Seit über sechs Jahrzehnten begeistern und faszinieren die Science-Fiction-Abenteuer von Perry Rhodan Generationen von Lesern. Legendär wurden damit auch die ausgefeilten Risszeichnungen, die detailgenau Raumschiffe und andere technische Innovationen abbilden. Die Risszeichnungen sind angelehnt an technische Zeichnungen der Gegenwart ohne auf physikalische, wissenschaftliche Erkenntnisse Rücksicht nehmen zu müssen.
Die Ausstellung im >>Industriesalon Schöneweide in Berlin versammelte zwischen dem 9. September und 26. November 2023 über dreißig nie zuvor ausgestellte Originalwerke, Sammlerdrucke und Exklusiv-Prints der digitalen Arbeiten aus sechs Jahrzehnten.
Die erste Ausstellung mit Risszeichnungen zur PERRY RHODAN-Serie – Eröffnung am Wochenende [8./9. September 2023] in Berlin
Der Industriesalon Schöneweide in Berlin-Köpenick präsentiert ab Samstag, den 9. September [2023] mehr als dreißig Werke von dreißig Risszeichnern und einer Zeichnerin aus sechs Jahrzehnten – viele im Original, als rare Sammlerdrucke oder Computerausdrucke der modernen digitalen Arbeiten.
Die Risszeichnungen geben detaillierte Einblicke in die fiktive Technik der Raumschiffe, Raumstationen, Roboter und Maschinenanlagen der PERRY RHODAN-Serie. Die seit 1961 wöchentlich erscheinende Science-Fiction-Heftromanserie ist ein literarischer Welterfolg und Kult-Phänomen. Und seit 1965 begeistern die vierwöchentlich in der Heftmitte abgedruckten Risszeichnungen die Leser in besonderer Weise.
Für viele Kinder und Jugendliche waren die professionell gezeichneten Technikdarstellungen in den Heften der Erstkontakt mit dem Serienkosmos um den unsterblichen Weltraumhelden Perry Rhodan. Sie waren ein Turbo für die Fantasie und die Faszination am »Perryversum«.
Gerade in den sechziger und siebziger Jahren waren die Risszeichnungen in den PERRY RHODAN-Heften viel aufwändiger und handwerklich überzeugender gezeichnet als die meisten realen [zeitgenössischen] Technikillustrationen in Auto- oder Flugzeugzeitschriften.
Auch in der internationalen Science-Fiction-Szene hatte die Weltraum-Serie aus Deutschland damit ein Alleinstellungsmerkmal. Erst später zogen STAR TREK und STAR WARS mit ähnlichen Risszeichnungen zu ihren Raumschiffen, Raumstationen und Robotern nach.
Die Berliner Ausstellung zeichnet diese Entwicklung anhand der ausgewählten Risszeichnungen nach. Albert Markert, den Initiator und künstlerischen Leiter des Industriesalons Schöneweide, interessiert[e] dabei die »individuelle Selbstermächtigung«, mit der die jungen PERRY RHODAN-Fans sich mit ihren Arbeiten in den Kanon des »Perryversums« eingeschrieben haben.
»Die Risszeichnungen eröffneten den Weg, selbst ein Teil des Phänomens PERRY RHODAN zu werden,« so Albert Markert.
Eine junge Generation von PERRY RHODAN-Fans nahm ab Mitte der siebziger Jahre die Sache selbst in die Hand. Diese Risszeichner waren autodidaktisch an ihren großen Vorbildern Rudolf Zengerle, Ingolf Thaler und Bernard Stoessel geschult – und führten als »New Wave« das Genre der Risszeichnungen in PERRY RHODAN zu einem kreativen Höhepunkt.
IN LINEARTRÄUMEN – Die Risszeichnungen zur PERRY RHODAN-Serie, so der Titel der Ausstellung in Berlin, präsentiert die Highlights dieser kreativen Hochphase. Darunter das »Saturnraumschiff der Choolks« vom bekannten Wiener Illustrator und Grafik-Designer Jürgen Luetke, eine »Experimental-Risszeichnung« von Oliver Scholl, dem heute in Hollywood erfolgreichen Production Designer für die Science Fiction-Blockbuster von Roland Emmerich und eine exklusive Neuzeichnung des verschollenen Debüts des Starzeichners Jürgen Rudig aus dem Jahre 1978.
Für die Auswahl der Arbeiten konnte Gregor Sedlag gewonnen werden. Der in Berlin lebende Illustrator ist selbst seit den achtziger Jahren Mitglied des PERRY RHODAN-Risszeichnerteams und schreibt in seinem Blog PHUTURAMA über das Phänomen Risszeichnungen und die Ästhetik der Science Fiction-Bildwelten im Allgemeinen.
»Eine vergleichbar umfassende Zusammenstellung der bedeutendsten Risszeichnungen für PERRY RHODAN im Original oder als Bleistiftvorzeichnungen wird es nie wieder geben,« ist Gregor Sedlag überzeugt.
Diese einmalige Risszeichnungsausstellung wendet sich an ein breites Publikum. Deshalb ergänzen die Ausstellungsmacher Albert Markert und Gregor Sedlag die ausgestellten Risszeichnungen mit einer Reihe besonderer Exponate zum Phänomen PERRY RHODAN. Darunter auch verwandte Fanprojekte aus der PERRY RHODAN-Community wie die Fotobücher mit Raumschiffen in 3D-Grafik von Thomas Röhrs, die individuellen Modellbauarbeiten von Dennis Chmielecki [sowie Holger Logemanns faszinierende virtuelle Computer-Konstruktion »Korvettenprojekt 3435 A. D.«]
Die Eröffnung der Ausstellung [fand] am Samstag, den 9. September 2023 um 16 Uhr statt – u. a. mit einem Podiumsgespräch mit der für die Risszeichnungen zuständigen PERRY RHODAN-Autorin und »Chief Technology Officer« Verena Themsen.
Die Ausstellung [lief nach zwischenzeitlicher Verlängerung] bis zum 26. November 2023. Der Eintritt war frei.
[Das Link zur Ausstellung: https://www.industriesalon.de/in-lineartraeumen/]
Der Industriesalon Schöneweide ist ein Ort der Begegnung und Vermittlung und hat es sich zur Aufgabe gestellt, die bedeutende Industriekultur von Berlin Schöneweide vor Ort sichtbar zu machen: https://www.industriesalon.de
Die Ausstellung IN LINEARTRÄUMEN – Die Risszeichnungen zur PERRY RHODAN-Serie ist unabhängig vom Pabel-Moewig Verlag KG und der PERRY RHODAN-Redaktion. Die PERRY RHODAN-Redaktion [hat] die Ausstellung kommunikativ [unterstützt und begleitet].
Anmerkung: Der Titel der Ausstellung IN LINEARTRÄUMEN ist eine Anspielung auf das in der PERRY RHODAN-Serie favorisierte Medium für den überlichtschnellen Raumflug – nämlich den “Linearraum”. Die Risszeichnungen wiederum sind der Fantasie und den Träumen der Zeichner entsprungen, die ihre Entwürfe in und durch Konturlinien verwirklichen.
Wie Risszeichnungen den Weg eröffneten, selbst ein kleiner Teil des Phänomens PERRY RHODAN zu werden – von Heiner Högel
Heiner Högel hat diesen Text speziell für IN LINEARTRÄUME verfasst. Er hat dankenswerterweise für die Ausstellung die Bleistiftvorzeichnung seines epochalen »Forschungskreuzers der GAVÖK, PAX-Klasse« zur Verfügung gestellt.
Am Anfang stand die Faszination, die eine Science-Fiction-Serie vom Kaliber PERRY RHODAN auf einen Fünfzehnjährigen Mitte der siebziger Jahre ausübte. In einer Zeit, in der man noch nicht wie heute mit medialen Inhalten aller Art buchstäblich überflutet wurde. Da lernte die Fantasie fliegen, indem jede Woche ein Roman voller futuristischer Wunder verschlungen wurde. Trotz der aus heutiger Sicht reichlich martialischen Szenarien wurde die eigene Imagination im positiven Sinne angeheizt. Generell waren die Begriffe »Zukunft« und »Technik« überwiegend positiv besetzt, das Jahr 2000 noch unvorstellbar fern und gleichzeitig ein Projektionsort großer Erwartungen. Die PERRY RHODAN-Serie verkörperte den im Grunde ganz unschuldigen Traum vom Reisen zu fernen Sternen, dem Erforschen exotischer Welten und der Entwicklung völlig neuer Technik, um dies alles zu ermöglichen.
Dabei wurden durch die Illustrationen und Titelbilder der Serie auch visuelle Welten eröffnet, die bei kreativen Jugendlichen wie mir auf Resonanz stießen. Übrigens auch durchaus kritischer, denn einige Abbildungen konnten schon mal Verwunderung auslösen, wenn die Beschreibungen in den Romanen ganz anders waren als die Illustrationen. Die größte Anziehungskraft ging für mich aber von den Raumschiffen aus, die gerade am Anfang der Serie treibendes und tragendes Element jeder Handlung waren. Beim Lesen wurde jedes technische Detail aufgesogen im Bestreben, sich eine stetig wachsende Vorstellung von den Details dieser imaginären Technik zu machen.
Schon früh wurde der visuelle Part der Serie durch »Risszeichnungen« ergänzt, die anfangs unregelmäßig und später alle vier Wochen eine Doppelseite in der Heftmitte zierten. Ihr Gattungsname war von der Zeichentechnik abgeleitet, bei der die Raumschiffe buchstäblich »aufgerissen« darstellt wurden, so dass man Einblick in unzählige Feinheiten des inneren Aufbaus der Sternenschiffe bekam. Technische Explosionszeichnungen aus dem Ingenieurswesen waren Widerpart und Vorbild dazu in der realen Welt.
Diese Risszeichnungen verliehen den Raumfahrzeugen eine gesteigerte Art von Realismus, die das eigene Vorstellungsvermögen nur noch mehr anstachelte. Bald entstanden die ersten eigenen Zeichnungen, Schülerkritzeleien ohne besonderen Wert (außer für einen selbst). Und schnell begann auch das Forschen, wie diese bewunderten Werke der ersten Risszeichner eigentlich handwerklich gemacht wurden. Wie den meisten »Schicksalsgenossen« der zukünftigen nächsten Risszeichnerriege fielen mir dann irgendwann die ersten Zeichenschablonen in die Hände. Dazu ein Band über technisches Zeichnen aus der Bücherei – und schon reifte die Idee (oder sogar der Drang), es selbst einmal damit zu versuchen.
Dank Willi Voltz, dem sehr am Kontakt mit den Lesern interessierten Autor, Exposé-Schreiber und Redakteur der PERRY RHODAN-Serie gab es damals die Möglichkeit, ihm eigene Machwerke zuzuschicken – mit der minimalen Hoffnung, dass diese auf der wöchentlichen Leserkontaktseite der Serie abgedruckt würden. Und ein paar schafften es von da aus dann sogar bis in den »Olymp«: eine eigene in der Heftmitte veröffentlichte Zeichnung.
Viele meiner Mitstreiter haben sich anfangs an den Sujets der aktuellen Romanhandlung orientiert, also Technik aus den Beschreibungen der Serie abgebildet und mit detailliertem Leben erfüllt. Dazu vergab die Redaktion später auch spezifische Aufträge. Aber das musste nicht zwingend so sein, zumindest gab es zu dieser Zeit noch keine allzu strengen Regeln seitens des Verlags dazu. Und ich selbst sah das von Anfang an definitiv nicht so eng. Ich tobte meine Fantasie lieber bei Raumschiffen aus, die (meiner Meinung nach) gut in den Handlungskosmos passen würden, aber eben nicht direkt aus den Romanen stammten.
Das »Was-wäre-wenn«, die kreative Triebfeder der Science-Fiction-Literatur schlechthin, ließ mich Konzepte erforschen, die in Zwischenräumen der großen Handlungsbögen Platz fanden. Natürlich stets darauf bedacht, den »Kanon« der Serie nicht zu verlassen, aber dennoch neue Räume für die eigene Imagination zu erkunden. Hilfreich war auch, dass es zu den Risszeichnungen meistens auch Bildlegenden und allgemeine Ergänzungstexte gab, die üblicherweise vom Zeichner selbst verfasst wurden. Bei mir waren diese Textanteile immer etwas umfangreicher, weil sie mir eine weitere Plattform zur Vermittlung meiner kreativen Vorstellungen verschafften.
In der Rückschau kann man das heute besser erkennen: Das Risszeichnen hat es vielen (vor allem jungen) Serienanhängern erlaubt, von konsumierenden Fans zu Mitgestaltern eines gigantischen Universums der Vorstellung zu werden. Da meine Mitstreiter und ich aus eigenem Entschluss und aus dem Wunsch heraus, selbst kreativ zu werden, unsere zeichnerischen Beiträge geleistet haben, kann man sagen, dass wir uns buchstäblich selbst »ermächtigt« haben, unsere Fußabdrücke im Gesamtwerk dieser mittlerweile seit unglaublichen 62 Jahre laufenden Romanserie zu hinterlassen.
Es ist Außenstehenden wahrscheinlich kaum zu vermitteln, welche Befriedigung es bei einem jungen Menschen auslöst, wenn man eine eigene Idee in ein solch großes Werk der Imagination einfließen lassen oder auch »ein- schmuggeln« kann. Mir selbst ist das zweimal gelungen. Aus den bestehenden Technologie-Beschreibungen der Romane hatte ich eine bisher nicht »existierende« Form eines Atmosphärenantriebs abgeleitet, den sogenannten »Gravojet«. Tatsächlich tauchte meine »Erfindung« dann vereinzelt sogar in Romanen und Risszeichnungen anderer Kreativer auf.
Und zum anderen ist es mir gelungen, meinen Zeichnerkollegen eine weitere Veröffentlichungsplattform innerhalb der Heftserie zu verschaffen. Die sogenannten »Datenblätter« waren zunächst nur als ebenfalls vierwöchentlich erscheinende Ergänzung gedacht, um Seitenrisse von Raumschiffen der Serie darzustellen (analog zu Typenbüchern der realen Luftfahrt). Der schon erwähnte (legendäre) Autor und Redakteur Willi Voltz hatte meinem Vorschlag zunächst versuchsweise zugestimmt. Einmal als fester Bestandteil der Heftstruktur etabliert, wurde in der Hand (und der Imagination) der anderen Zeichner daraus aber schnell eine Spielwiese zur Darstellung von allerlei Technik aus der Serie. Einer sich daraus entwickelnden Explosion kreativer Ideen zumindest den Weg geebnet zu haben, machte mich als jungem Mann sehr stolz.
Und das ist der Punkt: Als junger Mensch die Chance zu bekommen (zu finden), eigene Ideen zu entwickeln und damit zu einem sehr viel größeren Werk beizutragen, so wie es bei mir und sicher auch bei manch anderen jungen Zeichnern der Fall war, das stärkt das Selbstbewusstsein und macht einem klar, dass man mehr ist als ein winziges anonymes Rädchen im Getriebe. Dies sind Selbsterkenntnisse und Erfahrungen, die einem auch abseits der imaginären Welt der PERRY RHODAN-Serie im täglichen Leben von Nutzen sind.
In einem weit in die Zukunft reichenden Bogen erzählt die PERRY RHODAN- Serie eine fiktive Geschichte der Menschheit. Nachdem der Astronaut Perry Rhodan auf Außerirdische gestoßen ist, schließen sich die Staaten der Erde zusammen – und der Aufbruch der Menschheit ins All beginnt. Seit 1961 erscheinen die Abenteuer Perry Rhodans und seiner Gefährten als Heftromane [1] – wöchentlich, gegliedert in Zyklen zu 50 bis 100 Bänden. Aktuell ist die Handlung bei Band 3250+. In den PERRY RHODAN-Planetenromanen [2] erzählten die Autorinnen und Autoren eigene, unabhängig erdachte Geschichten aus dem »Perryversum«. Seit 1978 erscheinen die »Silberbände« [3] als Neubarbeitung der originalen Heftromane. Schon 1971 war das »Perryversum« so komplex, dass es eines Lexikons [4] bedurfte – und 1980 sogar eines Weltraumatlasʼ [5]. 1965 erschien in Band 192 [6] die erste Risszeichnung von Rudolf Zengerle – hier ausgestellt zur linken Hand. Schnell wurden diese Zeichnungen so populär, dass eigene Sammelbände folgten [7] – später auch als CD-Collections [8]. Heute gibt es Postkarten-Sets mit Risszeichnungen [9]. Mit der Comic-Adaption »PERRY – Unser Mann im All« [10] wurden in den siebziger Jahren viele Kinder und Jugendliche zu Fans – natürlich auch der Risszeichnungen. Und in Zukunft vielleicht mit den Comic-Abenteuer »Der kleine Perry« [11]. Eine so erfolgreiche Figur wie Perry Rhodan hat sich auch eine liebevoll gemachte Parodie verdient [12].
Zur zweiten einführenden VitrineRISSZEICHNUNGEN & SF>>
POSTED BY Gregor Sedlag AT March 09th 2024 0 Comments
Die Science-Fiction bedient sich gern der technischen Autorität der Risszeichnung
Eine Risszeichnung ist kein Bauplan für Ingenieure und Techniker, sondern gibt Einblick in das komplexe Innenleben von Autos, Flugzeugen, Schiffen und anderer Technik. Sie soll ein breites Publikum ansprechen – zu Werbe- oder Bildungszwecken [1]. Schon früh hat sich die Science-Fiction-Bildsprache der Autorität dieser technischen Illustrationen zu eigen gemacht. So heben im SF-Bildband »Mechanismo« Brian Lewisʻ Risszeichnungen die Original-Illustrationen von Jim Burns auf eine höhere Ebene [2]. Sein »Gaussi-Jäger« hat die PERRY RHODAN-Risszeichner jedenfalls stark beeindruckt. Inspiration suchten und fanden die Zeichner auch in den Illustrationen des Architektur-Avantgardisten Lebbeus Woods [3]. Und die kühnen Visonen des Visual Futurist Syd Mead [4] haben nicht nur Hollywoods Bild von der Zukunft in Filmen wie »Blade Runner« oder »Tron« geprägt – für Risszeichner sind Syd Meads Ideen und deren virtuose Umsetzung die Inspiration schlechthin. Als Metapher für den Aufbruch in den Cyberspace kamen diese Einflüsse in der Techno- und Hackerkultur der Neunziger zum Tragen – wie hier im Bildband der »c-base – Raumstation unterhalb Berlins« [5]. Wie sehr Risszeichnungen den technischen Fortschritt befördern können, zeigen die von Wernher von Braun in Auftrag gegebenen Weltraumvisionen weit vor Start des amerikanischen Raumfahrtprogramms [6]. Die Illustrationen in Collierʼs waren auch die tatsächliche Inspiration für Rudolf Zengerles erste Risszeichnungen in PERRY RHODAN.
60-Meter-Kaulquappe e. a. – 1965 (Risszeichnung-Sonderdruck; Foto: Thomas Weinert)
Mit dem überlichtschnellen 60-Meter-Kugelraumer GOOD HOPE gelingt Perry Rhodan der Aufbruch zu fernen Sonnensystemen – und Rudolf Zengerle mit der 60-Meter Kaulquappe der Start zu allen nachfolgenden Risszeichnungen. Anfangs stark beeinflusst von Wernher von Brauns Raumfahrt-Visionen für das US-Magazin Collierʼs, zieht der professionell ausgebildete und hochbegabte Zengerle die Leserschaft in seinen Bann. Die elegante Space-Jet, die für eine ›Raketenheftchenserie‹ so typischen Raumjäger oder sein ikonischer Shift-Flugpanzer prägen das PERRY RHODAN-Bild bis heute. Ab Mitte der siebziger Jahre musste Rudolf Zengerle aus gesundheitlichen Gründen das Zeichnen aufgeben. Er verstarb 2009.
Die vier in der Ausstellung gezeigten Arbeiten entstammen dem Risszeichnung-Sonderdruck aus dem Jahre 1966. Es waren Einzeldrucke, die auf farbigem Karton im größeren Format in mehreren Sortimenten angeboten wurden.
Riesenroboter OLD MAN – 1968 (Scan/Print aus Risszeichnungsband I; Foto: Thomas Weinert)
Der PERRY RHODAN-Serie ist lange vor »Krieg der Sterne« und dem Todestern ein unnötiger Gigantismus vorgeworfen worden – und Ingolf Thaler hat ihm mit seinem Riesenroboter OLD MAN auch ein Denkmal gesetzt. Ingolf Thalers Stil erschien so modern und progressiv, dass selbst der Pionier Zengerle seinem Vorbild folgte. Thalers Aggregatekonstruktionen scheinen in einem logischen Zusammenhang zu stehen. Seine glatten Aufschnitte wirken moderner als Zengerles expressionistische Zickzack-Aufrisse. Seine oft aus Rotationskörpern bestehenden Maschinenkomplexe wirken funktional glaubwürdig. Beeinflusst vom Architekturvisionär Paolo Sapieri nimmt sich Thaler auch städtebaulicher Motive in PERRY RHODAN an. Über Ingolf Thalers späteren Lebensweg ist leider nichts bekannt.
Wie sehr Ingolf Thaler den Stil Rudolf Zengerle beeinflusst hat, zeigte die RZ der CREST IV in der Ausstellungsvitrine zum Phänomen PERRY RHODAN-Serie.
SOL – Kombinations-Trägerschlachtschiff der UNIVERSUM-Klasse – 1980 (Signierter Posterdruck; Foto: Thomas Weinert)
Bernard Stoessel komplettiert die ›Klassische Troika‹ der PERRY RHODAN-Risszeichner – und löst sie mit seiner zeichentechnischen Präzision und Routine auch ab. Den Stoessel-Stil zeichnet aus, dass er bei der Übertragung realer und uns vertrauter Elemente in den Science-Fiction-Kontext alles nachvollziehbar und verständlich erscheinen lässt. Mit dem Poster des legendären Hantelraumschiffs SOL – Kombinations- Trägerschlachtschiff der UNIVERSUM-Klasse im PERRY RHODAN-Jubiläumsband 1000 nahm Bernard Stoessel seinen Abschied aus dem Risszeichnerteam.
Das handsignierte Posterdruck war eine Leihgabe des RZ-Sammler Dieter Jurkschat, der mit dem Original-Heftabdruck der Mondfähre eine weitere späte Stoessel-RZ für die Modellbau-Vitrine von Dennis Chmielecki zur Verfügung gestellt hat – ebenfalls handsigniert.
Saturnraumschiff der Choolks – 1977 (Scan/Print aus Risszeichnungsband IV; Foto: Thomas Weinert)
Joachim Luetkes einzige Veröffentlichung für PERRY RHODAN setzte Maßstäbe – das Saturnraumschiff der Choolks ist das ›Einhorn‹ unter den Risszeichnungen und vielleicht die Beste aller Zeiten. Joachim Luetkes handwerkliches und kompositorisches Können sind gleichermaßen kompetent: Große freie Flächen stehen irrwitzigen Detailansammlungen entgegen, die Text-Bild-Schere verzichtet auf den titelgebenden ›Saturnring‹ des Schiffs. Die Rekontextualisierung der Facettenaugen ermöglicht eine gleichermaßen bionische wie exotische Triebwerksgestaltung. Einige der Aggregate wirken faszinierend fremdartig wie nie zuvor gesehen. Das Saturnraumschiff der Choolks wurde der damals auf einen kreativen Höhepunkt zusteuernden PERRY RHODAN-Handlung wirklich gerecht. Joachim Luetke ist später ein erfolgreicher Grafik-Designer und Bildhauer geworden.
Leichter Kreuzer der STAATEN-Klasse – 1980 (Scan/Print aus Risszeichnungsband IV; Foto: Thomas Weinert)
Heinz Haßfelds nüchterner Zeichenstil ähnelte zunächst stark den Arbeiten Bernard Stoessels, wurde jedoch im Lauf der Zeit differenzierter und detailreicher. Sein Leichter Kreuzer der STAATEN-Klasse ist die Blaupause eines der für PERRY RHODAN so charakteristischen Kugelraumer. Diese Arbeit beweist das wachsende Gemeinschaftsgefühl in der neuen Zeichnergeneration: Heinz Haßfelds Risszeichnung geht auf ein Datenblatt Heiner Högels von 1979 zurück und setzt dabei auch Christoph Anczykowskis Kleinst- Space-Jet prominent in Szene. Heinz Hassfeld zog sich Ende der neunziger Jahre zog aus dem Risszeichnerteam zurück – und ist leider inzwischen verstorben.
Beiboot »SHIFT« (Flugpanzer) der Solaren Flotte – 1978/2023 (Tusche-Original; Foto: Thomas Weinert)
Jürgen Rudigs Doppel-Debüt im PERRY RHODAN-Sonderheft KRIEG DER STERNE war 1978 eine Sensation: »Neue Risszeichnungen von einem technisch wie zeichnerisch höchst begabten Leser«. Nach den Jahren der immer schematischeren Stoessel-RZs wirkte es wie eine Wiedergeburt des Zengerle-Stils auf Hyperraum-Speed. Und er ging noch weit darüber hinaus: Sein ›dysmorpher‹ Abfangjäger der neuen »Redhorse«-Baureihe (1981) im wilden Comic-Stil à la Moebius, Bilal und Druillet wurde zum ›ewigen Punk‹ unter den RZs! Dreißig Jahre sollte es dauern, bis Jürgen Rudig wieder »Raumschiffe für Rhodan« zeichnete … Da wie so viele Originale verschollen oder vernichtet, hat Jürgen Rudig seine Debüt-RZ für IN LINEARTRÄUME noch einmal neu gezeichnet und getuscht!
Keilraumschiff der Orbiter – 1980 (Bleistift-Vorzeichnung; Foto: Thomas Weinert)
Hans Knößlsdorfer steht für die Kreativität und den Mut der ›New Wave‹ mit den über Jahrzehnte gewachsene Konventionen des Bilds der Technik in PERRY RHODAN zu brechen. Seine innovativen ›Zahnpasta-Aggregate‹ versinnbildlichten die überlegenen Technologien der Superintelligenzen, denen die Terraner nun im All begegneten. Die Keilraumschiffe der Orbiter werden Grundstock eines gigantischen Technologietransfers in den Geschehnissen nach Band 1000 – Sinnbild hierfür die trichter- förmigen Hyperraumzapfer, die ungekannte Energieüberschüsse bereitstellen. Sein Raumkreuzer der STAR- Klasse ohne den bisher typischen Antriebsringwulst revolutionierte das Kugelraumer-Design – es war quasi der ›Tesla‹ des PERRY RHODAN-Kosmos. Hans Knößlsdorfer zog sich schon zu Beginn der achtziger Jahre weitgehend aus dem Risszeichnerteam zurück – und ist leider inzwischen verstorben.
Die hier ausgestellte Bleistiftzeichnung ist ein Vorlass, den Hans Knößlsdorfer dem RZ-Sammler Dieter Jurkschat vermachte.
Forschungskreuzer der GAVÖK, PAX-Klasse – 1980 (Bleistift-Vorzeichnung; Foto: Thomas Weinert)
Heiner Högel hat im ›klassischen‹ Stoessel-Stil begonnen, diesen aber im Detailreichtum und in der technischen Brillanz verfeinert. Sein Forschungskreuzer der GAVÖK, PAX-Klasse in der gestapelten Drei-Schicht-Darstellung blieb einzigartig. Neben der selbst entwickelten Grundkonzeption eines komplett unbewaffneten Forschungsschiffs steht diese Arbeit für eine neue Ära in PERRY RHODAN: Nicht mehr action-geladene Weltraumabenteuer bestimmen die Handlung, sondern das Staunen über die kosmischen Zusammenhänge – der Sense of Wonder. Als einer der ersten Zeichner hauchte Heiner Högel seinen Werken mehr Lebenstiefe ein, indem er Hangarschotts mit Warnschraf-fierungen versah, versenkbare Sitzgruppen in der Mannschaftsmesse zeigte – und auch den prall gefüllten Frischwassertank nicht vergaß.
Heiner Högel hat mit »Vom Fan zum Beitragenden« einen Begleittext zu IN LINEARTRÄUMEN verfasst, der in der Ausstellung auslag.
Wöbbeking – 1982 (Bleistift-Vorzeichnung; Foto: Thomas Weinert)
Karl-Heinz Brinker ist einer der drei Friesoyther Gründer des Risszeichnungsclub Deutschlands (RZCD). Er veröffentlichte mit Wöbbeking für die ATLAN-Serie diese neo-klassische Risszeichnung von besonderer handwerklicher Präzision, die zu ihrer Zeit und auch heute einzigartig geblieben ist. Die PERRY RHODAN-Schwester-Serie ATLAN kam übrigens 1981 nach Band 500 und einer Neupositionierung als »Die Abenteuer der SOL« nun ebenfalls in den Genuss eigenständiger Risszeichnungen – exklusiv und maßgezeichnet zur aktuellen Handlung.