Die schönste Risszeichnung aller Zeiten? Joachim Luetkes Saturnraumschiff der Choolks
Für mich als Einsteiger ins “Perryversum” waren die im jugendlichen Comic-Ableger PERRY – Unser Mann im All [2] zweitveröffentlichten RZs auf hellcyan-farbenen Fond so prägend, dass es auch das Stylesheet dieses Blogs mit prägt. Die ersten Risszeichnungen des Pioniers Rudolf Zengerle waren noch sehr erkennbar kopierte Strichumsetzungen der stilprägenden “Space Race”-Reihe des US-Magazins Colliers [3], die später drei offenkundig professionell ausgebildeten Illustratoren der ersten Dekade emanzipierten sich aber schnell von solchen Vorbildern und prägten die für viele PR-Fans so wichtige visuelle Dimension der “Technosphäre” des Serienkosmos. Ein konzeptionelles Manko vieler der damaligen Risszeichnungen war allerdings, dass die drei Zeichner ihrem jeweiligen individuellen Technikdarstellungsstil verhaftet waren, den sie dem jeweiligen RZ-Sujets aufprägten. Die in der PR-Serie geschilderte Technik des Hilfsvolks der Superintelligenz KAISERIN VON THERM – den Choolks [4] – war allerdings so fremdartig und fortgeschritten, dass die von Joachim Luetke gewählte “metaphorische” Bildsprache in der Technikdarstellung wie auch im teils hyperdetaillierten Zeichenstil eine ganz neue Dimension der PERRY RHODAN-Risszeichnung darstellte.
Seine fremdartigen “Bildmetaphern” für die Choolk-Technologie sind beim näheren Hinsehen allerdings gar nicht so außerirdisch: die Triebwerksprojektoren entstammen dem Biologiebuch, Kapitel “Facettenauge”, Teile des Aggregategewusels sind technischen Handbüchern des Kfz-Gewerbes entnommen, man erkennt einen Ventiltrieb. Die Gesamtkomposition ist durch den steten Wechsel von großzügigen Weißflächen und kleinteiligen Aggregaten durchdrungen. Die realistische Fluchtpunktperspektive der Kugelzelle ist etwas verschoben, aber bedeutete im Vergleich zu den von Berhard Stoesssel weitgehend durchgesetzten iso- bzw. dimetrischen Projektionen einen Gewinn an Lebendigkeit und Anziehungskraft. Der Gipfel der Frechheit: Das Raumschiff heißt ja gerade “Saturnraumschiff” – vom Namen gebenden Ring (einer Antriebsprojektionsfelderscheinung) ist in der eigentlichen RZ (die kleine Beizeichnung aus PR 1. Auflage, Band 827, 1975 [5] ist hier nicht abgebildet) aber nichts zu sehen. Vielleicht war die Risszeichnung ja sogar vor der Exposé-Beschreibung in Arbeit gewesen und wurde erst später dem halbwegs passenden Sujet zugeordnet?
Es bliebe ein Rätsel, wenn ich nicht im Zuge der Vorbereitungen zur “Space Design”-Veranstaltung beim PR-WeltCon 2011 [5] ein wenig nach Joachim Luetke gesucht hätte und wesentlich schneller als erhofft auch fündig geworden wäre. Joachim Luetke ist der Phantastik als Gestalter treu geblieben und hat sich über die Jahrzehnte als ein renommierter Cover-, CD-, DVD-Artist im morbiden Dark Metal-Genre einen Namen gemacht. [6] Als ich seine Bilder, teils in der Tradition H. R. Gigers stehend, sah, war mir sofort klar, dass er der Schöpfer des Saturnraumschiffs der Choolks sein müsste.
Ich habe Kontakt mit Joachim Luetke aufgenommen und hoffe in der nächsten Zeit Antworten auf einige brennende Fragen um diese Arbeit, aber auch um weitere Vorgänger- und Nachfolgewerke zu erhalten.
[2] Perrypedia: PERRY – Unser Mann im All
[3] Der italienische SF-Experte Fabio Feminò über die Colliers-Specials, mit den ursprüngliche Vorbildern der PERRY RHODAN-Risszeichnungen
[4] Perrypedia: Choolks
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