EXCALIBUR und Mini-RZ-Mash-up als Generationenprojekt? Diese zwei Rudig-RZs trennen 30 Jahre nicht.
Knapp ein halbes Jahr ist es her, dass auf dem PERRY RHODAN-WeltCon Jürgen Rudig als Überraschungsgast auf der Bühne des Panels “Space Design” – Die Risszeichner und ihr Bild vom Perryversum[1] saß und einiges vom Werdegang eines RZ-Avantgardisten erzählte. Auch nach dem WeltCon ist der Kontakt nicht abgebrochen. Und was ich insgeheim erhofft hatte, ist auch eingetreten: Jürgen Rudig hat nach 30 Jahren “Kreativpause” wieder mit dem Risszeichnen begonnen!
Für die Präsentation zum “Space Design”-Panel hatte Jürgen mir ein relativ unscharfes Digitalfoto einer seiner damals nicht verschwundenen oder zerstörten unveröffentlichten Risszeichnungen geschickt – als weltexklusives Schmankerl dem Anlass angemessen: Die RZ der EXCALIBUR, die in irgendeiner Kiste die 80er, 90er und die Jahrtausendwende überlebt hatte!
Für mich war die EXCALIBUR allerdings ein kaum erhofftes Wiedersehen. Denn ich kannte diese RZ noch aus einem Vorstadium ohne Fond und ohne die starken Kontrastierungen, die Jürgen in Anlehnung an seine letzte veröffentlichte Auftragsarbeit bei PERRY RHODAN, das Raumschiff der Namenlosen (PR 1123) [2], gesetzt hat. Nachhaltig beeindruckt hatte mich diese Arbeit beim Risszeichner-Treffen bei Willi Voltz in Heusenstamm im Oktober 1982. Ihr visueller Stil war zu dieser Zeit noch eher eine konsequente Weiterentwicklung des Siganesischer Spezialkreuzer der USO (PR-Magazin 4/1980-Poster) [3] bzw. der hochartifiziellen ‘mœbiuesken’ Innenillustrationen der Willi-Voltz-Fortsetzungsgeschichte Das Weltraumteam[4] (als Supplement im PR-Magazin).
Selbst wenn ihr euch in die obige Abbildung in der hochauflösenden Version gebt, werdet ihr den unglaublich detaillierten Reichtum dieser RZ eher nur erahnen können. Ohne die heutige starke Kontrastierung wirkte die EXCALIBUR damals auf den ersten Blick eher wie eine abstrakte Textur. Erst langsam wurde ich von den Formen und Details in diese Zeichnung hineingezogen. Ich habe den damaligen am Treffen teilnehmenden Redaktionsleiter (und heutigen VPM-Verlagsleiter) Walter A. Fuchs noch im Ohr, dem dies für eine Risszeichnung zu weit ging. Für mich fing es hier erst an.
Cover der Mediascene Ausgabe Januar/Februar 1979, mit einer Farbversion von Moebius’ berühmten Concept Art zu Ridley Scotts Alien. (Quelle: quenched consciousness)
Dreißig Jahre nach Blade Runner kehrt Ridley Scott wieder zur Science-Fiction zurück. Während seine Adaption der Philip K. Dick-Erzählung Träumen Androiden von Elektrischen Schafen ein “Schläfer” blieb, der erst über die Jahrzehnte und diverse Final Cuts und Redux-Versionen zu dem unangefochtenen visuellen Vorbild des hyperurbanen Cyperpunk-Genres heranreifte, war Scotts Alien von 1979 der Startschuss für eines der emblematischsten und klebrig-schleimigsten Hollywood-Franchises, das sich in diversen Exploitations-Iterationen und Crossovers Unsterblichkeit errungen hat.
Die Nachrichtenlage zu Prometheus – Dunkle Zeichen[1] ist im Moment unklar, ob es sich bei dem neuen Film um ein klassisches Prequel zur Alien-Reihe handelt. Zumindest der Trailer gibt klare visuelle Hinweise, die auf mehr hinauslaufen als ein loses shared universe.
Ich empfange auch gerade ein wie auch immer motivierten Buzz über die diversen in diesen Tagen öffentlich gemachten Teaser und Trailer, der auf das nächste Big Thing in Science Fiction seit zumindest Avatar[2] hinauslaufen soll – und den Epic Fail von Disneys John Carter[3] als ideales Kontrastmittel zu nutzen scheint.
Aber irgendwie bin ich misstrauisch, was das bisher bereitgestellte in Stills und Bewegtbild anbelangt. Ich habe das Gefühl, dass da zum Teil noch Pre-Production Animatics hinterschnitten sind, die für eine In-Game-Capture auf Crytek-Niveau okay wären, aber nicht für einen Ridley Scott-Film.
Darüberhinaus ist das in den Ausschnitten zu sehende finale Production Design stilistisch etwas heterogen – ein Best of Cobb, Foss, Gieger und natürlich Moebius. Es gibt klar zuzuordnende visuelle Reenactments des Alien-Originals wie z. B. die Landesequenz des Raumschiffs, das sehr an das der Nostromo angelehnt ist; manches ist aber auch unangenehm grell oder wirkt digitally over defined.
Ein Klassiker ist es natürlich, dass wiederum eine Unterwäschenummer mit einer Working Class Heroin vorkommt – eine Szene, die im Alien-Original auf vielfältigen Ebenen kommunizierte und Sigourney Weaver als Ellen Ripley zu einer “Ikone der Frauenbewegung im Kino” [4] werden ließ.
Hier einer der internationalen Trailer, der auch über den am Ende dramatisch sich aufschaukelnden Scream-Score zu gewinnen weiß:
"Startnummer 0." Es ist ein Gerücht, dass Nissan für The Dark Knight Rises ein Batmobile in Schlumpfhausen hat entwickeln lassen. Via IEDEI bzw. l’endurance.
“Win on Sunday, sell on Monday,” lautet die Goldene Regel des Motorsport-Marketings. Nissans Nennung für die 24 Heures du Mans 2102 wird dem wohl nicht ganz gerecht werden, auch wenn dieses Dragster-artige Geschoss sicherlich schon jetzt ein konkurrenzloser Gewinner der Herzen ist.
In meinem automobilen Lieblingsblog IEDEI [1] gibt es noch weiteres interessantes Material zu diesem fahrdynamisch kühn wirkenden Fahrzeug, das allerdings in den dort verlinkten Videos durchaus zeigt, dass es zackig um die Ecken zu schwirren weiß.
Wie es sich für einen japanisch-französischen Multi gehört, findet sich auf deren eigenen Seiten keinerlei Informationen über dieses Projekt, während ansonsten alle üblichen motorjournalistischen Quellen darüber berichten. Klar auch heise.de [2] weiß um die frappierenden Designanleihen irgendwo zwischen Lockheed SR-71 und Batmobile; die Originalquellen zum Projekt werden aber auch hier nicht genannt.
Ich bin trotzdem vom außergewöhnlichen Gesamtpaket überzeugt und halte den DeltaWing für einen Concorde Moment. Wenn es denn dem Team gelingen sollte, die angekündigte Performance in Le Mans selbst nur in den Trainings aufblitzen zu lassen.
Diesmal zu den Sternen! Wenn es nur nicht die Iso-Zen sind, würden wir, seine Adepten, Mœbius in den Abstraktraum folgen, um diesem sinnentleerten luftdichten Phantomschmerz zu entgehen. (Sauce: quenched consciousness)
Das Werk von Mœbius aka Jean Giraud [1] ist ein beständiges ästhetisches Hintergrundrauschen eines gewaltigen zeichnerischen Urknalls, dessen heiße expansive Phase von Mitte der 1960er bis Ende der 1980er dauerte. Der Strahlungsschock hat das gesamte Genre der spekulativen, fantastischen und utopischen Bilderwelten in Comics, Film und Games für alle Zeiten gezeichnet.
Für mich hier in PHUTURAMA war Mœbius so omnipräsent, das ich bisher gar keinen eigenständigen Post zu ihm schreiben musste – und sich mir aufgrund der ausufernden Vielfalt seines Werks auch keine umfassende thematische Klammer aufgedrängt hätte. Um sein allgegenwärtiges Genie trotzdem zu würdigen, hatte ich in letzter Zeit mehrfach das Moebiusband einfach gewendet und gebootlegte Arbeiten von ihm via quenched consciousness[2] zur Illustration der Themen verwandt, die keinen eigenen visuellen Trigger im PHUTURAMA-Sinne aufzuweisen hatten.
So hatte ich letzte Woche unter der Bildunterschrift “Die sozialen Netzwerkgiganten: Halb ziehen sie uns, halb steigen wir zu ihnen auf” eine mir passend erscheinende Zeichnung von Mœbius zur Illustration meines Beitrags “Digitaler Phantomschmerz.” Mein Abschied von Google+ [3] zweckverwandt. Seit heute gibt es in diesem Blog die Kategorie Mœbius / Jean Giraud, wo auch unter anderem dieser Einsatz seiner Illustrationen aufgelistet ist.
Unter dem Eindruck seines Tods und der schon dazu geschriebenen Beiträge wurde mir bewusst, dass die ausgewählte Seite aus Upon A Star[4] für den Google+ Beitrag auf besondere Art prophetisch gewesen ist. Jean Giraud Mœbius verläßt – gefolgt von all seinen Bewunderern und Adepten, also uns! – diesen Planeten (Auch als Anspielung auf Jean Girauds zehnjährige als beinahe bedingungslos beschriebene Gefolgschaft in der New-Age-Erlösungssekte des Jean-Paul Appel-Guéry aka Ios. Diesmal illustriert also Mœbius hier sich und sein Schicksal selbst:
“… and the Living Starcraft embraces them all for the Journey to come.” [5]
"Captcha!" Träumen SEO-Manager von Artificial Eyeballs? Generation-Nexus-6-Replikant Roy Batty macht der Aufmerksamkeitsökonomie schöne Augen (Quelle: Blade Runner)
Letzte Woche habe ich anläßlich, aber nicht unbedingt ursächlich des Inkrafttretens der neuen diensteübergreifenden Datenschutzrichtlinie meinen Google+ Account gelöscht. Ich habe darüber hier [1] und hier [2] zwei Posts verfasst. In den darauf folgenden Gesprächen sind mir aber noch ein paar Gedanken durch den Kopf geschossen, die ich hier einmal mit dem eigentlich nicht zwingend damit verbundenen 30. Todestags Philip K. Dicks [3] und des anstehenden 30. Jubiläums der bedeutendsten filmischen Adaption eines seiner Werke, nämlich Blade Runner (1982) [4] von Ridley Scott nach Dicks Erzählung Do Androids Dream of Electric Sheep?[5] montiert habe.
Während des ‘Löschens’ – ich gehe hier eher von einer Form des ‘Auskommentierens’ aus – meines Google+ Accounts hat das System noch einmal ausdrücklich erklärt, dass alle meine Posts, Shares Beiträge Dritter sowie alle akkumulierten +1 aus dem System entfernt werden. Diese Konsequenz fand ich interessant. Ehrlich gesagt, hatte ich beim ‘Löschen’ meines Accounts mir nur vorgestellt, dass die von mir gebildeten Kreise entfallen, meine Präsenz in den Kreisen von anderen entfällt, sowie alle nicht-öffentlichen Beiträge oder Shares. Da ich Google+ überwiegend als öffentliche Plattform genutzt hatte, war ich so naiv, zu glauben, dass meine bisherigen Beiträge als Teil einer generell öffentlich zugänglichen Google+ Almende auch erhalten bleiben mögen.
In meinem blinden Fanatismus, Mountain View es jetzt aber mal richtig zu geben, wollte ich den Gedanken, den Google+ Account einfach stehen zu lassen gar nicht an mich heranlassen. So halte ich es mit einem comdirect-Konto, über das ich in 13 Jahren keinerlei Umsätze getätigt habe, und von dem mir regelmäßig per Post der Saldo € o,00 mitteilt wird. Im Sinne einer erweiterten Spackeria-Perspektive [6] habe ich mich sogar eines “Datenverbrechens” schuldig gemacht, wie mspro in seinem zur Open Mind 2010 gehaltenen Vortrag Das radikale Recht des Anderen[7] schreibt:
“Nein, hier wird für den Anderen entschieden und zwar ohne Kenntnis seines Interesses, seiner Filter und seiner Kompetenz.”
OK, ich habe mspros radikale Queryology, die das universale Quellenverständnis eines Historikers aus der methodologischen Forschung in die Gegenwart der persönlichen Alltagskommunikation überführt und radikal aktualisiert, bisher immer mehr als theoretisch mögliches Ideologiekonstrukt von erheblicher Abstraktionshöhe aufgefasst; diesmal aber habe ich bewusst wahrgenommen, dass mspros Proklamation dieses “radikalen Recht des Anderen” aktuelle Gültigkeit besitzt.
Mit der Löschung meines Google+ Accounts habe ich Dritten – und natürlich auch dem Systembetreiber Google als meinem direkten “Vertragspartner” – im Rahmen der Aufmerksamkeitsökonomie einen zwar kleinen, aber doch substanziellen Wertverlust beigefügt. Menschen posten mehr oder weniger interessante Dinge, die von ihnen und ihren beteiligten Verkehrskreisen als relevant (oder nur lustig) angesehen werden. Mit der sorgfältigen Setzung eines Links, eines erklärenden Textes dazu, der Kommentierung eines schon bestehenden anderen Beitrags und dessen etwaigen +1 Auszeichnung wird Arbeit im sozialen Netzwerk geleistet. Diese Arbeit wird in gegenseitig anwachsender Vernetzung, Weiterleitung und Auflistung der +1 Aktionen akkumuliert und stellt ein – mit gewissen Aufwand auch in konventionellen ökonometrischen Kategorien zu fassendes – ‘Vermögen’ dar.
In meinem Fall – und ich war am 29. Februar 2012 vielleicht gar kein Einzelfall – wurden meine gesamten Shares und alle getätigten +1 Belohnungen den anderen Google+ Teilnehmern wieder entzogen. Dieses Vermögen wurde vernichtet. Das tut mir leid! Wenn ich die Verbindung zur ‘realen Welt’ ziehe, finde ich den aufscheinenden blinden Fleck in der sich manifestierenden “Eyeball Economy” bemerkenswert:
Stellt euch vor, mit der Löschung meines Sparkassen-Girokontos würde ich rückwirkend auf Jahre alle getätigten Überweisungen widerrufen und den Begünstigten damit entziehen – ohne dass diese Beträge bei mir oder sonst wem wieder auftauchen würden. Deflation galore!
Epilog:
Philip K. Dick starb vor 30 Jahren am 2. März 1982, Ridley Scotts Adaption von Dicks Erzählung kam als Blade Runner am 25. Juni 1982 in die US-Kinos (Deutschland-Start war im Oktober 1982). In einer der eindrucksvollsten Szenen der Filmgeschichte (“Perhaps the most moving death soliloquy in cinematic history”)[8] sagt Rutger Hauer als charismatischer Anführer Roy der vergeblichen Replikanten-Aufbegehrens, der im Sterben das (Weiter-)Leben seines Widersachers Deckard ermöglicht – und damit den Claim des Replikanten-Herstellers Tyrell Corp. “Menschlicher als der Mensch” noch überbietet:
„Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. [Pause] Zeit zu sterben.“
“I’ve seen things you people wouldn’t believe. Attack ships on fire off the shoulder of Orion. I watched C-beams glitter in the dark near the Tannhauser Gate. All those moments will be lost in time like tears in rain. [Pause] Time to die.”
"Absolut modern." Der slicke Look der 'mittleren' Trilogie der Lucas'schen Merchandising-Monstrosität hat überhaupt nichts Märchenhaftes an sich – dank Ralph McQuarrie.
Am 3. März 2012 ist Ralph McQuarrie verstorben, von dem gesagt wird, dass seine bahnbrechende Concept Art wesentlich zum Erfolg der Star Wars-Filmreihe beigetragen hat – indem er nämlichdurch seine visionären Production Paintings die erste Folge IV A New Hope überhaupt die Pre-Production-Phase überstehen half.
Sein Wirken in der Pitching-Phase eines solchen Projekts wie Krieg der Sterne hat dazu geführt, dass Concept Art für ein bestimmtes Genre Film – nämlich S/FX-geladene Science Fiction, Fantasy und Horror – zu einem absoluten Muss in der Konzeptionsphase geworden ist. Schön, dass das obige emblematische Motiv des Dogfights zwischen X-Wing-Fighter und imperialem Tie-Fighter noch diese kleine Differenz im Detail zwischen Production Painting und späterer Modellbauarbeit fürs Filmset zeigt: Die einzelnen halbkreisförmigen ‘Luftansaugöffnungen” des X-Wing-Fighters, die bei zugeklappter Flügelstellung ein konventionell geformtes turbinen-artiges Triebwerk ergäben, haben es nicht in den Filmmodelle geschafft.
Beim Harmonisierungsfuror, der die späteren Digitalversionen der ‘mittleren’ Trilogie ihrer zeitgenössischen Authentizität beraubt haben, hatte ich schon befürchtet, dass es diese ursprüngliche Conceptual Art McQuarries gar nicht mehr im Netz zu sehen gibt. Aber dieses vernachlässigbare Detail eines “Split-Intakes” ist gleichzeitig auch eine Beispiel gelungenen “symbolischen Designs” im phuturistischem Sinne: Ralph McQuarrie gibt in diesem Still, das ja die SF/X-Action einer der den Film so prägenden Bewegtbildsequenzen vorausahnen läßt, entscheidende visuelle Hinweise auf die filmdramaturgischen Qualitäten des X-Wing-Fighter-Entwurfs: Er kann seine Flügel spreizen!
Klar, die in den späteren Tricksequenzen genutzten Modelle zeigen diese Eigenschaft direkt; fürs visionäre, die Vorstellungskraft der Entscheider anspringende Visualisierung in dem einen entscheidenden Production Painting ist dieser Designtrick, der die dynamische Potential des X-Wing-Fighters damit subkutan transportiert, ein Ausweis der Klasse Ralph McQuarries als Concept Designer, die weit über seine unbestrittenen malerischen und illustratorischen Fertigkeiten hinausweist.
Ralph McQuarrie ist damit der Erfinder der Concept Art geworden. Schande über mich, dass ich mich, einfach, weil er immer seit Star Wars immer da war, nie mehr so eingehend mit ihm und seinen Arbeiten beschäftigt habe. René von nerdcore war da natürlich weiter. [1] Auf Ralph McQuarries Website [2] selbst gewinnt man darüberhinaus einen guter Überblick, wie groß sein Einfluss jenseits von Star Wars gewesen ist – wie z. B. Battlestar Galactica, E.T., Star Trek und vielen weiteren SF-Klassikern.
Die sozialen Netzwerkgiganten: Halb ziehen sie uns, halb steigen wir zu ihnen auf. (Quelle: Mœbius aka Jean Giraud † 11. März 2012 via "quenched consciousness")
Gestern hatte ich mich spontan auf Grund der veränderten einheitlichen Datenschutzrichtlinie Googles hinreissen lassen, meinen Google+ Account [1] zu löschen. Mir gefiel die damit heraufziehende Problematik ganz und nicht, dass diese Dienste übergreifende Integration zu viel Wissen über mich über sehr unterschiedliche Nutzungsanlässe hinweg zusammenbringt und möglicherweise von Google gegen meine Interessen verknüpft wird.
Spätestens seit sich Googles Geschäftsmodells als das eines “Reclamebureaus” heraus kristallisiert hat, habe ich mich der weiteren Dienste eher selten und in der Regel anonym bedient (Maps, Docs etc.). Die dieser Tage oft angesprochene und zur Löschung empfohlene individuelle Web-History hatte ich nie aktiviert, so dass alle möglichen Einträge nur gerätebezogen und damit weniger valide auf mich rückbezogen werden können </naiv>. Googles Ökosystem zentriert sich um die für uns Nutzer unangenehme Frage, wie Mountain View seinen werbetreibenden Kunden diese à point zuliefern kann. Dabei haben sich so interessante Spezialdienste wie Real-time-bidding[2] etabliert, die für mich nach dermaßen abgefahrener Science Fiction klingen, wie es sich nicht einmal William Gibson vorzustellen vermocht hatte. In dieser allgemeinen “If You’re Not Paying for It; You’re the Product”-Geschäftsmodellwelt tut sich eine immer weiter klaffende Schere zwischen unseren Nutzeransprüchen und der notwendigen Refinanzierungsstrategie der Anbieter auf, so dass ich einmal fragen möchte: Warum will Google (Twitter, Facebook etc.) mich denn nicht als (zahlenden) Kunden?
Der gestrige “Downgrade” meines Google-Accounts hat mich nachdenklich werden lassen ob des “digitalen Phantomschmerzes”, den ich mir jetzt mit dem endgültigen Verlust meiner akkumulierten Google+ Einträge aus immerhin einem halben Jahr eingehandelt habe. Google+ war für mich nur ein lauwarmer sozialer Zweitspielplatz, der mich zunehmend belastet hatte, aber wie abhängig bin ich dann vom wirklich intensiv genutzten Twitter? Es ist immer nur halb im Scherz gesprochen, wenn ich beim Evangelisieren sage: “Twitter hat mein Leben geändert.”
Gestern wollte ich mit Google Schluss machen (es hat nur zu Google+ gereicht – aus Gründen) – und trotzdem hatte ich den Anflug einer (natürlich auch narzisstisch geprägten) Depression wie nach einer echten Trennung. Juristen kennen in ihrer formalen Kategorisierung die besondere Problematik von Dauerschuldverhältnissen wie Miete, Ehe, Arbeit (für die es zum Teil spezialisierte Gerichtsstände gibt), Versorgern wie Kabel-TV-Anbietern, Gas-, Wasser, Stromlieferanten, Telefon- und Internet-Providern, Banken und Versicherungen oder von Kindheit oder Jugend an organisierten Partei- oder Religionszugehörigkeiten, aber inzwischen gehört auch die Integration in ein sozialen Netzwerk wie Facebook, Twitter oder Google+ in diese Kategorie. Es hat damit eine existenzielle “Stickiness” erreicht, die ich für mich persönlich erst gar nicht für möglich gehalten hätte.
Das heißt, diese sozialen Netzwerke sind mir sehr wichtig, wichtiger als viel andere Dinge, für die ich regelmäßig Geld zahle, und wahrscheinlich geht es vielen so. Warum also die Verhältnisse nicht vom Kopf auf die Füße stellen und Kunde werden – und nicht deren Produkt bleiben? Dafür müssen die marktbeherrschenden Gratisdienste ihre unentgeltlichen Leistungen einschränken (oder vielleicht sogar von Staatswegen dazu gezwungen werden) und attraktive Kunden-Upgrades anbieten, die mich von der ganzen persönlichen Entäußerung gegenüber Dritten frei stellen und mir für faires Geld die von mir wirklich gewünschten Dienstleistungen wie Suche, Routen, Netzwerkkommunikation liefern.
Eine Kontigentierung von Leistungen könnte darüberhinaus das angemessenes Preisbewusstsein auf der Nutzer-/Kundenseite für die gebotenen Dienste wiedererwecken. Denn jetzt sind die Carbon-Footprints einer jeden Suchanfrage, einer jeden abgeschickten E-Mail oder einesjeden Facebook-Likes nur virtuelle Erinnerungsposten in den Schlechtes-Gewissens-Bilanzen der Öko-Lobbys. Die vermeintliche Gratisnetzkultur, die uns Nutzer im Moment auf unheimliche Weise hinterrücks in Rechnung gestellt wird, operiert damit doch zu weiten Teilen nach Dumping-Prinzipien, die in der “Realwirtschaft” schon zum Teil seit über einhundert Jahren als gegen die guten Sitten, gegen den lauteren Wettbewerb und gegen den Verbraucherschutz verstoßend geächtet und sanktioniert werden.
Darüberhinaus erzielen die sozialen Netze eine täglich routiniertere Loyalitätspraxis, die die mich umgebenden staatlichen Instanzen, die (Stichwort: E-Government) als Verwaltungsapparate auch zügig zu IT-Infrastrukturdiensten mutieren werden, gar nicht mehr aufzubringen vermögen. Die Herausforderung der konventionellen nationalstaatlichen Bindungskräfte durch die Macht der sozialen Netze ist gar nicht deren aktuelle Organisationsmacht für zivilgesellschaftliches Aufbegehren wie im Arabischen Frühling, sondern ihr Potential, neue transnationale Loyalitätsgemeinschaften von politischer Wucht zu etablieren, die mich historisch an die Rolle der katholischen Kirche (Stichwort: Kulturkampf) bzw. später der internationalen Arbeiterbewegung und – tagesaktueller – an die den multinationalen Konzernen zugesprochene Machtfülle erinnern.
Der Film 8th Wonderland[3] hat dieses Unbehagen ebenso aufgezeigt wie die jüngst wohl von Facebook selbst (meiner völlig ungestützten Vermutung nach) unterbundene Aktion von Tobias Leingruber in Kooperation mit Supermarkt Berlin, Facebook ID-Cards [4] auszugeben. Das soziale Netzwerk möchte sich lieber unterm Radarschirm der politischen Aufmerksamkeit bewegen.
Hier der Trailer, den ich für ganz schön schmissig halte und nach den ganzen Wikileaks- und Anonymous-Kämpfen für mich fast schon authentisch wirkt: