“Unter Zombie-Jets.” Chaos Communication Camp 2011: Tag 3
Das CCCamp2011 findet auf dem Gelände eines ehemaligen sowjetischen Luftwaffenstützpunkts in der DDR statt, das heute als Luftfahrtmuseum Finowfurt [1] auch als Open-Air-Veranstaltungsfläche genutzt wird. Angeblich wurde der Platz schon viel früher auf Grund besonders stabiler Wetterverhältnisse als Flugfeld in der Brandenburger Schorfheide ausgewählt. Das hat sich wohl geändert, wenn man das diesjährige Wetter betrachtet.
Das eigentliche Luftfahrtmuseum, insbesondere mit seinen Ausstellungsstücken im Freien, macht auf mich jedoch keinen guten Eindruck. Die demilitarisierten und auf Grund des Kriegswaffenkontrollgesetzes ihrer Triebwerke beraubten Maschinen aus DDR- und UdSSR-Beständen rotten erkennbar vor sich hin und werden Opfer von Vandalismus und Souvenierjägern. Ob es dann noch hilfreich ist, wenn eine ehemals stolze MiG-23 zur Leinwand eines unterinspirierten Pinselschwingers wird? (Ein Bild davon zeige ich hier [2] nicht.)
Allerdings wird in Finowfurt nur evident, was aus meiner Sicht die Crux vieler Technik- insbesondere Luftfahrtmuseen [3] ist, dass sie nämlich die Asche präsentieren anstatt zu zeigen, was Feuer ist. Mein Unbehagen wird auch noch von auch unter der diesjährigen CCCAmp-Agenda bestärkt, die ein hacktivistisches Raumfahrtprogramm propagiert, aber gleichzeitig zwischen verrottenden Technik-Highlights des militärisch-industriellen Ostblocks abfeiert.
Auch wenn mir klar ist, dass die Aufrechterhaltung eines Flugbetriebs dieser betagten hochkomplexen Systeme auch unter heutigen zulassungsspezifischen wie den militärisch gegebenen Einschränkungen nicht einfach ist. Und natürlich sind diese Geräte vor allem Waffensysteme gewesen und nicht einfach nur schön anzuschauende faszinöse Flugsaurier.
Selbst die reichsten und eitelsten US-Milliardäre scheinen es nicht hinzukriegen zu privaten Zwecken interessanteres Luftgerät in Betrieb zu halten. Ich weiß nicht vom Unterhalt privater Lockheed F 104 Starfighter oder gar sowjetischen Materials wie einer MiG 21, MiG 23 oder der bis vor einigen Jahren noch bei der Luftwaffe geflogenen MiG 29. Alles, was ich sehe sind ehemalige Jet Trainer aus der Tschechoslowakischen Republik und andere Schulungsmaschinen.
Was tun? Nun gerade die robusten Maschinen sowjetischer Bauart sind in diversen Ländern dieser Welt immer noch im Einsatz – und unglücklicherweise meist nicht als Museumsflieger. Das bedeutet aber, dass es noch eine logistische Systemumgebung zum Unterhalt dieser Maschinen gibt, die für zivile luftfahrthistorische Demonstartoren unter “fliegenden Denkmalschutz” mit Unterstützung der öffentlichen Hand genutzt werden könnten. Vielleicht könnte man sogar zweifelhaft Regime eine Konversion schmackhaft machen und das alte Geraffel zurückkaufen. Der libysche Bürgerkrieg hat gezeigt, dass selbst ein wohlhabendes Regime nur einen kleinen Teil seiner nominalen Luftwaffe effektiv in den Einsatz bringen kann – zum Glück!
Absurde Idee? Alte Burgen, Festungen, Schlösser, Stadtmauern waren auch in erster Linie bodengebundene militärische Verteidigungssysteme, deren Einbeziehung unter den Dankmalschutz heute niemand ernsthaft in Frage stellt. Warum soll das für die Meilensteine des Möglichen in Sachen Aviation und Aeronautik nicht gelten dürfen?
Im übrigen möchte ich, dass einige Concorde wieder in Betrieb genommen werden! Virgin-Eigner Richard Branson soll das mal ernsthaft geprüft haben [4] – aber der will offensichtlich auch erst einmal in Weltall.
[1] Website des Luftfahrtmuseums Finowfurt
[2] Benjamin Weiss hat von dem Vogel ein Bild auf g+ gepostet
[3] Das Luftfahrtmeuseum der Bundeswehr in Gatow beherbergt auf dem Rollfeld ebenfalls eine beeindruckende Flotte stillgelegten Fluggerät, das ebenfalls still verrottet
[4] Meldung der Daily Mail hierzu, allerdings ohne Datumsangabe
August 15th, 2011 at 18:58
Jetzt einmal abgesehen von seinem ursprünglichen Zweck – das brutalistische Design der Sowjet-Luftwaffe hat mir immer schon gefallen. Die MIG 21 hat Juan Gimenenz schon vor Jahren in einem seiner Comics gekonnt zitiert …