»Ant-Man« – Marvels Mikrokosmos expandiert

Die kleinen Dinge mal ganz groß sehen – Marvels »Ant-Man«

Mehr Zerstörung und Action war bislang die goldene Regel der zahlreichen Marvel/Disney-Filme. Der schier endlose, teilweise ermüdende Malstrom, aus berstenden Gebäuden oder epischen Schlachten hatte zuletzt in Captain America: The Winter Soldier und Avengers 2: Age of Ultron eher langweilige Höhepunkt erfahren.

Nun schickt Marvel einen winzigen Helden an den Start das actionüberdrüssige Gemüt der Zuschauer zu besänftigen und das Boxoffice zu erobern – Ant-Man! Und in diesem Fall könnte der Plan aufgehen. Ant-Man betrat 1962 das Marvel-Universum, erdacht von Stan Lee, Larry Lieber und Jack Kirby. Ein Superheld aus der zweiten Reihe, der nun im gleichnamigen Film von Peyton Reed (Girls United, Yes Man) einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden soll. Reed ist mit Ant-Man zweifellos der beste Film seiner bisherigen Karriere gelungen. Mit einer gehörigen Portion Witz und Selbstironie wird der Zuschauer in einen phantasievoll gestalteten Mikrokosmos entführt, wo schon ein paar Wassertropfen ernsthafte Probleme für Leib und Leben darstellen können, der aber auch neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet …

Bereits mit Guardians of the Galaxy wurde dem Zuschauer ein eher unbekannterer Teil des Marvel-Universums vorgestellt. Gewürzt mit einer Portion Humor und Ironie konnten die Guardians viele Pluspunkte beim Publikum sammeln. Derartiges scheinen die Macher von Ant-Man wieder anzustreben. Selten nahm sich ein Superheldenfilm so sehr auf die Schippe. Das funktioniert streckenweise richtig gut, schießt jedoch bei den witzig gedachten Einlagen der Sidekick-Gaunergang des verkrachten Protagonisten Scott Lang (Paul Rudd) aka Ant-Man leider übers Ziel hinaus. Die Einlagen dieser Chaostruppe wirken bemüht. Es gibt keine tragfähigen Frauenrollen im Film. Weder Hope van Dyne (Evangeline Lilly als Tochter des Verkleinerungsgenies Dr. Pym, gespielt von Michael Douglas) noch Langs Ex-Frau können sich frei spielen und  Eigenständigkeit erlangen.

Darüberhinaus bleiben charismatische Bösewichte bei Marvel Mangelware. Denn außer Thors Loki warten wir auf bemerkenswerten Gegenspieler der Superhelden. Auch bei Ant-Man bleibt Stoll als Darren Cross als Yellowjacket farblos. Schade. In solchen Momenten fragt man sich etwas wehmütig: Was wäre gewesen wenn Edgar Wright (Shaun of the Dead) Regie geführt hätte? Er hatte mehrere Jahre am Projekt mitgearbeitet, schied dann aber aus, nachdem er sich mit Marvel/Disney überwarf. Trotz allem ist der Film unterhaltsam. Dies ist vor allem dem blendend aufgelegten Cast, allen voran Paul Rudd in der Titelrolle, zu verdanken. Auch Michael Douglas ist anzumerken, welche Freude ihm die Rolle des Dr. Pym bereitet haben muss. Und eine Menge Ameisen sind auch mit von der Partie. Sie sind die heimlichen Co-Stars des Films, zeigen sie doch, dass trotz Winzigkeit, große Dinge geschaffen werden können, wenn man zusammenarbeitet.

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