“Erstkontakt zu Dreikönige.” 1199 Panigale in Berlin
Zwischen den Jahren erreichte mich eine E-Mail von Ducati Berlin [1] mit einer überraschenden Ankündigung:
“Das neu entwickelte Superbike fasziniert durch sein äußeres Erscheinungsbild und bietet zahlreichen neue bahnweisende technische Lösungen. Am 06. Januar 2012 ist die 1199 S bei DSB Berlin in der Ausstellung. In der Zeit von 12.00 – 20.00 Uhr kann das Motorrad begutachtet und testgesessen werden. Bei dem Ducati Superbike handelt es sich um ein Sonderfahrzeug, dass nur am 06. Januar 2012 zur Verfügung steht.”
Hm, einerseits war mir die Vorstellung zwischen vielen anderen Leuten um das rote Kalb zu tanzen, etwas unangenehm; andererseits ist meine Begeisterung und mein Interesse an Ducatis neuer Superbike-Generation schon hinreichend dokumentiert [2], so dass dann doch meine Neugierde gesiegt hat.
Ducati Berlins Showroom war dann am frühen Nachmittag des 6. Januar 2012 auch gut gefüllt. Nur, wo war der Star der Veranstaltung, die “Exorzistin”, die ich nun endlich in echt sehen wollte? Bei einer vergleichbaren Produkt-Premiere Ende 2007 war das sehr einfach gewesen. Das Perlmuttweiß-Metallic war die Signature-Farbe der damals frisch gelaunchten 848 und besaß im Showroom ein ausgeprägtes Alleinstellungsmerkmal. Die genannte 1199 S Panigale gibt es nur in Rossa Corsa, eine Farbe, die bei den bei Ducati Berlin stehenden Maschinen nicht gerade selten ist. So dass ich fast erschrocken über das winzige Motorrad gestolpert wäre, dessen unglaublich langen, insektenfühler-artigen Rückspiegelausleger mir dann signalisierten: Das ist sie!
Bei der weiteren Begutachtung hat mich dann mittelschwere Ernüchterung erfasst. Viele der großartigen Designdetails wie die Underslung-Schalldämpfer unterm Verkleidungskiel mutierten zur Bückware und sind unter normalen Umständen gar nicht wahrnehmbar. Überhaupt ist vieles so String-Tanga-kompakt geschnitten, dass unter einem massigeren Fahrer gar nicht so viel vom gerühmten Design sichtbar bleibt. Im Kontrast dazu wirkt das frontlastige Design fast schon kopffüßlerisch, was durch die im Vergleich zur Vorgängergeneration sehr weit aufgeblähten Air-Intake-Nüstern noch verstärkt wird. Die wesentlich steiler stehende Windschildkanzel mag effektiv sein, aber auch hier sieht Eleganz anders aus. Die extrem abstehenden, ‘funktionalen’ Spiegelausleger haben dann in der Konsequenz schon fast etwas karikaturhaftes.
In der Seitenansicht fehlt definitiv das für Ducati in den letzten zwei Jahrzehnten so prägende Fachwerk der Gitterrohrrahmen, das immer einen willkommenen und, wie sich jetzt herausstellt, auch notwendigen Kontrast zu den meist unifarbenen Verkleidungen dargestellt hat. Als beinahe einzige vollverkleidete Motorräder konnten Ducatis ohne jeden grafischen Schnickschnack (“Joghurtbecher”) auskommen. Wenn man sich die Bilder des Sondermodells 1199 S Panigale Tricolore [3] ansieht, dann scheint hier Ducatis traditionelles Gestaltungsmuster überfordert und an sein Ende gekommen zu sein. Ausnahme wie bei bei nahe allen Motorrädern wäre natürlich die Nichtfarbe Schwarz.
Ich bin gar nicht so traurig, dass die 1199 neben ihrer technischen Exzellenz für mich nicht auch noch unter ästhetischen Gesichtspunkten alle Vorgängermodelle in den Schatten stellt. Da verbleibt viel virtuelles Kapital für andere wunderbare Gelegenheiten. Und wer weiß, vielleicht ist das auch nur Anpassungsschock. Wenn ich mir das Prüfstandsvideo einer tarnkappen-mattschwarzen hier unten betrachte, dann könnte ich mir schon vorstellen, dass ich in einigen Jahren vielleicht eine ‘kleine’ 799 Panigale Dark ganz anders zu schätzen wissen werde.
[1] Ducati Berlin, die ich allen Interessierten aus meinen Erfahrungen heraus sehr empfehlen kann (Oder ist es Stockholm-Syndrom?)
[2] PHUTURAMA: “Die Exorzistin.” Ducati 1199 Panigale
[3] Offizielle Ducati-Website: 1199 Panigale S Tricolore_Sondermodell
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