“Versagensängste in verschiedenen Verkehrssituationen” – Transformers 3: Auf der dunklen Seite des Mondes
Da die Erwartungen aufgrund meiner TV-Erlebnisse mit den vorherigen Transformers-Verfilmungen denkbar niedrig gehalten waren, konnte mich Transformers 3 – Auf der dunklen Seite des Mondes gar nicht mehr richtig enttäuschen. Die teils schweren Totalverrisse z. B. in Fünf Filmfreunde [1] und Spiegel Online [2] lassen einige schöne Aspekte des Films und bemerkenswerte popkulturell-nerdige Anspielungen in den Dialogen (die sogar die deutsche Synchronisation überstanden haben) unberücksichtigt.
So erfahren wir passend zum 50-jährigen Jubiläum der bemannten Weltraumfahrt, dass das ganze “Space Race” der 1960er Jahre zwischen den Großmächten nur der Bergung des gestrandeten cybertronischen Raumers Ark galt. PERRY-RHODAN-Feunde aufgemerkt: jetzt klaut Hollywood uns auch noch den Gründungsmythos unseres Mannes im All! Und aktuell zum Beschluss des Deutschen Bundestags zum vorübergehend finalen Atomausstieg erfahren wir endlich auch, was 1986 wirklich den Tschernobyl-Super-GAU ausgelöst hat: Schlamperei im Umgang mit cybertronischen Energon-Trägern.
Darüberhinaus werden amerikanischen Ur-Traumata von der Ermordung Abraham Lincolns und JFKs (im wiederkehrenden Motiv des Lincoln Continental), der Challenger-Katastrophe bis hin zu den Angriffen des 11. Septembers 2001 abgehandelt. Wesentliche Teile der wichtigsten Action-Sequenzen stellen die Frage: “Was hättest Du gemacht, wenn Du an 9/11 in den Twin Towers gewesen wärst?” Hochsensibel, aber auch etwas perfide die demonstrative Zerlegung Chicagos anstelle des Katastrophenfilm-technisch verbrannten New Yorks.
Das Staraufgebot und das sichtbare Vergnügen der Hollywoodrecken wie John Malkovich, Patrick Dempsey, John Torturro oder – ganz wunderbar – Frances McDormand als eine positive US-Verkörperung des abtrünnigen SMERSH-Führungskaders Rosa Klebb (Lotte Lenya) aus From Russia with Love [3] sind das notwendige Salz in den ständigen Crash-Crescendi dieser digitalen 3D-Stock Car-Battle! Darüberhinaus gibt es noch ein wunderbares Cameo mit Buzz Aldrin als Zeitzeuge des großen Apollo-11-Cover-ups.
“Congratulations, Michael Bay!” [4] Auf Basis einer für Jungen bis 9 Jahren altersgerechten Hasbro-Spielzeugroboter-Franchises, die eine amerikanische Übernahme des japanischen Robot-Animismus (≠ Anime) sind, eine Blockbuster-Serie aufzusetzen, die auf das aus eimergroßen Popcornkübeln mampfende Teenager-Kernpublikum von 16 bis 19 Jahren gerichtet ist und im wesentlichen deren Versagensängste in unterschiedlichen Verkehrssituationen – Sex, individuelle Mobilität und Berufsaufstieg – mit deren testosteron-überbordender Pubertäts-Jungmännlichkeit metaphoriert, finde ich eine handwerklich bemerkenswerte Leistung (Buch: Ehren Kruger).
Leider habe ich noch keine Gender Studies-erprobte Stimme gehört, die mal nach dem Verbleib der TransformerInnen fragt. Ob Autocons oder Decepticons, der Grundkonflikt dieser zwei offenkundig aus post-ideologischen Gründen gegeneinander kämpfenden Robotervölker ist ganz klar ein männlich dominiertes Diskurs-Heat.
Die Kritiker werfen dem Film dann auch noch Ernsthaftigkeit vor, was bedeutet, dass die im Film dargestellten Konflikte tatsächlich durchgekaut werden – bis zu einem gewissen guten Ende. Niemals war übrigens das dramaturgische Stilmittel des Deus ex Machina so zutreffend wie beim finalen Move, der die gute Autocon-Ordnung auf Erden wieder herstellt.”
Das in Wikipedia [5] genannte Budget von $ 195 Mio. nehme ich dem Film übrigens ab – jeder Voxel ein Milli-Cent!
[1] Fünf Filmfreunde: “Aber dank 3D muss sich Bay von seinem üblichen Nahaufnahmen/Wackelcam-Schnittinferno verabschieden und tatsächlich mal zeigen, was eigentlich gerade passiert.”
[2] SPON: “Die humorfreie Blech-Parade erweist sich als absolut unterhaltungsuntüchtig.”
[3] WP: Ian Fleming’s James Bond 007: From Russia with Love
[4] Michael Bays Blog: “Hasbro Thanks Michael Bay in The Hollywood Reporter”
[5] WP: Transformers 3 – Dark of the Moon
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