. Jahrhunderts arbeiten; andere, die Hybridwege zwischen klassischer Bleistiftvorzeichnung und “elektronischem Abtuschen” eingeschlagen haben (was den Vorteil der nachträglichen Kolorierung beinhaltet) Und es gibt die “3D-Risszeichner”, die nicht mehr zweidimensionale Zeichnungen anfertigen, sondern virtuelle Konstruktionen. Bei letzteren gibt es wiederum Mischformen.

So “klinken” einige Zeichner einen konventionell gezeichneten 2D-Aufriss perspektivgenau in das gerenderte Still ihres dreidimensionalen Raumschiffkörpers. Andere arbeiten wie die Set-Designer im Hollywoodfilm: sie statten nur die “Räume” ihrer 3D-RZ mit Technik aus, die in der Schnittebene liegen — “Potemkinsche Raumer” also. Und es gibt die “Vollkonstrukteure”, die mit State-of-the-Art CAD/CAM-Systemen die fiktiven PERRY RHODAN-Raumer fast bis zum letzten Interkom-Anschluss durchkonstruieren, so dass man die Datei nur noch an die lunaren Raumwerften schicken müsste, um in Produktion zu gehen.

Das ist natürlich die Zukunft. Denn als die ersten Risszeichnungen 1965 in PR veröffentlicht worden sind, waren sie auf der Höhe der Zeit der damaligen Technischen Visualisierung, was man beim Stöbern in alten Auto- und Flugzeugzeitschriften sehen kann. Heute veröffentlicht ein Automobilhersteller ein speziell ausgerendertes “Röntgenbild” seiner 3D-Konstruktionsdaten in photorealistischer Perfektion. Mit den aufwendigen Arbeiten der “Vollkonstrukteure” wird das wieder möglich sein. Doch wo sollen diese Arbeiten überhaupt angemessen veröffentlicht werden? Ist im Heftroman für diese Art von Technischer Visualisierung überhaupt die richtige Plattform?
Vor ein paar Jahren haben wir uns in Berlin getroffen und Du hattest mir die c-base gezeigt, ein Gebäude, das fest in der Hand von Computer-Freaks war. Dort gab es ja auch mal eine PERRY RHODAN-Veranstaltung und die rz-c-onference. Worum handelt es sich bei der c-base [5] genau?
Da ist ein geheimer Wunsch von mir wahr geworden: Ein Haufen hochbegabter, verrückter Science Fiction- Fans habe ihre Version eines zukünftigen Raumstation in die erlebbare Realität umgesetzt. Waren meine Zeichnungen vorher nur in 2D, so ist die c-base eine “Risszeichnung” in sieben Dimensionen – Raum und Zeit, das fiktive c-base Universum drumherum, die “reale” Gemeinschaft im Verein und viele Projekte quer durch alle künstlerischen und kulturellen Disziplinen dazu, wie z.B. die Zusammenarbeit mit dem befreundeten Chaos Computer Club, der sich ja selbst als Gemeinschaft “galaktischer Datenreisender” versteht.
Auf dem PERRY RHODAN-WeltCon in Mainz [1999] hast Du neben Deiner ersten Farb-Risszeichnung auch die Pilotgeschichte einer PERRY RHODAN-Comic-Adaption präsentiert. Wie kam es denn dazu?
Ich bin über die PERRY-Comics “sozialisiert” worden, darüberhinaus mag ich die amerikanischen Superhelden-Comics, so dass ich dies dem Perryversum wieder zurückgeben möchte – mit all den zeichnerischen Ideen und Fertigkeiten, die ich schon in meinen Risszeichnungen und Datenblättern entwickeln konnte. Allerdings ist der Schritt zu einem wirklich professionellen Comic schwer – alle Comicfans unter den PR-Lesern werden das bestätigen können. Die angesprochenen Pilotgeschichte konnte ich [damals] nicht realisieren. Aber ich arbeite gerade jetzt wieder [an einer Comic-Adaption] , um dieser Idee endlich Gestalt zu geben.
Beruflich bist Du ja im grafischen Bereich tätig. Bei der Gestaltung der SOL, dem Mitgliedermagazin der PERRY RHODAN-FanZentrale, warst Du ja anfangs auch dabei. Wie kam das?
Klaus Bollhöfener hat mich anlässlich der ersten rz-c-onference in Berlin einfach gefragt!
Was macht für Dich die Faszination der PERRY RHODAN-Serie aus?
Es ist meine Heimat.
[1] PHUTURAMA: Events
[2[ Holger Logemanns
Korvettenprojekt
[3[ transmediale.10 FUTURITY NOW! Salon Talks: PHUTURAMA Sub-Conference
[4] risszeichnungen.de: Lars Bublitz’ Web-Portfolio
[5] c-base e. V. Raumstation unterhalb Berlin

“Wer ist eigentlich dieser Perry Rhodan?” André Schäfers Dokumentarfilm über ‘unseren Mann im All’

Drehbuchverfasser und PERRY RHODAN-Autor Hartmut Kasper macht Maske, Quelle: Florianfilm

Zum 50-jährigen Jubiläum von PERRY RHODAN – “Die größte Science-Fiction-Serie” sind eine Menge Dinge auf den Weg gebracht worden. Inhaltlich am Interessantesten der Launch eines alternativen literarischen Parallelkosmos namens PERRY RHODAN NEO [1], das eigentlich nur an der indiskutablen visuellen Aufmachung scheitern könnte. Im Transmitterfeld der öffentlichen Aufmerksamkeit auf das Jubiläum ist auch ein Dokumentarfilm [2] realisiert worden, der mit viel Sorgfalt und Zuneigung versucht, die Komplexität des “diskreten Massenmediums” PERRY RHODAN und seiner Anhänger- und Mittäterschaft allgemeinverständlich zu erzählen.

Und dies ist schwierig, denn PERRY RHODAN als popkulturelles Phänomen sah sich seit der 68er-Zeit einer als unfair empfundenen verleumderischen Presseberichterstattung [3] ausgesetzt, die in ihrer Reflexartigkeit der heutigen immer wieder aufgefrischten “Killerspiel-Debatte” gegenüber der Computerspiel-Industrie ähnlich ist. Im Schatten dieser das Romanheftgenre abgelösten Gefährdung der Jugend erscheint PERRY RHODAN als “Pulp Fiction” heutzutage in einem schon fast romantisch verklärten Spätnachmittagsglanz einer untergehenden Gutenberg-Galaxie, die einen Film wie Perry Rhodan – Unser Mann im All als öffentlich-rechtlich unterstützte ARTE-Filmproduktion in Kooperation mit WDR und ZDF erst ermöglicht hat.

Fast tröstlich, dass da jemand bei der renommierten Hamburger Wochenzeitung Die Zeit die journalistischen Beissreflexe aus der Gewohnheit des Archiv-Palimpsests heraus nicht unterdrücken konnte und dem Autor Johannes Thumfart die Filmrezension zu einer veritablen Publikumsbeschimpfung gegenüber Machern und Lesern der PERRY RHODAN-Serie als Kleinbürger-Vorhöllenbewohnern ausartete. Im Internet-Zeitalter kam das in Zusammenspiel mit der üblichen “Hitler”-Referenz beim kreativen Headline-Basteln einer Einladung zum “Shitstorm” durch das Fandom gleich, dem zumindest die inkriminierte Schlagzeile auf Zeit Online weichen musste. Die Rezension ist trotz ihres aggressiv-überheblichen Tonfalls lesenswert und nicht grundfalsch in einigen Beobachtungen des PR-Soziotops. [4]

Die Drehbuchautoren Claudia E. Kraszkiewic und Hartmut Kasper (unter dem Pseudonym Wim Vandemaan [5] einer der interessantesten und lesenswertesten aktuellen PR-Autoren) und Regisseur André Schäfer (u. a. Lenin kam nur bis nach Lüdenscheid [6]) versuchen der Vielfalt des Serien- und Vermarktungs- und Publikumskosmos über eine gleichermaßen vielfältige visuelle Metaphorik auf den Grund gehen zu wollen. So dient als Vorspann eine eindrucksvolle CGI-/SFX-Odyssee der SOL aus Michael Peters und Dirk Schulz’ Renderfarm, die sich aus kosmischen Weiten den niederrheinisch-irdischen Gegebenheiten nähert (und einer ähnlich angesiedelten Title Sequence in der aktuellen Green Lantern-Verfilmung kaum nachsteht). Es gibt den auralen Erzählstrang, in dem dem Zuhörer die literarische und ethische Qualität einiger ausgewählter kanonifizierter PERRY RHODAN-Textpassagen durch die Hörbuchstimme Josef Tratniks nahe gebracht werden.

Und es gibt Autor Hartmut Kasper als Michelin-Männchen-artiges Raumfahrer-Teletubby, der die immerwährende kosmische Entrückung des Intensiv-Serienlesers im auffäligsten Kontrast zur schnarchnasigen bundesrepublikanische Tristesse im Nachkriegswiederaufbau-zerstörten der heutigen “heiligen Stadt Köln” nachstellen kann; sich im weiteren Verlauf der Schnittfassung aber in seiner wunderbar gelungenen Pseudo-Variablen Kokonmaske [7] als Heinrich Böll unterschiedliche Gesprächspartner und Situationen durchläuft – am Unterhaltsamsten im Vurguzz-seligen Zusammentreffen mit ARD-Literaturpromoter Denis Scheck (druckfrisch!) und visuell am Eindrucksvollsten mit Risszeichner und Production Designer Oliver Scholl [8] beim Besuch eines Flugzeugfriedhofs in der kalifornischen Mojave-Wüste, der in seiner melancolischen Skurrilität selbst fast eine Szene aus einem William-Voltz-Roman hätte stammen können (“Terrapatrouille”).

Und um die eingängig archaische Figurenkonstellation der Serien-Frühzeit (siehe auch dann PR NEO) mit dem naiven Blick der damaligen jugendlichen Rezeption kurzzuschließen, erleben wir Hartmut Kasper darüberhinaus im Dialog mit einem Jung- und Idealleser vorm Modellbau-Diorama mit den Spielfiguren-Set des durch VPM löblicherweise geschassten HJB-Verlags (wegen “Kaiserfront”- nicht Kaiserkraft-tümelnden Proto-Nazi-SF-Gebarens, vielleicht deshalb auch die Satire [?] auf PERRY RHODAN-Chefredakteur Klaus N. Frick).[9]

Diese Aufzählung macht das Dilemma augenfällig, ein so komplexes Thema, das auf den ersten Verdacht hin doch reichhaltige visuelle Anknüpfungspunkte zu bieten scheint, in eine persistente Bildsprache zu überführen. Ansatzweise gelingt dies durch die Wahl der Gesprächsschauplätze, die die Extremsituationen der Serienprotagonisten zitieren: die Einöde fremder Wüstenplaneten, die Eishöllen sonnenferner Schauplätze, die Hinterlassenschaften weltkriegerischer Abgründe – ironischerweise philosophieren die beiden österreichischen Autoren auf der Flakbunker-Plattform des ehemals großdeutschen Wiens über die Annäherung ans Piefketum via PERRY RHODAN. Seltsam die hermetisch metallisch vom Tageslicht abgeschnittene Atmosphäre bei den sehr kurzen Interview-Anteilen mit Klaus N. Frick bei VPM in Rastatt. Was wollen die Bilder hier uns suggerieren – eine Raumschiffleitzentrale zur Steuerung der umfangreichen Franchise-Systeme oder doch ein Hauch von Führerbunker?

Hier scheitert Regisseur André Schäfer grandios, dem es mit seinem preisgekrönten Lenin kam nur bis nach Lüdenscheid gelungen ist, die universelle Geschichte der deutschen Nachkriegslinken aus der Super-8-Nahperspektive einer Familienarchäologie heraus zu erzählen. Der Film ist unentschieden hinsichtlich seines Anliegens: Geht es um die Weltraum- und Science-Fiction-Thematik als eskapistisches Alltags- und jugendliches Ohnmachtsvehikel? Geht es wie eingangs des Films kurz und hoffnungsvoll aufscheinende Erzählperspektive darum, die bundesrepublikanische Mentalitätsgeschichte ungefiltert im populärindustriellen Massenmedium zu rekonstruieren? Geht es um die fünfzigjährige Geschichte dieser literarischen Singularität und ihrer keineswegs alleinstehenhenden Fankultur? Geht es um die seltsame Diskrepanz der Autoren zwischen bürgerlich-kleinstädtischer Lebensentwürfen und kosmologisch raumgreifenden Allmachtsphantasien?

Ich weiß es nicht. Für alle wichtigen Einzelaspekte des großen Mosaiks des Phänomens PERRY RHODAN werden im Laufe des Films Zeugen vorgestellt: die Autoren, die Sammler, die Leser, die Redakteure, die Literaturkritiker, die Sprecher, die Risszeichner, die Modellbau-Freaks, die Forscher und Astronauten, die Hinterbliebenen der “Gründerväter”, der U-Boot-Kommandant. Je länger der Film läuft, desto ratloser aber werde ich und gleichzeitig sympathischer wurden mir all die Menschen, die in diesem großen Gewebe mitwirken und gestalten.

So ist auch ein hintergründiges Kompliment für die PERRY RHODAN-Serie, wenn es klugen und erfahrenen Filmemachern nicht gelingt, die Einzigartigkeit und Magie dieser Serie einzufangen: PERRY RHODAN – Der Erbe des Universums ist so viel größer als Lenin. Oder in den Worten des ungenannten Frankfurter Buchmesse-Cosplay-Mädchens im Abspann – und damit schulterzuckendes Eingeständnis des eigenen Scheiterns an der Materie: “Wer ist eigentlich dieser Perry Rhodan?”

[1] PHUTURAMA: “Möchten Sie das Universum jetzt neu starten?” Fünf gute Gründe für PR NEO
[2] Die offizielle Website zu Andrè Schäfers Perry Rhodan – Unser Mann im All
[3] YouTube: Ein Monitor-Original-Beitrag aus dem Jahr 1969 über PERRY RHODAN
[4] ZEIT ONLINE: PERRY RHODAN – Der Weltraum als Modelleisenbahn-Keller (war: Der Ersatz-Hitler aus dem All)
[5] Perrypedia: Wim Vandemaan
[6] Die offizielle Website zu Andrè Schäfers Lenin kam nur bis Lüdenscheid
[7] Perrypedia: Vario-500 bzw. Pseudo-Variablen Kokonmaske
[8] Web-Portfolio von Oliver Scholl
[9] Nur vollständigkeithalber: HJB_Verlagsankündigung zu Ronald M. Hahns Captain Enfick, Temponaut, in: Die STAHLFRONT-Akten

“Familienaufstellung” – 50 Charaktere aus 50 Jahren PERRY RHODAN in einem Wimmelbild

"Der Erbe des Universums" im NEO-Schein. Mein Geburtstagsgeschenk an alle PERRY RHODAN-Freunde.

“»Perry Rhodan […] führt hinein in die vor uns liegenden Jahrtausende und über Abgründe hinweg zu Sternenreichen, die seit Millionen von Jahren auf uns warten. Er führt in eine Zeit, in der die Nachkommen der Menschen von der Erde nur noch wie von einem Mythos reden und ein vereinsamter Planet um eine längst erloschene Sonne kreist, die einst Mittelpunkt des Universums war.« [1]

So lautete der Vorspann zu PERRY RHODAN #1 Unternehmen “Stardust” [2] [3], mit dem heute auf den Tag genau vor 50 Jahren das Perryversum mit einer geradezu spektakulären Exposition explodierte: Bodenständige noch Nahezu-Science-Fiction über die Möglichkeiten der damals 1961 gerade erst von John F. Kennedy proklamierten ersten bemannten Mondladung traf auf eine hochspekulative Space Opera, in der kühn nichts weniger als die kosmologischen Grundannahmen zu Bühnenelementen eines nicht risikofreien kosmischen Erbantritts werden.

Im Laufe der Expansion dieses Perryversums [4] hat sich gezeigt, dass diese Vision des ersten Hefts, im bis Band 1000 durchgehaltenen Claim “Der Erbe des Universums” auch angezeigt, handlungsbestimmend war – ein “Zwiebelschalenmodell” kosmischer Evolutionsstufen und ein Großsteuerungssystem namens Moralischer Code bilden einen weitaufgefächerten kosmischen Hintergrund, vor dem sich die Schicksale und Geschichten um die Protagonisten entspinnen.

Aber der wahre Clou ist, dass das Storyuniversum durch eine Identifikationsfigur des 20. Jahrhunderts initiiert ist, durch den der Leser diese ferne Zukunft immer auch mit heutigen Augen betrachten kann.

Ein ganzer Figurenkosmos hat diesen Haupthelden Perry Rhodan und seinen Buddy Bully inzwischen durch die Jahrzehnte und Jahrtausende der Hefthandlung begleitet. Und nach Vorbild der großen Superhelden-Dioramen wie z. B. von Alex Ross’ DC-Serie Kingdom Come [5] habe ich hier zum 50. Geburtstag meine ganz persönliche Auswahl von fünfzig für mich das Perryversum repräsentierender Figuren getroffen (HiRes nach dem Klick aufs Bild oben).

Vieles, wie die “fünf Säulenheiligen” (Chefredakteur Klaus N. Frick) ist selbsterklärend, aber eine Menge der Figuren, die nicht so eindeutig kostümiert sind wie im üblichen Superhelden-Comicgewerbe, werden selbst für “terkonitstählerne” Hardcore-PR-Fans nicht auf Anhieb zu entziffern sein.

In diesem Bild hat der Zeichner also versteckt (Mehrfachnennungen sind möglich):

  • 50 Charaktere aus 50 Jahren PERRY RHODAN
  • 19 Zellaktivatorträger/Innen — mit einer Ausnahme aus kosmokratischen bzw. den Beständen von ES
  • 17 Terraner/Innen, darunter ein Pseudo-Neanderthaler
  • 9 Mutant/Innen — 6 davon Angehörige des Terranischen Mutantenkorps, davon ein Halbcyno
  • 5 generische Angehörige extraterrestrischer Völker
  • 5 Angehörige der arkonidischen Oberschicht, einer davon ein “Sternenbastard”
  • 4 Roboter bzw. Androiden, einer davon aber ursprünglich als Mensch geboren
  • 4 Umweltangepasste terranischer Abkunft
  • 3 Arkoniden-Abkömmlinge, aber einer davon bloß als Maske
  • 2 von Perry Rhodans Söhnen und eine seiner beiden Töchter
  • 2 Halbmutanten/Innen, einer davon ist Gefühlsmechaniker und Cappin-Spürer
  • 2 Höchstedle des Großen bzw. des Göttlichen Imperiums der Arkoniden
  • 2 Kosmokraten/Innen bzw. deren Inkarnationen
  • 1 ehemaliger Sotho der Milchstraße in Tarnidentität
  • 1 ehemaliger Mächtiger in Gestalt eines Puppenspielers
  • 1 Restsubstanz von supraheterodynamisches Wesen
  • 1 Superintelligenz bzw. deren Inkarnation

Wer alle Figuren errät (halbintelligente Zier- und Haustiere gelten nicht), die Liste einfach via Kommentarfunktion an mich schicken. Ich gebe die mögliche Fehlerquote bekannt. Der erste komplette Vorschlag erhält das dann farbige Diorama als Ausdruck in Schön zugesandt. Wer einen Fehler in dieser Tipp-Aufstellung entdeckt und belegen kann, natürlich auch.

Lösungshinweis I: Figuren mit starken gemeinsamen Bezügen stehen meist beieinander – in einem Fall könnte dies aber zu einem Fehlschluss verleiten.

Lösungshinweis II: Wenn Figuren durch klar zuzuordnende Kostüme oder Zubehör in der Serie charakterisiert wurden, hoffe ich, das auch berücksichtigt zu haben.

Bonus-Aufgabe: Benennt die 5 im Bild dargestellten bedeutenden PERRY RHODAN-Raumfahrzeuge des klassischen Perryversum sowie das des NEO-Universums mit Namen (wer hier alles richtig hat, kann oben eine fehlende Figur kompensieren):

  • Beiboote gelten nicht
  • Es sei denn, das Beiboot hätte sich selbst einen Namen gemacht
  • Ein 7. der ‘Raumfahrzeuge’ hat in der realen Welt an der Grenze zum Weltraum gekratzt – es sollte auch im fiktionalen Perryversum einmal von Perry Rhodan geflogen sein (Stichwort: Risikopiloten)

[1] Das in späteren Nachauflagen ‘unterdrückte’ Vision Statement aus PR I/1, zitiert nach Wikipedia
[2] Karl-Herbert Scheers PERRY RHODAN #1 Unternehmen “Stardust” in einer Flash-Datei. Hm, seltsam, aber so steht es geschrieben.
[3] Eine metikulöse Original-1961-vs.-Reprint-1988-Gegenüberstellung von Unternehmen “Stardust” für Sammlernazis]
[4] PERRYPEDIA: Perryversum (Liste der Exzellenten Artikel). Ein Lob dem PERRY RHODAN Online Club für diese Plattform, ohne die diese “Familienaufstellung” nicht möglich gewesen wäre.
[5] Alex Ross’ Offizielle Website

“Pink ist the new Black, Batman!” Das 1969er Panthermobile

"Ich weiß nicht, wer mich fährt, noch Straßenlage – doch ich komm' wieder, keine Frage." Quelle: BidSpotter

Die Geschichte des “rosaroten Panthers” ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Ursprünglich nur einer der typischen 1960er Vorspänne (“Opening title sequence”), entspann sich daraus ein monströses Franchise [1], das sich von den Realfilm-Kriminalklamotten praktisch komplett gelöst hat. The Panther of all Spin-offs.

Der namensgebende Pink Panther ist in den Filmen nur ein fiktionaler superwertvoller Diamant, der als MacGuffin auch gar nicht immer in den insgesamt elf Filmen auftaucht. Zusammen mit Henry Mancinis genialem musikalischem Intro-Samtpföter wurde die Zeichentricksequenz [2] so erfolgreich, dass das beauftragte Cartoon-Studio DePatie-Freleng Enterprises den Zuschlag für eine eigene Cartoon-Show erhielt, die in den 1970ern auch im ZDF-Vorabendprogramm lief. Mit “Paulchen Panther” und “Inspektor Closeau” als Hosts für diverse neue und recyclte Zeichentrickformate. [3]

Im Raelfilmvorspann der ersten Staffel 1969/70 taucht das Panthermobile auf, das nicht nur für den Dreh, sondern zu Promotion-Zwecken als Showcar genutzt worden ist und selbst als Spielzeugartikel zu erwerben war [4]. Das originale Showcar ist bis zum 14. Oktober 2011 bei Robson Kay & Co via BidSpotter [5] zu ersteigern.

Die Credits für das ursprüngliche Design werden bei Wikipedia Bob Reisner zugesprochen, der damit die dfuturistischen 1970er SF-Italo-Gleiter-Silhouetten à la Maserati Boomerang, Lamborghini Countach [6] oder Lancia Stratos im Concept Car-Bereich vorweg genommen hätte. Interessant ist die Anlehnung an das Fighter-Motiv in Verbindung zum Limousinen-Service: Der im Wind sitzende Pilot benötigt definitiv einen Helm, was sehr cool aussieht, aber gleichzeitig ist er bloß Chauffeur für zwei Cartoon-Figuren.

Bei BidSpotter werden die Credits an Jay Ohrberg von California Show Cars Company vergeben. Das muss keine Widerspruch beinhalten, da das Design für die Cartoon Show das eine, der Custom-Bau mit allen Extras etwas anderes ist:

“Designed by Hollywood’s master vehicle designer Jay Ohrberg, best known for having produced the world’s most coveted movie and television vehicles including, Knight Rider K.I.T.T., Back To The Future DeLorean, 1966 Batman Batmobile, 1989 Batman Batmobile, Dukes of Hazzard General Lee, Starsky & Hutch Ford Gran Torino and even the Flintstones cars, the Pink Panther car is a seminal work by this master Hollywood artisan.” [5]

Keine schlechte Gesellschaft, in der sich das Panthermobile da tummelt. Ohrberg ist unter “Jay Ohrberg’s Hollywood Cars” nach wie vor aktiv. [7]

Das Panthermobile ist hier im Vorspann der Pink Panther Show zu bewundern – im Gegensatz zur deutschen Show leider ohne das Henry-Mancini-Stück zur Untermalung (wahrscheinlich zu cool fürs junge Sonntagsmorgenpublikum):

[1] WP: The Pink Panther
[2] YouTube: Hier noch mal das 1963er Intro von Blake Edwards The Pink Panther
[3] WP: The Pink Panther Show
[4] Show Rods: The 1/25-scale Panthermobile kit]
[5] Bid Spotter: Robson Kay & Co Auction
[6] PHUTURAMA: “Wunschwirklichkeitsmaschinen in Ingolstadt”
[7] Jay Ohrberg’s HOLLYWOOD CARS

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